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«Im Fiatsystem ist es sinnvoll, ein Idiot zu sein»
Saifedean Ammous, zvg.

«Im Fiatsystem ist es sinnvoll, ein Idiot zu sein»

Ökonom Saifedean Ammous sieht im ungedeckten Fiatgeld die Wurzel allen Übels. Ein Gespräch über die Vorzüge von Monarchie, Bitcoin und Rindfleisch.

Read the English version here.

Als Autor der Bücher «Der Bitcoin-Standard» und «Der Fiat-Standard» ist der Ökonom Saifedean Ammous einer der einflussreichsten Intellektuellen der Bitcoin-Community. Die Bücher des erklärten Gegners des Fiatgeldsystems wurden bereits in 36 Sprachen übersetzt, seine Podcasts ­erfreuen sich grosser Beliebtheit und auf Twitter hat er über 270 000 Follower. Ich treffe ihn in Zug an einem ­Oktoberabend 2022, der auch sein 42. Geburtstag ist, am Rande ­einer Veranstaltung des Global Liberty Institute. Wir ­entscheiden uns für ein unvorbereitetes Spontan­interview, und da sich Ammous ausschliesslich von Fleisch ernährt, steuern wir den Burger King an, wo er eine Flasche Wasser und sechs gegrillte Burger bestellt, pur und ohne Brot. Im Gespräch stellt sich heraus, dass er ein grosser Fan der Schweiz ist.

 

Saifedean, warum magst du die Schweiz?

Es ist die langfristige Orientierung des Landes und seine geringe Zeitpräferenz. Wenn ich hier durch die Strassen gehe, sehe ich viele Gebäude, die für eine lange Zeit gebaut worden sind. Es ist wahrscheinlich der liberalste Ort der Welt.

 

Was ist die beste Form der Regierung?

Die beste Form der Regierung ist keine Regierung.

 

Und was ist die zweitbeste Regierungsform?

Die Monarchie.

 

Warum das?

Auch wegen der geringen Zeitpräferenz. Derzeit bestehen die demokratischen Regierungen aus einem Haufen von Langweilern, die alle vier Jahre eine Wahl gewinnen müssen, so dass ihre Zeitpräferenz jeweils vier Jahre beträgt. Sie denken nur in Zyklen von vier Jahren und fragen sich, wie sie jetzt bekommen können, was sie wollen, um dann in vier Jahren die Wiederwahl zu gewinnen. In der Regel bleibt ein Politiker höchstens acht Jahre im Amt, vielleicht auch zehn oder fünfzehn. Was danach ist, spielt keine Rolle. Die rationale Strategie, um damit umzugehen, besteht darin, alles dafür zu tun, so viele Wahlen wie möglich zu gewinnen. Und dann das Land tot zu verlassen.

 

Und in einer Monarchie?

Ein Staatsoberhaupt in einer Monarchie möchte, dass sein Enkelkind das Land regieren kann. Er möchte also, dass das Land in 100 Jahren wohlhabend ist, wenn sein Enkel König sein wird. Folglich stimmen seine Anreize überein mit den Interessen des Volkes, das ebenfalls in 100 Jahren wohlhabend sein möchte.

 

Welche Monarchie ist ein gutes Beispiel dafür?

Alle grossen europäischen Reiche, das japanische Kaiserreich und die islamischen Zivilisationen waren Monarchien. Die meisten menschlichen Zivilisationen entwickelten sich unter Monarchien.

 

Als Wirtschaftswissenschafter bist du ein Anhänger der Österreichischen Schule der Nationalökonomie.
Wer hat dich am meisten beeinflusst?

Murray Rothbard und Ludwig von Mises. Von den heutigen Ökonomen lese ich gerne Hans Hermann Hoppe und Joe Salerno.

 

Du hast zehn Jahre lang an der Libanesisch-Amerikanischen Universität unterrichtet, dann hast du aufgehört und ­angefangen, Bücher zu schreiben. Du hast keine sehr positive Einstellung zu den normalen Universitäten. Was ist falsch an ihnen?

Dasselbe, was mit allem auf der Welt falsch ist: Fiatgeld.

 

Alles Schlechte in der Welt ist auf Fiatgeld zurückzuführen?

