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Ich mache Selfies, also bin ich

Die Philosophin Isolde Charim widmet sich der antigesellschaftlichen Fliehkraft des Narzissmus.

Ich mache Selfies, also bin ich
Bild: Buchcover Isolde Charim, «Die Qualen des Narzissmus. Über freiwillige Unterwerfung». Wien: Paul Zsolnay Verlag, 2022.

2022 trat die ICD-11 in Kraft, die von der WHO herausgegebene 11. «Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme». Eine der Neuerungen: Narzissmus gilt fortan nicht mehr als psychische Störung. Das passt wie die Faust aufs Auge zu einer Ära, in der die sozialen Medien dazu anreizen, noch die kleinste private Regung zu dokumentieren und öffentlich zu machen, so dass man sich bei vielen Mitmenschen unweigerlich fragt, welchen Genuss sie eigentlich aus ihrer offensiven Verwandlung in eine Oberfläche ziehen. Die Wiener Philosophin Isolde Charim geht in «Die Qualen des Narzissmus» den Gründen solch einer «freiwilligen Unterwerfung» nach, den sie als einen «Rausch der Tautologie des ‘Ich bin ich’» bezeichnet. Dass das bei Zsolnay erschiene Buch weder einen Instagram- noch einen TikTok-Account hat, muss man ihm hoch anrechnen – auch wenn die Nutzer genau dieser «Arenen der Selbstrepräsentation», wie Charim diese Gefilde treffend nennt, die eigentlichen Leser dieser Studie sein sollten. (vsv)

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