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It’s the sun, stupid!

Nicht der Mensch sei für steigende Temperaturen und Meeresspiegel verantwortlich, meint Fred Singer, sondern die Sonne. Verantwortlich dafür, dass das kaum jemand weiss, sei vor allem der politisch instrumentalisierte Weltklimarat IPCC. Eine Provokation.

It’s the sun, stupid!

Herr Singer, Sie sind ein sogenannter «Klimaskeptiker», manche nennen Sie gar einen «Klimaleugner» – weil Sie mit den Verlautbarungen des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) nicht einverstanden sind. Wie lebt es sich auf der «schwarzen Liste» der Klimaforschung?

Ich bin für viele zu einer Persona non grata geworden. Und es gab ein paar einst befreundete Wissenschafter, die irgendwann nichts mehr mit mir zu tun haben wollten. Sie haben wahrscheinlich gedacht, wenn sie zu oft mit mir gesehen würden, drehe man ihnen den Geldhahn ab. (lacht)

Das ist verständlich. Denn letztlich sind Wissenschafter von Forschungsgeldern abhängig.

Richtig. Und an die kommen Wissenschafter am ehesten, wenn sie sensationelle Forschungsergebnisse publizieren können, bestenfalls solche, die Gesellschaft und Politik aufschrecken. Je alarmierender – ich würde sogar sagen: alarmistischer – die Ergebnisse, desto geringer die politische Hemmschwelle bei der Bewilligung von Geldern. Das IPCC ist also die ideale Bühne, um an politisch verteilte Forschungsgelder zu kommen.

An diese Gelder wollen Sie doch auch. Geht es um Ihre Person, führen Kritiker stets an, Sie hätten Geld von Exxon erhalten…

Ich bekam vor Jahren einmal eine Zuwendung in Form eines Schecks über 10 000 Dollar aus der Ölindustrie. Ich habe mich noch gewundert, warum das so wenig war! (lacht) Exxon finanziert an amerikanischen Universitäten seit Jahren Klimaforschung und -studien im Wert von über 100 Millionen US-Dollar. Denen ist dann auch ziemlich egal, was alarmistische Forscher mit ihrem Geld anstellen. Denn Exxon oder BP verkaufen Benzin, weil die Leute Auto fahren. Und das tun die Menschen auch dann noch, wenn man ihnen sagt, dass das nicht so gut fürs weltweite Klima sei. Die Wirtschaft spielt das Spiel einfach mit, um sich gute Publicity zu sichern.

Das von Ihnen kritisierte IPCC ist kein wirtschaftlicher Global Player, sondern eine UNO-Organisation, die Daten zum Weltklima untersucht, zusammenfasst und eine Erklärung herausgibt, die die Datenlage allgemeinverständlich erklären will. Was soll daran falsch sein?

Bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus, dass die Organisation von einer Handvoll Wissenschafter kontrolliert wird. Sie nutzen die Plattform, um Einfluss auf die globale Klimapolitik zu nehmen. Sie schrecken nicht einmal davor zurück, Daten, die im Report stehen, für die anschliessende Zusammenfassung in ihrem Sinne abzuändern.

Das ist ein harter Vorwurf.

Aber er ist begründet. Es ist nicht untypisch, dass die Zusammenfassung ganz andere Zahlen und Daten beinhaltet als der eigentliche Report. Die Politik ist auf Vereinfachungen angewiesen, und Politiker lesen – wenn überhaupt – nur die zehnseitige Zusammenfassung – oder gar nur die einseitige Pressemitteilung.

Das ist ein politisches, kein wissenschaftliches Problem.

Beide Parteien sind beteiligt. Die Politiker beschliessen aufgrund tendenziöser Zusammenfassungen wissenschaftlicher Studien globale Klimaschutzziele. Das Kyoto-Protokoll zum Beispiel kam infolge des zweiten IPCC-Berichts von 1996 zustande. Wir wissen heute, dass der sogenannte Konsens in der Klimawissenschaft, wie er 1995 im Bericht des IPCC erstmals erwähnt wurde, keiner ist. Einzelne Aussagen wurden bewusst verändert.

Sie waren als wissenschaftlicher Gutachter beteiligt. Was genau ist vorgefallen?