Ja, so kann man meine beiden Bücher zusammenfassen: Alles, was ich hasse, wird durch Fiatgeld verursacht und durch Bitcoin behoben. Manche Leute könnten denken, das sei ein Argument gegen die Bücher. Ist es aber nicht.

«Alles, was ich hasse, wird durch Fiatgeld verursacht und durch Bitcoin behoben.»

Wann hast du Bitcoin entdeckt?

Ich habe schon sehr früh von Bitcoin gehört, etwa 2011, als ein sehr engagierter Goldbug. Ich bin kein Programmierer, aber ich war mir sicher, dass Bitcoin nicht funktionieren würde. Das war der teuerste und dümmste Fehler meines Lebens, und ich sehe, wie ihn andere wiederholen. Viele Leute denken, dass sie schlau seien und wüssten, warum Bitcoin nicht funktionieren könne, also machen sie sich nicht die Mühe, darüber zu lesen. Das war ich von 2011 bis 2013.

 

Und dann?

Dann habe ich angefangen, ernsthaft darüber nachzudenken, und wurde um 2016 wirklich überzeugt davon. Ich habe lange gebraucht, um die Demut zu entwickeln, mich hinzusetzen, zu lesen und zu lernen und aufzuhören, ein Klugscheisser zu sein, der denkt, er wisse alles. Es kann viel Zeit brauchen, um zu verstehen: Nouriel Roubini macht sich seit zehn Jahren über Bitcoin lustig. Und Nassim ­Nicholas Taleb hat immer noch keine Ahnung, wie Bitcoin funktioniert.

 

Im Grunde denkst du, dass alle akademischen Wirtschafts­wissenschafter völlig falsch liegen. Warum?

Sie beginnen mit der Schlussfolgerung, dass die Regierung Geld drucken sollte, und dann überlegen sie, wie sie das rechtfertigen können. Oder sie beginnen mit der Schlussfolgerung, dass wir die Dinge durch Manipulation der Geldpolitik lösen können. Sie finden ein Problem und denken darüber nach, wie die Geldpolitik es lösen kann. Für mich ist das der falsche Ansatz, der unweigerlich zur falschen Antwort führt. Sie ziehen nicht einmal die Möglichkeit in Betracht, dass die Regierung vielleicht gar nicht erst Geld drucken sollte.

 

Für viele Menschen scheint es schwer zu sein, aus ihrer ­gewohnten Denkweise herauszukommen. Sie sind nicht flexibel genug, um etwas auf eine neue Weise zu sehen.

Darauf wurden sie trainiert. Im Fiatsystem ist es sinnvoll, ein Idiot zu sein. Wenn die Zentralbank sagt: «Die Sonne geht im Westen auf», dann ist es sinnvoll, das einfach zu glauben. Denn sie werden dafür bezahlt, das zu wieder­holen, und sie werden eine gute Karriere damit machen. Es spielt keine Rolle, wie falsch oder wie zerstörerisch es für die Welt ist. Solange die Zentralbank die Menschen dafür bezahlt, sich so zu verhalten, geht die Sonne im Westen auf, und es ist rational und klug, daran zu glauben, dass die Sonne im Westen aufgehe. Ihre Aufgabe als Ökonom ist es, zu rechtfertigen, was die Zentralbanken tun.

 

Hast du dafür Beweise?

Nehmen wir die Ökonomen in der Finanzkrise von 2008, die wie immer Analysen erstellten und Ratschläge gaben, wie man sich in Zukunft verhalten sollte. Aber dann passierten innerhalb weniger Wochen alle möglichen verrückten Dinge, die sie nie erwartet hatten: Lehman Brothers und Bear Stearns brachen zusammen, die Federal Reserve rettete Goldman Sachs und Morgan Stanley. Doch wenn man sich die Ökonomen anschaut, haben sie immer wieder ihre Unterstützung für alles, was die Fed tat, bekräftigt, auch wenn sie selbst eine Woche vorher noch das Gegenteil behauptet hatten.

 

Wie wird Bitcoin das ändern?

