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«Ich bin für den Einfluss des Menschen auf den Planeten»
Nikos Sotirakopoulos, zvg.

«Ich bin für den Einfluss des Menschen auf den Planeten»

Der Kapitalismus verbessert das Leben von allen, sagt der Objektivist Nikos Sotirakopoulos. Die Umgestaltung der Umwelt zur Förderung individueller Interessen sei lobenswert.

Anlässlich der Ayn-Rand-Konferenz in Athen hielt der Direktor des europäischen Ayn-Rand-Instituts, Nikos Sotirakopoulos, eine Verteidigungsrede auf die USA. Der charismatische Grieche war einst Sozialist, bis er im Denksystem der russisch-amerikanischen Philosophin Ayn Rand, dem Objektivismus, eine solidere Möglichkeit zur Analyse der Welt und ihrer Probleme fand. Das Gespräch fand in der Nähe der Akropolis im eindrucksvollen klassizistischen Gebäude Zappeion Megaron statt.

Herr Sotirakopoulos, Sie waren früher ein extremer Linker und sind jetzt ein Anhänger von Ayn Rand, ein überzeugter Verfechter des Kapitalismus. Was hat Sie dazu gebracht, Ihre Meinung zu ändern?

Ich habe meine Einstellung gegenüber der Menschheit geändert. Ich las einen Aufsatz von Jean-Paul Sartre – einem ansonsten bedauernswerten Mann – mit dem Titel «Existentialismus ist ein Humanismus». Darin spricht er von Freiheit als einer Art Verantwortung, die alle Möglichkeiten eröffne. Er sagte mir, dass ich ohne Gott auf dieser Erde lebe, dass ich für mein Schicksal verantwortlich sei. Ich kann Gutes wie Schlechtes tun und etwas aus meinem Leben machen.

Wir befinden uns in Athen, der Wiege der westlichen Zivilisation und Philosophie. Was ist Ihrer Meinung nach das Wesen der westlichen Zivilisation?

Die westliche Zivilisation basiert auf der Idee, dass die Welt so ist, wie sie ist – sie ist etwas, das man verstehen kann, dem man einen Sinn zu geben vermag, indem man seinen Verstand einsetzt. Das ist es, was das alte Griechenland grossgemacht hat. Das ist das Prinzip, das jede grosse Zivilisation leitet. Es ist das Prinzip, dass wir wissen können, dass wir Zusammenhänge von Ursache und Wirkung erkennen können. Wenn ich Samen säe, werde ich in sechs Monaten Nahrung haben. Wenn wir den Menschen die Freiheit geben, ihren Verstand zu gebrauchen, werden Wohlstand und Fortschritt die Folge sein. Wann immer wir diesen Ansatz ausprobiert haben, gelang uns Grosses, und wann immer wir davon abgewichen sind, haben wir Kleines geleistet. Der Westen ist übrigens weder geografisch noch von seinen Völkern her etwas Besonderes. Die Idee funktioniert überall, sobald sie umgesetzt wird, ob in Japan, Israel oder Südkorea.

Waren die Vereinigten Staaten das erste Land, das diese antiken athenischen Ideale in der modernen Welt wiederbelebt hat?

Letztes Jahr war ich zum ersten Mal in meinem Leben in Washington, D.C. Ich war erstaunt über die Ehrfurcht vor dem antiken Griechenland, die sich in der Architektur, in der Namensgebung der Gebäude und im Geist der Amerikanischen Revolution ausdrückt. Die Amerikaner waren der Meinung, dass diese Ideen einst Wunder bewirkten und es immer noch könnten. Sie brachten die Idee zurück, dass man frei sein sollte, sein Leben so zu leben, wie man es für richtig hält, indem man seinen Verstand einsetzt, solange man die Freiheiten anderer nicht einschränkt. Leider wandten sie diese Idee nicht richtig an, da sie einen grossen Teil der Bevölkerung, wie Sklaven oder Frauen, nicht berücksichtigten.

Mit Amerika kam etwas Neues: Kapitalismus. Was hat
der Kapitalismus zum Schatz der besten Ideen in der Welt beigetragen?

Der Kapitalismus hat gezeigt, dass Ideen nicht nur etwas Abstraktes sind. Er hat bewiesen, dass Ideen gut sind, wenn sie das Leben der Menschen verbessern, und schuf den Rahmen, in dem sie zu diesem Zweck verwirklicht werden können. Der Kapitalismus gibt einem die Freiheit, seine Macht zu nutzen, um die eigene produktive Vision zu verwirklichen.

Zum Beispiel?

Man wollte von einer Küste zur anderen reisen. Also wurden Eisenbahnen gebaut. Der Traum von sofortiger universeller Kommunikation brachte schliesslich das Smartphone hervor. Der Kapitalismus ermöglicht es den Menschen im Grunde, durch Schaffen und Produzieren zu leben. Sie produzieren vielleicht Kunstwerke, weil es ihre Leidenschaft ist, einen schönen Körper in einem Gemälde idealisiert zu sehen. Andere wollen ein schön gestaltetes Auto oder ein ästhetisches Gebäude haben oder ein gutes Buch lesen.

Es gibt eine weitverbreitete Vorstellung, dass sich die Produzenten von Reichtum für ihre kapitalistische Tätigkeit schuldig fühlen sollten. Sind Sie damit nicht einverstanden?

