Im Kampf gegen Berner Windmühlen
Claudine Esseiva, zvg.

Im Kampf gegen Berner Windmühlen

In der Stadt Bern dominiert Links-Grün das Parlament und die Agenda. Wer eine schlanke und effiziente Verwaltung anstrebt, steht oft auf verlorenem Posten.

 

Seit fünf Jahren sitze ich für die FDP im Stadtrat, dem Stadtberner Parlament. Wir sind eine Fraktion von 7 Personen im 80köpfigen Rat. Die SP hat 23 Sitze, das Grüne Bündnis 13 Sitze, die Grünliberalen 11, die Grüne Freie Liste sowie die SVP je 7 Sitze, Die Mitte sowie die ­Alternative Linke je 4; weitere 4 Mitglieder sind parteilos. Der Gemeinderat, die Exekutive, besteht aus vier Vertrete­r­innen und Vertretern der linken Parteien und einem einzigen Bürgerlichen, Reto Nause (Die Mitte).

Wieso zähle ich das auf? Es ist wichtig zu wissen, in welcher politischen Realität man sich befindet, wenn man Regulierungen abbauen sowie die Bürokratie verkleinern will und damit eine effiziente und schlanke Verwaltung anstrebt. Beim letzten Punkt wäre es sogar möglich, parteiübergreifend Konsens zu schaffen. Dass die Verwaltung effizient und professionell arbeiten soll, ist allen Parteien ein Anliegen. Aber wenn es um die Regulierungsdichte geht, da scheiden sich die Geister. Der Berner Stadtrat verabschiedet jeden zweiten Donnerstagabend zig neue Vorgaben, wie das Leben geregelt werden soll, was moralisch erstrebenswert ist, wie wir den Abfall zu entsorgen haben und wie wir uns von A nach B zu be­wegen haben. So muss zum Beispiel jeder Foodtruck am Berner Stadtfest ein Konzept zur LGBTQ-Awareness schreiben, wir haben ein Farbsacktrennsystem für den Abfall und wir geben eine halbe Million Franken für eine Velokampagne aus.

Ich möchte klarstellen, dass auch ich in einer toleranten, respektvollen und offenen Stadt leben will. Was mich an den diversen Regeln aber stört, ist das von Moralin triefende politische Agenda-Setting. Ich bekomme das Gefühl, dass die Toleranz nur gerade in der eigenen Bubble gelebt wird, aber sicher nicht darüber hinaus.

Weniger ist mehr? Nicht in der Politik!

Die politische Ausrichtung ist nicht das einzige Problem. Für eine vom Volk gewählte Politikerin ist es einfacher, Interessengruppen etwas zu geben, als ihnen etwas weg­zunehmen. Der Verteilkampf innerhalb einer Stadt, die sowieso nicht über viel Mittel verfügt, ist immens. Die Kultur, die Schulen, die Sportvereine, die sozialen Institutionen und viele weitere Interessengruppen rufen stets nach mehr Unterstützung und wehren sich mit Händen und Füssen gegen Sparmassnahmen. «Überall, aber nicht bei mir!», heisst die Devise.

Die linke Mehrheit bespielt die eigene Wählerschaft mit zusätzlichen Konsumausgaben. Der finanzielle Kollaps folgt erst mit mehreren Jahren Verzögerung. Bis dann findet man eine Ausrede, warum andere daran schuld seien. Corona oder angebliche bürgerliche Steuersenkungen. Werden die Steuern um 1 Franken gesenkt, während Rot-Grün die Ausgaben um 10 Franken erhöht, fehlen uns die 11 Franken wegen der Steuersenkung. Logisch, oder?

«Jeder Foodtruck am ­Berner Stadtfest

muss ein ­Konzept zur LGBTQ-­Awareness schreiben,

wir haben ein Farbsacktrennsystem für den ­Abfall und

wir ­geben eine halbe Million ­Franken für eine Velokampagne aus.»

Wissensvorsprung

Da die bürgerlichen Parteien nur einen Vertreter im Gemeinderat haben und ein Grossteil der Mitarbeitenden in der Verwaltung politisch eher links eingestellt ist, hat die linke Mehrheit einen immensen Wissensvorsprung, den die Oppositionsminderheit in einem Milizparlament kaum ausgleichen kann. Zudem wird es Rot-Grün so erleichtert, die Diskurshoheit zu behalten. Ein aktuelles Beispiel: Jüngst wurde im Stadtrat über die Parkgebühren gestritten. Neu sollen die Anwohnerparkkarten in der blauen Zone 490 Franken kosten. Von links wurde argumentiert, dass ein Parkplatz jährlich 1500 Franken koste. Die Zahl wird von der Verwaltung und dem Gemeinderat in den Raum geworfen, Parlament und Medien übernehmen sie einfach. Aussagen der Verwaltung werden zum Fakt, ohne dass diese überprüft werden.

Das hat auch mit den Medien zu tun, die als kritische vierte Gewalt in Bern eine immer weniger wichtige Rolle spielen. Vergangenes Jahr wurden die beiden Redaktionen der «Berner Zeitung» und des «Bunds» zusammengelegt. Mit…