Johann Schneider-Ammann im Gespräch
Er war schon früh umtriebig. Später hat er ein Schweizer Unternehmen konsequent zu einer international tätigen Unternehmensgruppe ausgebaut:
Johann Schneider-Ammann. Seine Mandate haben sich vervielfacht.
Er ist Nationalrat. Interessenvertreter der Industrie. Und der Wirtschaft. Geht das alles zusammen? René Scheu hat den Unternehmer in Langenthal getroffen.
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Johann Schneider-Ammann – der Name
steht für Schweizer Unternehmertum. Es hätte aber auch anders kommen können.
Begonnen haben Sie Ihre Karriere als Prokurist in der Gruppenleitung der Firma
Ihres Schwiegervaters. Wann wussten Sie, dass Sie Unternehmer werden wollten?
Ob man Unternehmer wird oder nicht, zeigt sich in
der Praxis. Und die Praxis ist ein nie abgeschlossener Prozess. Insofern weiss
ich bis heute nicht, ob ich Unternehmer bin. Das müssen andere beurteilen. Was
ich aber sagen kann: ich habe schon früh einen studentischen Sportverein
gegründet. Und ich habe schon früh in der Pfadfinderei und im Sport
Verantwortung übernommen. Ideen setzen, Ideen verfolgen, Hindernisse
überwinden, mit Begeisterung und Passion ans Werk gehen, all das wurde mir
irgendwie mit auf den Weg gegeben.
Der Mensch wächst am Widerstand.
Ja, aber nicht nur. Es gibt keinen Unternehmer, der
ohne Team erfolgreich ist. Also wächst das Team am Widerstand. Ich lasse mich
von meinen Kollegen fordern. Ich versuche als Vorbild zu wirken und durch die
Art, wie ich Fragen angehe und Probleme anpacke, andere zu begeistern. Wenn ein
Team sich anstecken lässt, dann setzt sich auch die unternehmerische Idee
durch. Und der Widerstand ist überwunden. Dies bedeutet Erfolg.
Unternehmer sind nicht zwangsläufig
Liberale. Ihr Verhältnis zum Markt ist zwiespältig. Sie wünschen sich
Wettbewerb für die anderen und eine geschützte Werkstatt für sich selbst.
Das ist nicht gerade schmeichelhaft und stimmt so
nicht. Natürlich sind Unternehmer manchmal auch risikoavers. Doch ist es im
allgemeinen die Risikobereitschaft, die sie auszeichnet. Was mich betrifft, so
suche ich die Konkurrenz. Das sage ich nicht, weil es sich gut anhört. Ich sage
es, weil mein Erfolg wesentlich davon abhängt. Die Konkurrenz belebt das
Geschäft. Nur so bleiben wir innovativ. Ein monopolistisches Dasein wäre unser
Untergang. Das wäre der Anfang vom Ende.
Konkurrenten sind ein potentielles
Risiko. Wenn sie besser sind als die eigene Firma, dann ist das auch der Anfang
vom eigenen Ende.
Ich komme gerade von einem Gespräch zu diesem Thema.
Es ging um die Konkurrenz aus dem Fernen Osten. Die haben völlig andere
Kostenstrukturen. Ob wir wollen oder nicht, wir müssen diese Konkurrenz akzeptieren.
Mit Realitätsverweigerung zerstören wir auf die Dauer unsere
Geschäftsgrundlagen. Nur wenn wir der Realität ins Auge sehen, können wir
unsere Produktionsstandorte in Europa halten. Solche Herausforderungen bringen
uns auf neue Ideen. Insofern ist sogar die fernöstliche Konkurrenz erwünscht.
Staatliche Unterstützung der
Kurzarbeit, staatlich garantierte Industriekredite – mit Ihren Vorschlägen
haben Sie sich unter Ordnungspolitikern mehr Feinde als Freunde gemacht. Das
sei blosse Interessenvertretung eines exportorientierten Bauausrüsters, lautet
der Vorwurf.
