In der Genetik gibt es keine Drittel
Wie sich die Zusammensetzung von Mischlingshunden berechnen lässt.
Eines Abends begegnete ich im Zürcher Niederdorf einem sympathischen jungen Mann in Begleitung einer Frau und eines Hundes. Ich fragte ihn, was für eine Mischung das denn sei. Er antwortete, ein Drittel sei Samojede, ein weiteres Drittel Pyrenäenberghund und das restliche Drittel sei unbekannt.
Ich stutzte. Wie kann ein Hund zu einem Drittel von einer Rasse sein? Mensch, Tier und Pflanze haben jeweils zwei direkte Vorfahren. In der Genetik haben wir es also mit Hälften, Vierteln, Achteln, Sechzehnteln und so weiter zu tun. Durchaus vorkommen können zum Beispiel drei Achtel. Dann waren von der Urgrosselterngeneration drei von derselben Rasse. Aber Drittel? Nun, vielleicht kann man ja mit ebensolchen Vielfachen doch Drittel hinkriegen. Zum Beispiel sind 3/8 beinahe ein Drittel (3/9). Vielleicht klappt’s bei den Sechzehnteln, den Zweiunddreissigsteln? Doch alles Probieren bleibt ohne Erfolg. Wie wär’s mit System? Während ich herumstudierte, wurde mir bewusst: Das wird nie gehen. Gesucht sind nämlich natürliche Zahlen k (Anzahl Vorkommnisse eines bestimmten Merkmals auf der Stufe einer Generation) und n (Stufe der Vorfahrengeneration), wobei k/2n = 1/3 gilt. Wenn man hier auf beiden Seiten mit 2n multipliziert, erhält man k = 2n/3 = (2·2·2·…·2·2·2)/3. Dann steht also rechts beispielsweise mit n = 2 der Ausdruck (2·2)/3 = 4/3, bei n = 3 der Ausdruck (2·2·2)/3 = 8/3, bei n = 4 der Ausdruck (2·2·2·2)/3 = 16/3. Egal wie viele «2» man miteinander multipliziert, es ist nie durch 3 teilbar. Damit gibt es keine natürlichen Zahlen k und n, welche die Bedingungen der Gleichung erfüllen. Problem gelöst.
Nun meldeten sich Verstand und Lebenserfahrung: Soll ich jetzt das machen, was man eigentlich nie machen sollte, nämlich jemandem ungefragt einen Rat erteilen? Es war Sonntag: Ich machte also den Hundebesitzer triumphierend auf seinen Fehler aufmerksam: «Junger Mann, in der Genetik kommen Drittel nicht vor!» Doch mein Gegenüber mag mangelnde Kenntnisse von Naturwissenschaften und Mathematik gehabt haben, kompensierte dies aber mit ungemeiner Schlagfertigkeit: Er erklärte ungerührt, es sei eben ein flotter Dreier gewesen.