Ich bin überfordert – gut so
Zum Auftakt ein Geständnis: ich bin überfordert. Seit kurzem führe ich ein kleines Unternehmen, das wachsen will, wachsen muss. Berufliche und private Aufgaben vermehren sich wie Brote und Fische in der Bergpredigt. Das verursacht Stress. Und Stress gilt als Quelle vieler Übel. Andererseits plagt mich der Gedanke, dass künstliche Intelligenz und die Automatisierung der Arbeit […]
Zum Auftakt ein Geständnis: ich bin überfordert. Seit kurzem führe ich ein kleines Unternehmen, das wachsen will, wachsen muss. Berufliche und private Aufgaben vermehren sich wie Brote und Fische in der Bergpredigt. Das verursacht Stress. Und Stress gilt als Quelle vieler Übel.
Andererseits plagt mich der Gedanke, dass künstliche Intelligenz und die Automatisierung der Arbeit alle Lebensbereiche verändern. Beide Entwicklungen rasen voran, hin zu Fortschritten mit unabsehbaren Folgen. In seinem neuen Buch «Rise of the Robots» beschreibt Martin Ford, wie Maschinen Aufgaben übernehmen, die heute von gut ausgebildeten Anwälten, Radiologen und Journalisten ausgeführt werden. Ford spricht von Horden von arbeitslosen Hochqualifizierten, zornigen Neoluddisten und prognostiziert vor allem eines: die fehlende Konsumkraft unser aller Zukunft. Seine Conclusion? Der Aufstieg der künstlichen Intelligenz entzieht dem Mittelstand Möglichkeiten, mit Leistung und guter Ausbildung sozial aufzusteigen. Oder einfacher: die Zukunft wird erst richtig stressig.
Ich würde meinen: ja, sicher, Freiheit ist eine anstrengende Sache. Sie wissen schon: die Verantwortung, für sich selbst zu sorgen. Wenn Roboter meine Arbeit billiger und besser machen können, muss ich mich anpassen und neu positionieren. Die ständige Neujustierung klingt nicht bloss stressig, sie ermüdet auch. Doch nur für den Moment. Denn Überforderung kann ebenso als Treiber dienen, sich mehr zuzumuten, als einem lieb ist! Die Art, wie man über Überforderung und Stress denkt, kann das Erleben der Überforderung ändern.
Der menschliche Körper hat im Laufe der Jahrtausende erstaunliche Antworten auf mentalen Druck gefunden. Hirndrüsen schütten das sogenannte Kuschelhormon Oxytocin aus, wenn wir uns gestresst beziehungsweise überfordert fühlen. Die Psychologin Kelly McGonnigal plädiert deshalb dafür, Stressreaktionen nicht zu verteufeln, sondern ins eigene Leben einzubringen – und so eine «Biologie des Mutes» zu schaffen. Die Überforderung zwingt uns – ganz positiv gedacht –, über uns hinauszuwachsen. Darum: robotische Arbeit den Robotern! Konzentrieren wir uns auf die Verbesserung unserer menschlichen Fähigkeiten! In diesem Sinne: der «Monat» bleibt dran. Packen wir’s an!
PS: Am 28. Februar stimmen die Schweizer Stimmbürger darüber ab, ob kriminelle Ausländer automatisch ausgeschafft werden sollen. Rechtsstaat heisst, jeden schwerwiegenden Einzelfall auch einzeln zu prüfen. Alles andere ist Tonnen- oder eben Roboterideologie.