Im Basler Totengässli mit Wein
Stefan Brockhoff: «Musik im Totengässlein», hrsg. von Paul Ott und Kurt Stadelmann. Zürich: Chronos, 2007.
Der Name Stefan Brockhoff ist in der Schweizer Literatur weitgehend unbekannt geblieben. Bis vor kurzem erinnerte einzig Friedrich Glauser an ihn, indem er am 25. März 1937 mit Brockhoff über dessen «Zehn Gebote für den Kriminalroman» korrespondierte. Brockhoff hatte eine kurze Anleitung zum Kriminalroman verfasst und bei der Gelegenheit gleich für seine eigenen Werke Werbung gemacht. Glauser, der in seinem Brief den Wunsch formulierte, dass der Kriminalroman mehr sein sollte als ein «Zwitterding zwischen einem Kreuzworträtsel und einem Schachproblem», konnte nicht wissen, dass es diesen Krimiautor Stefan Brockhoff im Grunde gar nicht gab. Es ist den Herausgebern Paul Ott und Kurt Stadelmann zu verdanken, dass 70 Jahre später die eigentliche Identität hinter diesem Namen gelüftet wird. Bei Stefan Brockhoff handelte es sich um das kollektive Autorenpseudonym dreier homosexueller jüdischer Emigranten – Dieter Cunz, Oskar Koplowitz und Richard Plaut –, die Mitte der 1930er Jahre in Basel lebten und da zusammen vier Kriminalromane schrieben. Der beste von ihnen, «Musik im Totengässlein», ist nun in der Reihe «Schweizer Texte» neu erschienen.
Dieser «Detektiv-Roman» erzählt von mafiösen Verstrickungen im Basler Weinhandel und von tückischer Industriespionage, beides brisante politische Themen zu jener Zeit. Die städtische Topographie, allem voran das Totengässlein, spielt dabei eine zentrale Rolle in diesem atmosphärisch stimmigen Krimi, mit dem die drei Autoren einerseits präzise Kenntnisse bewiesen, zugleich aber auch kleinliche Fehler machten, etwa bei der allzu deutschen Namensgebung für eingesessene Basler Bürger oder bei der Mark als gängiger Währung. Trotz der einen oder anderen Unzulänglichkeit in der psychologischen Ausgestaltung liest sich der Krimi spannend und anschaulich.
Die vorliegende Ausgabe freilich ist vor allem auch wegen des klärenden Nachworts der beiden Herausgeber eine Trouvaille, die Krimifreunde interessieren muss. Nach ihrer Basler Zeit verloren sich die Spuren der drei Autoren in den USA.
vorgestellt von Beat Mazenauer, Luzern