Ich bin als Politiker mittlerweile gewohnt, Kritik
auf mich zu laden. Die Kurzarbeitsgeschichte ist ein redlicher Versuch, in
diesem Land nicht vorzeitig Know-how abzubauen. Das ist im Interesse des
Werkplatzes und somit im Interesse der gesamten Volkswirtschaft und also auch
der Gesellschaft. Die Alternative dazu wäre eine höhere Arbeitslosigkeit, die
wir ja auch bezahlen müssten. Aber natürlich ist Kurzarbeit immer nur ein
Instrument, um eine vorübergehende Baisse zu überbrücken. Das Mittel der
Kurzarbeit sollte nur zum Einsatz kommen, wenn man das Licht am Ende des
Tunnels bereits erblickt.
Dies war in der jetzigen Krise aber
nicht der Fall.
Stimmt. Die momentane Situation ist auch aussergewöhnlich.
Man hat zum Zeitpunkt, als man sich zwischen Kurzarbeit und Sofortentlassungen
entscheiden musste, nicht wirklich gesehen, wann es wieder aufwärtsgehen würde.
Deshalb verlangten wir auch nach einer längeren Frist.
Genau das ist ordnungspolitisch
problematisch. Wie begründen Sie die staatlichen Krücken in Form von
Überbrückungsfonds an Industriebetriebe?
Vor einem halben Jahr war fraglich, ob uns die
geschwächte Finanzindustrie die notwendige Liquidität würde zur Verfügung
stellen können und wollen. Die Industriebetriebe waren aber die gleichen: die
Innovationskraft, die Führungsqualität und vieles andere mehr war wie zuvor –
bloss waren die Märkte eingebrochen. Und weil wir nicht vorzeitig Opfer der
Bankenkrise und unserer weggebrochenen Märkte werden wollten, haben wir die
Politik aufgeweckt. Aus der Fondsidee ist unterdessen die Idee einer
staatlichen Ausfallgarantie im Sinne einer Rückversicherung für die Kreditgeber
entstanden. Alle Beteiligten sind sensibilisiert. Und weil eine gewisse Entspannung
stattgefunden hat, hoffe ich, dass wir die Staatsintervention gar nie in
Anspruch zu nehmen brauchen.
Ihr Unternehmen ist das beste
Beispiel dafür, dass nicht auf staatliche Hilfe angewiesen ist, wer in guten
Zeiten gut arbeitet.
Die jetzige Krise ist besonders hart. Auch gute
Firmen sind nicht beliebig lang in der Lage durchzuhalten, wenn keine Aufträge
da sind, weil es schlicht keinen Markt gibt. Wer Reserven angelegt hat und über
genügend Eigenkapital verfügt, ist in Krisenzeiten sicherlich besser unterwegs.
Im Hause Ammann haben wir uns immer so bewegt, dass wir die Eigenfinanzierung
zu 100 Prozent sicherstellen konnten. Das ist auch heute so. Und damit es so
bleibt, müssen wir in schwierigsten Zeiten zumindest akzeptable Ergebnisse
erkämpfen. Ich will keine Industriepolitik à la française. Ich will
nur alle innovativen, marktfähigen Unternehmen in die Zukunft retten. Das ist
mein Auftrag als Verbandspräsident.
Das ist Strukturerhaltung auf Kosten
des Steuerzahlers.
Ich kenne Firmen, die hatten im Sommer 2008 60
Prozent Weltmarktanteil und sind jetzt in Schwierigkeiten. Das sind mit
Sicherheit keine Unternehmen, die man einfach opfern kann mit der Begründung,
sie hätten in der Vergangenheit alles falsch gemacht. Sie haben im Gegenteil
sehr vieles richtig gemacht. Sie gehören zu den innovativsten. Aber es fehlt
der Markt. Wollen Sie diese Unternehmen einfach untergehen lassen? Das
empfiehlt höchstens ein selbsternannter Ordnungsprofessor oder ein Verwalter
des Bundes aus der warmen Stube heraus. Dann gibt es allerdings auch Firmen,
die haben in guten Zeiten schlecht gearbeitet. Diese Firmen verdienen kein
künstlich verlängertes Leben.
Diese Unterscheidung ist oft
willkürlich.
Willkürlich nicht, aber schwierig schon. Dennoch ist
sie wichtig. Die Spreu muss vom Weizen getrennt werden.
Und darüber entscheiden Politiker.
Das ist fragwürdig, weil in der Politik oft der wirtschaftliche Sachverstand
fehlt. Warum sitzen eigentlich so wenige Unternehmer im Parlament?
