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Mit Ausgrenzung
gegen den Klimawandel

Eine Podiumsdiskussion an den Aarauer Demokratietagen offenbart erstaunliche Demokratieverständnisse.

Mit Ausgrenzung  gegen den Klimawandel
Aarauer Demokratietage. Bild: Cornelius Fischer.

Am Donnerstag fand im Rahmen der Aarauer Demokratietage eine Podiumsdiskussion zum Thema «Klimakrise und Demokratie» statt. Wobei die Bezeichnung «Diskussion» etwas übertrieben ist; die drei Teilnehmer verbrachten einen Grossteil der Zeit damit, sich gegenseitig zuzustimmen.

Die grosse Frage, die über der Runde im Kultur- und Kongresszentrum in Aarau schwebte, war: Warum gibt es eigentlich noch Leute, die nicht ihrer Meinung sind und schärfere Klimaschutzmassnahmen ablehnen? So viele gar, dass sie zuweilen demokratische Mehrheiten erringen wie beim CO2-Gesetz, dass 2021 in der Volksabstimmung scheiterte?

Thomas Stocker, Klimaforscher an der Universität Bern, erklärte die Ablehnung damit, dass die Gegner mit Lügen hantierten, in dem sie etwa warnten, dass sich nur noch Reiche das Autofahren leisten könnten. «Die Leute haben sich von diesen Lügen einlullen lassen.» Der mediengewandte Professor stellte ausserdem fest: «Jene, die sich für Klimaschutz einsetzen, kommen zu wenig zu Wort.»

Helen Keller wiederum, ehemalige Richterin der Schweiz am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), verwies auf «wirtschaftliche Interessen», die den Klimaschutz-Massnahmen im Weg stünden. Erschwerend hinzu komme, dass die Menschen partout nicht auf Flugreisen, Autofahren und Fleisch verzichten wollen. «Wir müssen erreichen, dass Verzicht nicht mehr negativ besetzt ist», forderte Keller deshalb. Als mögliche Lösung sieht sie den juristischen Weg und nennt als Beispiel die sogenannten Klimaseniorinnen, die vor dem EGMR gegen die Schweiz geklagt haben. Auch Gerichte müssten ihre Verantwortung wahrnehmen. Die Schweizer Gerichte, welche die Klage der Klimaseniorinnen ablehnten, haben dies laut Keller nicht getan.

Auch Proteste wie jene von Aktivisten, die sich auf Strassen kleben, beurteilt Keller positiv – und ihre Gesprächspartner stimmten ihr zu. Proteste seien ein Mittel der Demokratie, betonte Thomas Bernauer, Professor für Politikwissenschaft an der ETH Zürich. «Demokratie ist manchmal gewaltvoll und sachbeschädigend – aber ich habe kein Problem damit.»

Dass es auch friedlichere demokratische Mittel gäbe, räumten die Gesprächsteilnehmer ein. Thomas Stocker befand jedoch: «Es braucht die Ausgrenzung jener, die in der Politik tätig sind und dieses Problem nicht anerkennen.» Wer hoffte, dass wenigstens an diesem Punkt eine Diskussion entstehen könnte, wurde enttäuscht.

So löste sich der Anlass der Demokratietage, bei dem es viel um Klima und um Krise ging, in Harmonie auf. Bloss die Demokratie scheint irgendwie auf der Strecke geblieben zu sein. Und der Widerspruch, der bei der Demokratie dazugehört, fehlte. (lz)

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