Bitcoin wird diese Leute bestrafen, es wird ihre Glaubwürdigkeit zerstören, es wird sie finanziell vernichten. Denn sie haben Jobs, die komplett von einer Gelddruckmaschine abhängen, und die wird Bitcoin zerstören. Ich habe das im Libanon erlebt, mit meinen Kollegen an der Universität, denen ich für eine lange, lange Zeit geraten habe, Bitcoin zu kaufen. Sie lachten mich aus und sagten mir, dass Bitcoin keine Zinsen abwerfe und nicht durch eine Zentralbank geschützt sei. Schau, wie es gelaufen ist: Ihre Zinsen sind weg, ihre Banken sind weg, ihr Geld ist weg, ihre Währung ist weg.

 

Die Situation im Libanon ist eines der schlimmsten Beispiele ­dafür, wie eine Zentralbank alles falsch machen kann. Die ­Situation in Argentinien und in der Türkei ist nicht viel besser.

Alle Menschen, die dort leben, leiden. Sie könnten sich mit Bitcoin retten.

 

Dennoch scheinen viele Menschen auf etwas Besseres als ­Bitcoin zu warten.

Das Hauptproblem, das wir mit Geld lösen müssen, ist die Inflation. Bitcoin hat dieses Problem gelöst; man kann es nicht noch einmal lösen. Sicher, die Federal Reserve könnte den Dollar weniger inflationär machen als Bitcoin oder anfangen, Gold als Geld zu verwenden – trotzdem wird man ihr vertrauen müssen. Bei Bitcoin muss man niemandem vertrauen. Man kann alles selbst verifizieren.

 

Manche sagen, dass die Menschen nach der Trennung von ­Kirche und Staat nun auch die Trennung von Geld und Staat wollten. Wird Bitcoin das Ende des Staates, wie wir ihn kennen, besiegeln?

Bitcoin wird das Ende des Staates des 20. Jahrhunderts und seiner Zentralbank sein. Aber es wird nicht notwendigerweise das Ende des Staates bedeuten. Der Sieg von Bitcoin wird der Zusammenbruch des Managerstaates, des Warlordstaates, des Nannystaates sein. Erinnern wir uns daran, dass all diese schlechten Entwicklungen des Staates nur durch ungedecktes Fiatgeld möglich sind. Ist der Staat jetzt ein Tiger, wird er in Zukunft ein kleines Hündchen sein. Vielleicht werden wir ihn ganz loswerden.

«Ist der Staat jetzt ein Tiger, wird er in Zukunft ein kleines Hündchen sein.»

Würdest du einer Zentralbank den Kauf von Bitcoin ­empfehlen?

Ich hoffe, dass nicht die Zentralbanken Bitcoin kaufen, sondern die Leute. Meine Hoffnung ist, dass die Zentralbanken alle aus dem Geschäft verschwinden. Es ist ermutigend, dass die Zentralbanken so aufgebaut sind, dass sie die letzten sind, die Bitcoin verstehen.

 

Die Verantwortlichen bei der Schweizerischen Nationalbank haben über Bitcoin gelesen und darüber nachgedacht. Aber Bitcoin gekauft haben sie noch nicht.

Jemand hat mich einmal gefragt, welches Land Bitcoin als erstes einführen würde. Ich tippte auf die Schweiz, weil es in der Schweizerischen Nationalbank Leute gibt, die sich noch an den Goldstandard erinnern.

 

Wie wird Bitcoin in 20 oder 50 Jahren aussehen? Könnte es sein, dass die On-Chain-Zahlungen der ersten Ebene den heutigen Zahlungen der Zentralbanken ähneln werden und das ­Lightning Network der zweiten Ebene für alltägliche Zahlungen verwendet wird?

On-Chain-Zahlungen werden hauptsächlich für die Eröffnung von Lightning-Kanälen verwendet werden. Und selbst Lightning-Kanäle könnten verwahrt werden. Aber die meisten Leute werden keinen eigenen Kanal haben, sie werden ihr Geld bei einem kleinen Lightning-Kanal haben. Ich denke, dass wir uns auf eine Welt zubewegen werden, in der vielleicht tausend Menschen zusammen jeweils einen Lightning-Knoten haben – also hat im Grunde ein kleines Dorf oder eine grosse Nachbarschaft ihren eigenen Knoten, der alle Transaktionen mit dem Rest der Welt abwickelt. Anstelle einer Zentralbank für ein ganzes Land wird es in jedem Stadtteil einen Knoten geben – fähig, internationale Zahlungen abzuwickeln, aber unfähig, die Geldpolitik zu ändern.