Das Doppelmandat ist eine Zerreissprobe. Ich bemühe
mich Tag für Tag um Kunden, eigene Firmen und Mitarbeiter. Daneben habe ich
meinen Job als Nationalrat und Interessenvertreter von Industrie und
Wirtschaft. Beides zusammen würde mir ein Chef nicht zumuten können. Zum Glück
bin ich mein eigener Vorgesetzter. Die Mehrfachherausforderung ist
faszinierend. Unser Milizsystem ist ein Erfolgsrezept.
Andere sprechen von Filz.
Andere sollen zuerst liefern und dann mit dem Finger
zeigen. Solange die Tätigkeiten und Funktionen transparent ausgewiesen sind,
ist ein Netzwerk nichts Anrüchiges.
Hat ein Nichtunternehmer überhaupt
Ahnung vom Unternehmertum?
Es hat wahrscheinlich jede und jeder irgendwo ein
Gefühl für unternehmerische Verantwortung und unternehmerische Freiheit. Aber
ob man dann etwas daraus macht, ist eine andere Frage. Ich habe jeden Monat
etwa 50 Millionen Franken Löhne zu bezahlen. Diese müssen zuerst einmal
erwirtschaftet werden. Es hat kein Mensch auf uns gewartet, nirgends auf der
Welt. Wir müssen die Märkte suchen, wir müssen überzeugen. Das bedeutet totales
Engagement. Einzelne Nichtunternehmer hingegen scheinen davon auszugehen, dass
das Geld auf den Bäumen wächst.
Derweil bastelt das Parlament an
weiteren Gesetzen.
Die Regulierungsdichte nimmt zu. Nicht nur auf
Bundes-, sondern auch auf Kantons- und Gemeindeebene. Das schränkt den
Unternehmensspielraum ein. Deshalb bin ich in die Politik eingestiegen. Ich
habe mir gesagt: Ich kann hier im Unternehmen Tag und Nacht schuften und
zuschauen, wie die Etatisten die Rahmenbedingungen falsch setzen. Das darf
nicht sein. Denn letztlich wollen ja alle, dass wir die Arbeitsplätze sichern
oder sogar vermehren. Dazu brauchen wir Gestaltungsraum. Und dieser wird uns
zugestanden, wenn das Grundvertrauen existiert.
Alle haben ein Interesse daran, dass
wir keine Arbeitslosen haben, alle haben ein Interesse daran, dass möglichst
viele Steuer-gelder in die Bundeskasse fliessen. Also haben doch alle ein
Interesse am Unternehmertum. Wo ist dann das Problem?
Die Frage ist, an welchem Unternehmertum alle interessiert
sind. Offenbar vor allem an dem, das Geld abliefert. Es gibt eben verschiedene
Wege nach Rom. Schauen Sie: der Unternehmer sucht zuerst einmal die
Eigeninitiative und Eigenverantwortung. Wir sagen, wir sind fähig, wir sind
redlich. Andere sagen, wir würden bloss unsere eigenen Interessen vertreten und
deshalb müsse uns der Staat Fesseln anlegen. Die letzten paar Jahre mit der
Abzockerei haben uns natürlich Vertrauen gekostet. Wenn das Vertrauen
missbraucht wird, dann laufen die Stimmbürger zum Staat. Dann wird der
unternehmerische Freiraum beschnitten. Die Konsequenz ist ein Wohlstandsverlust
für alle. Wir tun uns mit Egoismen sicherlich keinen Gefallen.
«Sozial» ist ein vielmissbrauchtes
Wort. Man könnte doch sagen: eine Marktwirtschaft ist dann sozial, wenn sie den
Wohlstand aller erhöht.
In einer Marktwirtschaft sollen die Marktkräfte
spielen. Doch sind wir als Gesellschaft in einer Pyramide aufgestellt. Diese
Pyramide wird von unten gebaut. Unten sind die Leute, die bildungsmässig die
geringsten Chancen haben. Diese müssen dennoch eine Perspektive erhalten und in
die Arbeitswelt integriert werden. Wenn das Fundament zu wanken beginnt, dann
ist die ganze Pyramide in Gefahr. Das Wörtchen «sozial» heisst, dass die Oberen
der Pyramide nicht nur an sich selbst denken, sondern ganz bewusst auch das
Fundament pflegen.