Ich bemerkte, dass der fertige Entwurf des «Berichts für Entscheidungsträger» in der Zeit zwischen der Unterzeichnung durch die Wissenschafter und der Veröffentlichung abgeändert wurde. Schlüsselelemente wie der Passus «Wir können nichts über den Ursprung des Temperaturanstieges sagen» wurden sinngemäss zugunsten eines «Die Faktenlage legt nahe, dass menschliche Einflüsse für den Temperaturanstieg verantwortlich sind» geändert. Das ist leicht nachprüfbar und wird auch vom Urheber nicht verleugnet.

Wie konnte so etwas passieren?

Die Änderungen hat ein junger amerikanischer Wissenschafter namens Benjamin Santer vorgenommen, der auf Nachfrage angab, dass er von am Abschlussbericht mitarbeitenden Politikern dazu angehalten wurde. Aber nicht nur im Ausdruck finden sich Unterschiede zwischen legitimierter und veröffentlichter Version: Santer veränderte auch einige Graphiken, so dass schliesslich die Zusammenfassung des Reports den Daten im wissenschaftlichen Teil nicht mehr entsprach. Denn der Report selbst gibt keinen Aufschluss darüber, wer oder was für einen prognostizierten Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur verantwortlich ist. Es handelte sich also – ganz offiziell – um eine Manipulation.

Wie verhält es sich mit der Qualität des wissenschaftlichen Teils des IPCC-Reports?

Im dritten Report von 2001 fand sich darin beispielsweise die berühmte Hockeyschlägerkurve, die den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur veranschaulichen sollte. Sie ist mittlerweile von Statistikern widerlegt worden: egal, mit welchen Daten das zugrunde liegende Modell gefüttert wird – aufgrund des Modellaufbaus entsteht stets die gleiche Kurve. Man findet diese umstrittene Hockeyschlägerkurve trotzdem bis heute in jeder Präsenta-tion zum Thema Klimawandel und auch in vielen Schulbüchern.

Man könnte antworten: niemand ist unfehlbar. Auch der beste Klimawissenschafter nicht.

Am tatsächlichen Bericht ist wissenschaftlich trotz einiger Fehler in der Tat wenig auszusetzen, denn Fehler sind auch in der Wissenschaft nicht vermeidbar; sie werden in der Regel entdeckt und dann getilgt. Der neuste Bericht von 2007 ist letztlich eine Zusammenstellung veröffentlichter Arbeiten aus der Klimawissenschaft, die allgemeine Anerkennung geniessen. Auch meine, deswegen greife ich auf diese Datensammlung in Vorträgen stets gern zurück. Meine Kritik betrifft die Zusammenstellung: die versammelten Vorträge bilden die Gesamtheit der Forschung zum Thema nämlich nicht ausreichend ab! Ich kritisiere, dass der Katalog des IPCC kaum Forschungsergebnisse beinhaltet, die nahelegen, dass das Klima vom Menschen gar nicht oder nur sehr bedingt beeinflusst wird.

Sie sprachen die in den Berichten publizierten Forschungsergebnisse bereits an: 9 von 10 Klimawissenschaftern sind sich demnach sicher, dass wir das Klima entscheidend beeinflussen…

…um den Ursprung von Temperaturveränderungen zu ermitteln, greifen die allermeisten Klimawissenschafter auf Daten zurück, die in Wetterstationen auf der ganzen Welt gesammelt wurden und eine durchschnittliche Erwärmung von 1910 bis 1940, eine Abkühlung bis Mitte des Jahrhunderts und eine erneute Erwärmung bis 2000 zeigen. Steigende Durchschnittstemperaturen legitimieren ein Eingreifen der Politik. Und das Nachweisen dieser angeblich stark steigenden Temperaturen kann mit einem statistischen Trick erfolgen: man zieht bloss die Wetterstationsdaten der letzten 50 Jahre heran. Nähme man die Daten der letzten 100 oder 200 Jahre, sähe die Sache schon ganz anders aus – und längst nicht so alarmierend, denn man könnte anhand dieser Periode anschaulich zeigen, dass die globale Durchschnittstemperatur natürlich schwankt, unabhängig von menschlichen Aktivitäten. Der Nachweis einer sich beschleunigenden anthropogenen Erwärmung ist wissenschaftlich also weder sauber noch aussagekräftig! Hinzu kommt, dass die alarmistischen Daten aufgrund neuerer Messungen durch Wetterballons und -satelliten einfach nicht bestätigt werden. 