 

Was ist der Unterschied zum jetzigen System?

Im gegenwärtigen System haben wir im Grunde nur eine Zentralbank auf der Welt, die Federal Reserve der USA – und 8 Milliarden Menschen, die mit ihr zusammenarbeiten müssen, um ihre Zahlungen abzuwickeln. Das andere Extrem wäre, dass jeder im Netzwerk seinen eigenen Knotenpunkt und seine eigenen On-Chain-Transaktionen hätte – das wären dann 8 Milliarden Full Nodes. Das wird nicht passieren. Aber nur weil wir keine 8 Milliarden Nodes haben, bedeutet das nicht, dass Bitcoin gescheitert ist. Wenn am Ende alle 1000 Leute einen Knoten teilen, dann ist das immer noch eine unglaubliche Verbesserung gegenüber heute. Es wird nicht so sein wie jetzt, wo man mit einer Zentralbank für die ganze Welt festsitzt, und wenn einem das nicht gefällt, kann man keine Transaktionen mit dem Rest der Welt durchführen, wie zum Beispiel Menschen in Iran, Russland oder Nordkorea.

 

Wie wird sich die Gesellschaft in den nächsten 20 Jahren ­verändern?

Wahrscheinlich wird es weniger industrielle Landwirtschaft und mehr kleinbäuerliche Landwirtschaft geben – die industrielle Landwirtschaft wird ja stark von der Regierung subventioniert. Wie ich in «Der Fiat-Standard» ausführlich erörtere, subventionieren Regierungen billige Industrienahrungsmittel und bezahlen falsche Wissenschafter dafür, zu sagen, dass diese Lebensmittel gut für dich seien, während gesunde, teure Lebensmittel wie Fleisch schlecht für dich seien.

 

Du hast sehr klare Vorlieben, was Lebensmittel angeht. Was isst du?

Rindfleisch, aber ich bin nicht wählerisch. Ich esse alles, was verfügbar ist. Solange es rotes Fleisch ist.

Stimmt es, dass du nur Fleisch, Salz und Wasser isst?

Gelegentlich esse ich ein bisschen Fisch, Ente oder Huhn. Aber meistens esse ich rotes Rind- oder Lammfleisch.

 

Und kein Salat oder Obst?

Nein, nur Fleisch. Ich esse normalerweise zweimal am Tag. Meine Bluttests sind gut, mein Testosteronspiegel ist sehr hoch, ich nehme keine Nahrungsergänzungsmittel. Ich denke, die reine Fleischdiät wird mit der Zeit immer beliebter werden. Sie ist einfach so wirkungsvoll. Man fühlt sich damit wie ein völlig anderer Mensch.

 

Wie bist du zu dieser Diät gekommen?

Ich habe vor 12 Jahren angefangen, Kohlenhydrate zu reduzieren, und habe mich besser gefühlt, also habe ich weiter reduziert, bis ich mich sehr kohlenhydratarm ernährte: Fleisch und ein winziges bisschen Gemüse, vielleicht etwas Obst, Blumenkohl oder Broccoli. Ich dachte, ich müsste das essen. Dann sah ich im Internet, dass Leute empfahlen, nur noch Fleisch zu essen. Ich habe das einen Monat lang ausprobiert, und es war das Beste, was ich je getan habe. Wer zum Teufel will schon Broccoli? Du wurdest als Super­man geboren. Pflanzen zu essen ist dein Kryptonit.

 

Wirkt sich die Diät auf dein Gehirn aus?

Seit ich mit der Diät begonnen habe, habe ich drei Kinder gezeugt und drei Bücher geschrieben, 140 Podcast-Episoden aufgenommen und fünf Online-Kurse auf meiner Website angeboten. Wenn ich mich normal ernähren würde, könnte ich nicht einmal ein Zehntel dieser Arbeit erledigen.

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