Diesen Beitrag leisten Sie doch durch
Ihre Tätigkeit. Sozial ist, was Arbeit schafft.
Einverstanden.
Wer von «sozialer Verantwortung»
spricht, meint damit aber oft nichts anderes als Umverteilung.
Das stimmt leider auch. Ich wundere mich manchmal,
wie viele Leute es als selbstverständlich hinnehmen, dass Arbeit vorhanden ist.
Sie tun so, als wäre diese gottgegeben. Das ist in der Tat fatal und kann in
wirtschaftlich harten Zeiten schnell dazu führen, dass der Unternehmer zum
Buhobjekt wird, weil er die Auslastung seiner Kapazitäten nicht schafft.
Sie verwenden in Interviews oft
Begriffe wie Chancengleichheit oder Chancengesellschaft. Einerseits kann
«Chancengleichheit» bedeuten «Wer wirklich will, soll auch können». Aber
«Chancengleichheit» kann auch heissen, dass man um jeden Preis für alle
dieselben Chancen schafft – notfalls auch gleich schlechte Chancen.
Für mich heisst Chancengleichheit, dass jedem die
Welt offen steht. Jeder soll sich einbringen, sich selber verwirklichen, für
sich selber sorgen und auf diesem Wege einen Beitrag zum Allgemeinwohl leisten
können. Ich rede definitiv nicht von Gleichmacherei, schon gar nicht von
Anpassung nach unten. Ich gehöre zu denen, die sagen, dass auch besser honoriert
werden soll, wer mehr leistet. Dann ist dies aber auch eine Frage des Masses!
Sie sind ein Vertreter des
Werkplatzes Schweiz. Ihr Verhältnis zu den Vertretern des Finanzplatzes ist
getrübt.
Das stimmt nicht. Als ich als Unabhängiger die
Zivilcourage hatte, die Auswüchse der Spitzenbanker zu monieren, haben mir
Bankangestellte gedankt und Mut gemacht. Sie finden kein Zitat von mir, das
irgendeine Kluft zwischen Werk- und Finanzplatz aufreissen soll. Wir sind
aufeinander angewiesen. Und weil wir das sind, setze ich mich dafür ein, dass
die Finanzinstitute stark bleiben. Vielleicht hätte etwas mehr Kritik an der
UBS zur richtigen Zeit mitgeholfen, dass der Absturz hätte verhindert werden
können. Ich halte es für richtig und wichtig, dass die Kritik aus den eigenen
Reihen kommt. Sonst erhöht sich das Risiko, dass sich der Staat als oberste
Moralinstanz aufspielt. Und genau das gilt es zu vermeiden.
Ich zitiere aus einer
parlamentarischen Initiative von Ihnen: «Die Bundesgesetzgebung ist in der
Weise anzupassen, dass im Falle einer staatlichen Rettungsmassnahme eines
systemrelevanten Unternehmens die obersten strategischen und operativen
Führungsorgane, die die Ursachen des staatlichen Eingreifens mitverantworten,
persönlich und solidarisch für den daraus der Allgemeinheit entstehenden
Schaden haften.»
Die Initiative
wurde noch nicht debattiert. Sie kommt zuerst in die Kommission und dann
allenfalls ins Parlament. Was ist die Idee? Es geht um die systemrelevanten
Unternehmungen. Die obersten Organe müssen ihre Geschäftspolitik, ihre
strategischen und operativen Entscheidungen so treffen, dass sie dem Staat nie
mehr zur Last fallen können. «Too big to
fail» ist inakzeptabel. Ich will
aus Managern Unternehmer machen, die mit ihrem Vermögen solidarisch haften. So
wie das bei Privatbanken und in der Familiengesellschaft der Fall ist. Wer
weiss, dass er all sein Hab und Gut riskiert, geht sorgsamer mit seiner «Macht»
um.
Der Finanzplatz Schweiz wird nicht
mehr sein, was er war. Wie sehen Sie seine Zukunft?