Diese den Bodendaten widersprechenden Messungen stärken Ihre Skepsis. Aber sind sie auch wissenschaftlich anerkannt?

Absolut. Der Durchschnittswert der Bodendaten hat den Nachteil, dass er aus Messungen von Orten stammt, die auf unserer Erdkugel weit auseinanderliegen und durchaus ein eigenes Mikroklima haben. Einige dieser tausend Wetterstationen zeigen eine Erwärmung, andere nicht. Da aber die meisten der Messstationen in urbanen Regionen liegen, die tatsächlich wärmer werden, weil dort immer mehr Menschen leben, entsteht über die primäre Ungenauig-keit hinaus noch ein offensichtliches Zerrbild der Datenlage. Denn: wenn Sie die Temperatur nur auf Flughäfen messen, die in der Nähe von wachsenden Städten liegen, so ist ein Trend zur Erwärmung wahrhaftig keine Überraschung. Man hat sogar einen wissenschaftlichen Namen dafür: «Urban Heat Island Effect».

Der ist altbekannt.

Stimmt. Die Auswahl hat man gerechtfertigt, indem man darauf verwies, dass es die zuverlässigsten Quellen seien, da sie permanent gewartet würden. Dagegen ist prinzipiell auch nichts einzuwenden. Wenn man aber weiss, dass die gut gewarteten Wetterstationen ausnahmslos in und um Städte herum positioniert sind, ist das Ergebnis ihrer Messungen keine besondere Überraschung. Über die globale Durchschnittstemperatur sagt der ermittelte Trend aber leider rein gar nichts aus. Die ausgewerteten Daten von Wetterballons, die die Atmosphäre bis in eine Höhe von 30 Kilometern dokumentieren, zeigen aber seit Jahren keine Erwärmung.

Sie sagen also: die Bodendaten sind nutzlos, und in Wirklichkeit gibt es derzeit keine Erwärmung?

Seit dem Jahr 2000 ist abseits der Hitzeinseln keine Erwärmung mehr messbar, das geben sogar renommierte Klimawissenschafter wie Phil Jones zu. Noch spannender wird die ganze Geschichte, wenn man noch die sogenannten Proxy-Daten, also aus Eisbohrkernen entnommene, an Baumringen abgelesene oder geologisch anderweitig nachweisbare Daten, hinzuzieht. Denn auch diese zeigen keine aussergewöhnliche Erwärmung in den letzten 50 Jahren. Sie zeigen nichts, was besonders alarmierend oder beispiellos in der Geschichte der Menschheit wäre.

Ganz grundsätzlich gefragt: welches sind die entscheidenden Faktoren, dass sich das Klima überhaupt verändert?

Je nachdem, welche Zeitspanne man untersucht, ergeben sich verschiedene Erklärungen für Klimaveränderungen: von Kontinentalverschiebungen über die Entstehung von Gebirgen bis hin zu extremen Vulkanausbrüchen. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine Publikation von Ulrich Neff, Augusto Mangini und anderen im Magazin Nature. Sie untersuchten die Schichtung von Stalagmiten und konnten einen direkten Zusammenhang von Sonnenaktivität und Klimaerwärmung nachweisen. Der Haupteinfluss auf unser Klima geht also von der Sonne aus, nicht vom Menschen. Nun frage ich Sie: wieso hat das IPCC diese – weithin bekannten – Forschungsergebnisse nicht in seinen Bericht aufgenommen?

Weil der Einfluss der Sonne auf das Klima unbestritten, jedoch nicht markant genug ist?

Nein. Weil diese Forschungen bisher nicht ins Konzept der federführenden Wissenschafter des IPCC passten. Aber langsam tut sich auch dort etwas: ich bin optimistisch, dass die Studie, nebst einigen anderen, im nächsten IPCC-Bericht Erwähnung findet.

