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Insider und Outsider

Wer Bundesrat werden will, hat es als Outsider, der nicht der Bundesversammlung angehört, schwer. 

Wer immer US-amerikanischer Präsident werden will, positioniert sich als Outsider. Egal, wie lange jemand schon am Potomac wohnt, dem inneren Machtzirkel angehört und den politischen Diskurs mitprägt: Auch der grösste Insider wird zum Maverick aus dem Middle of nowhere, der gen Washington zieht, um – endlich! – den dortigen Sumpf trockenzulegen, sobald er sich für das höchste politische Amt berufen fühlt. Eine Variante des Outsider-Narrativs, die nicht mehr nur links gespielt wird, lautet Main vs. Wall Street. Auf jeden Fall sei die Freiheit der Obrigkeit, einer – wirtschaftlichen oder bürokratischen – «Elite», abzutrotzen.

Anders in der Schweiz: Wer Bundesrat werden will, hat es als Outsider, der nicht der Bundesversammlung angehört, schwer. Deshalb werben im Unterschied zu den USA die Papabili unter den Stände- und Nationalräten auch explizit damit, dass man sie ja kenne und sie deshalb wählen solle. Prompt machten jüngst wieder eine Stände- und eine Nationalrätin das Rennen (was die Eignung der Bundesrätinnen Keller-Sutter und Amherd keineswegs schmälern soll!). Die Diskussion über Abgrenzung und Opposition erfolgt nicht gegenüber «Bern», sondern gegenüber Dritten, allen voran «Brüssel». Der politische Diskurs über Insider und Outsider – liberal zugespitzt: zwischen Staat und Freiheit – verläuft gleichsam an der Landesgrenze statt zwischen Regierung und Volk.

Ein Grund dafür ist die auch in der Schweiz zunehmende Bedeutung des internationalen Rechts, in der Form sowohl von Hard als auch Soft Law. Es prägt – von den Zulassungskriterien zahlreicher Produkte bis indirekt hin zu den flankierenden Massnahmen – zunehmend unseren Alltag. Aber erstens hat jedem einzelnen «fremden» Paragraphen irgendeine politische Instanz in Bern einmal explizit oder implizit zugestimmt – nichts fiel vom Himmel oder wurde uns von einer Besatzungsmacht aufgezwungen. Und zweitens sind die Gesetzesänderungen und -ausweitungen, die im Bundeshaus aus selbständigem Antrieb beschlossen werden, immer noch weit häufiger als die Übernahme und Umsetzung von internationalem Recht.

Der Einsatz für mehr Freiheit, sofern man dies namentlich von bürgerlicher Seite wollte, müsste also primär «gegen Bern» statt «gegen Brüssel» erfolgen. Dass dies bei den jüngsten Bundesratswahlen ungenügend thematisiert worden ist, dürfte vor allem am Wahlkörper liegen: alles Insider.

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