Der Finanzplatz ist ein wesentlicher Träger des
Bruttoinlandsproduktes. Er generiert nicht nur Steuergelder, sondern ist auch
wichtig für die Reputation des Landes. Der neue Präsident der
Bankiervereinigung, Patrick Odier, hat Klartext gesprochen: «Wir wollen nur
noch mit unverdächtigem Geld geschäften.» Dies ist schon lange meine Ansicht.
So wie wir in der Industrie gewohnt sind, Innovationen voranzutreiben und das
Preis-Leistungs-Verhältnis zu optimieren, so muss auch der Finanzplatz auf die
Qualität der Finanzdienstleistungen fokussieren. Die politische Stabilität und
die Rechtssicherheit bilden die wichtigsten Rahmenbedingungen des
Finanzplatzes. In dieser Kombination wird der Finanzplatz künftig an Bedeutung
zulegen.
Ist das Bankgeheimnis passé?
Das Bankkundengeheimnis wurde eingeführt, um das
Individuum vor dem eigenen Staat zu schützen. Seine Bedeutung ist für alle
korrekten Bankkunden weiterhin gross. Der Missbrauch, dass man
grenzüberschreitend Gesetze ausschalten kann, ist aber nun richtigerweise
abgestellt. Die Schweizer Banken sind in der Lage, mit redlichen Mitteln
erfolgreicher als die Konkurrenz zu arbeiten.
Was, wenn zum Beispiel jemand aus
einem Unrechtsstaat sein Geld in Sicherheit bringen will? Diese Unterscheidung
lässt sich nicht immer so klar ziehen.
Es ist schon viel gewonnen, wenn man erkennen will!
Aber leider ging es beim Steuerstreit mit den USA um ganz andere Fälle. Das
Bankgeheimnis wurde zur Grundlage eines unlauteren Geschäftsmodells. Das haben
wir nicht nötig.
Sie leiten die Geschicke der
Ammann-Gruppe seit 20 Jahren. Eigentlich wollten Sie mit 55 aufhören, sind aber
noch immer am Drücker. Wie lange noch?
Solange meine Gesundheit mitmacht. Solange es Spass
macht. Und solange wie es braucht, um eine gute Nachfolge zu installieren.
Sie sind also noch nicht dabei, sich
geistig auf den Moment des Abschieds vorzubereiten?
Nein. Das darf man nicht. Solange man in der
Verantwortung steht, ist man total gefordert. Wenn man sich nicht mehr fordern
lassen will, muss man Platz machen. Da gibt es nichts dazwischen.
Rausschleichen ist kein Rezept!
Soll das Unternehmen in Familienhand
bleiben?
Das ist die Absicht. Es bleibt auf jeden Fall eine
Privatgesellschaft. Die sechste Generation ist eingestiegen. Ich hoffe, dass eines
Tages der Wechsel vollzogen werden kann.
Würde es Ihnen Spass machen, den
Lebensabend als Bundesrat zu verbringen?
Das Amt des Bundesrates ist zu ernsthaft und zu
wichtig, als dass es etwas mit dem Lebensabend zu tun haben darf. Bundesrat
soll werden, wer bei vollen Kräften ist, wer sich total engagiert und dem Land
verschreibt. Dieser Jemand muss grosse Kampfeslust haben.
Hand aufs Herz – das Amt wäre
durchaus reizvoll für Sie.
Ich suche das Amt
nicht. Ich habe allergrössten Respekt davor. Die Zeiten werden nicht einfacher
werden. Der Druck auf die Schweiz wird zunehmen. Wir sind ein privilegiertes
Land. Man wird uns das Leben schwer machen. Und da kann nur eine Regierung
bestehen, die als Team qualifiziert ist.
Das Gespräch führte René
Scheu, mitgearbeitet hat Florian Rittmeyer. Giorgio
von Arb hat photographiert.
Johann Schneider-Ammann, geboren 1952, hat Elektro-technik an der ETH Zürich studiert. Er ist
Präsident der Ammann Group Holding AG, die 2008 einen Umsatz von 1,43
Milliarden Schweizer Franken erzielte und weltweit 3500 Personen beschäftigt.
Zudem ist Schneider-Ammann Nationalrat für die FDP, Präsident des Verbands der
Schweizerischen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (Swissmem), Vizepräsident des
Wirtschaftsdachverbandes Economiesuisse und Ehrenrat der ETH Zürich
(2009).