Sollten nicht gerade Wissenschafter erpicht darauf sein, Gegenmeinungen anzuhören – um dann durch ihren potentiellen argumentativen Triumph über diese Gegenmeinung die eigene Position zu stärken?

Wissenschaft sollte so funktionieren. Allein: sie tut es oft nicht, wenn die Resultate brisante politische Implikationen haben.

Sie funktioniert nur – das wissen wir seit Karl Popper –, wenn man Theorien aufstellt, die falsifizierbar sind. Die Modelle, mit denen viele Klimawissenschafter die klimatische Zukunft vorausberechnen, entziehen sich prinzipiell der Falsifizierbarkeit. Das wäre meine zugegebenermassen ziemlich allgemeine und bescheidene Kritik an der Klimawissenschaft.

Bei der Validierung der von Ihnen angesprochenen mathematischen Modelle wird auf drei Ebenen geschlampt. Zunächst liefern die Modelle bei gleichem Datenfutter immer unterschiedliche Ergebnisse, teils weichen sie um Faktor 10 voneinander ab. Zweitens lässt man sie nicht oft genug – also mindestens 10mal – laufen, um aus dem Durchschnitt ein Ergebnis zu erhalten, das sich in weiteren Durchläufen nicht mehr fundamental ändert. Im IPCC-Bericht finden 22 dieser Modelle Erwähnung, keines ist für das Ergebnis mehr als fünfmal gelaufen. Und drittens und am verblüffendsten: keines der Modelle ist bis heute in der Lage, mit den vorliegenden Daten die jüngere Vergangenheit so zu berechnen, wie sie tatsächlich gemessen wurde. Mit Wissenschaft hat das Modellieren also nichts zu tun.

Weil CO2 ein Treibhausgas ist, das sich in der Atmosphäre ansammelt, ist es trotzdem nur logisch anzunehmen, dass diese Ansammlung letztlich zu einem Temperaturanstieg führt.

Das stimmt. Einige Skeptiker bezweifeln, dass der Treibhauseffekt existiert, ich gehöre nicht zu ihnen. Es ist für mich nur logisch, dass ein Lebewesen seine Umwelt und damit das Klima beeinflusst – erst recht, wenn es ein so entwickeltes, hochtechnisiertes, erfinderisches Wesen ist wie der Mensch. Allein: der Einfluss ist vermutlich deutlich geringer, als uns die genannten Modelle glauben machen sollen. Und andererseits ist unser Klima viel komplizierter, als die Modelle suggerieren – und dieser Umstand wird unterschlagen. Nehmen Sie beispielsweise einmal die Wolkenbildung: jeder weiss, dass Wolken verschiedene Einflüsse auf das Klima haben. Tagsüber spenden sie Schatten und kühlen, nachts hält eine geschlossene Wolkendecke die Wärme davon ab, nach oben zu entweichen. In den Modellen spielen sie keine Rolle.

Wenn es stimmt, was Sie sagen: Wieso werden offensichtliche Ungereimtheiten dann nicht von den beteiligten Wissenschaftern thematisiert?

Weil sie ungemütlich sind. Und ungemütliche Fakten finden sich im fertigen IPCC-Bericht nur sehr selten. Sicher spielt auch das Bewusstsein eine Rolle, dass die Öffentlichkeit nun einmal auf eindeutige Aussagen angewiesen scheint. Unsicherheiten, die den Forschungsbetrieb a priori kennzeichnen, ihn motivieren, kommen draussen nicht gut an. Es gibt einfach Dinge, die wir gegenwärtig nicht verstehen oder nicht wissen können. Aber ich glaube, dass Ehrlichkeit und Redlichkeit die besten Mittel sind, um der Öffentlichkeit gegenüberzutreten. Auch wenn dieses Geständnis dafür sorgt, dass die Wissenschaft im Auge vieler unbedarfter Beobachter nicht besonders gut dasteht.

Zu diesem Interview hat sich ETH-Professor und IPCC-Wissenschafter Andreas Fischlin in «Schweizer Monat 992» (Dezember / Januar) geäussert. Seine Replik auf Fred Singers Thesen lesen Sie hier.

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