Warum sollte das ein Schuldgefühl auslösen? Der Kapitalismus besteht im wesentlichen aus zwei Menschen, die sich gegenseitig die Hand reichen. Jemand sagt: «Hey, ich habe da ein Angebot für dich. Bist du dabei?» Und der andere sagt ja. Nun mag dieses Angebot im Kontext mancher Lebensumstände nicht allzu lukrativ klingen, etwa wenn ein Bangladescher für einen Arbeitgeber tätig ist, der ihm 2 Dollar pro Stunde zahlt. Das ist nicht grossartig. Aber die Frage ist: Wie sieht das Leben dieses Arbeiters aus, was sind seine Alternativen? Warum stehen Menschen in Bangladesch Schlange, um in einem scheinbar ausbeuterischen Betrieb zu arbeiten? Weil es so viel besser ist als die Alternative. Unter einem Dach zu arbeiten, ist bereits eine grosse Verbesserung. Der Kapitalist braucht sich nicht zu schämen, wenn er Menschen beschäftigt und damit Geld verdient.

Was steht hinter den Angriffen auf den Kapitalismus?

Nehmen Sie alle schlechten Ideen der letzten Zeit, vom Kommunismus bis zum Faschismus, von der Kritischen Rassentheorie bis zur Frankfurter Schule, und Sie werden eine Gemeinsamkeit finden: die Idee, dass der Mensch nicht die Fähigkeit hat, sich in der Welt zurechtzufinden, dass wir nicht zurechtkommen und nicht auf eigenen Füssen stehen können. Diese Ideen implizieren, dass wir den Schutz der Gruppe brauchen, dass wir determiniert sind, dass wir keinen freien Willen haben oder dass wir in einer Welt leben, die keinen Sinn ergibt. Dies ist eine hoffnungslose Sichtweise. Sie besagt, dass man jemanden brauche, der einen führe, oder eine höhere Sache als sich selbst, der man folgen müsse, wie etwa Mütterchen Russland oder dem Proletariat.

Ist Mutter Natur für die Umweltbewegung auch eine solche höhere Sache?

Lassen Sie mich etwas klarstellen. Menschen wollen ein gutes Leben in einer Umwelt führen, die ihnen nicht feindlich gesinnt und nicht verschmutzt ist. Doch darum geht es den Umweltschützern nicht. Meine erste Frage an die Umweltschützer lautet: Unterstützen Sie die Kernenergie? Nein, das tun sie nicht. Das zeigt mir, dass es ihnen nicht darum geht, eine gute Umwelt zu schaffen. Ihr Ziel ist es, dass die Menschheit so wenig wie möglich in die Natur eingreift. Ihr Standard ist eine Vorstellung von einer Natur, die von der Menschheit unberührt bleibt.

Sie wollen, dass die Natur vom Menschen berührt wird?

Ich bin für den Einfluss des Menschen auf den Planeten. Denn nur so konnten wir überleben. Wir haben überlebt, indem wir Städte, Dämme und Brücken gebaut haben. Das Grundproblem der Umweltbewegung ist, dass sie nicht versteht, was der Mensch ist. Sie verwechselt uns mit all den anderen Tieren, die ihrer Umwelt ausgeliefert sind. Aber wir passen unsere Umwelt an unsere Bedürfnisse an, damit wir gedeihen können. Das Anliegen der Umweltschützer ist nicht in erster Linie das Wohlergehen der Menschheit. Durch unsere Eingriffe in die Natur haben wir die Wunder der modernen Zivilisation geschaffen.

«Durch unsere Eingriffe in die Natur haben wir die Wunder der modernen Zivilisation geschaffen.»

Was ist mit all den negativen Auswirkungen des Menschen auf die Natur, wie beispielsweise dem Plastik in den Ozeanen?

Wenn man sich beispielsweise die Statistiken ansieht, wie viel des Plastiks in den Ozeanen von Plastikstrohhalmen stammt, ist das vernachlässigbar. Und wenn man Umweltschützer in einer Diskussion darauf anspricht, wissen sie das, denn am Ende der Diskussion antworten sie, dass wir wenigstens etwas für die Natur tun, wenn wir solche Strohhalme verbieten. Das heisst so viel wie: Wenigstens haben Sie ein paar Unannehmlichkeiten und Leiden erfahren. Ihr Ideal ist, dass man leiden sollte. Kein Eisbär wird jemals ­dadurch gerettet werden, dass ich keinen Plastikstrohhalm geniesse. Aber wenn wir uns einig sind, dass Opfer und ­Leiden gut sind, wie das Christentum sagt, dass wir für unseren Nächsten, künftige Generationen oder Mutter Erde leiden sollten, warum dann nicht einfach um des Leidens willen leiden? Das ist eine menschenfeindliche Einstellung, die dem Leiden Vorrang vor dem Gedeihen und dem Fortschritt einräumt.

Viele Linke bezeichnen Ayn Rand als egoistisch. Liegt Ihnen etwas an anderen Menschen?

Ja. Und wenn Ihnen Menschen am Herzen liegen, sollten Sie sich als erstes die Frage stellen: Wie kommt es, dass es so vielen Menschen heute besser geht als früher? Der Grund dafür ist, dass Menschen keine hoffnungslosen Fälle oder Opfer sind. Menschen sind kreativ, wir können Veränderungen bewirken. Ich habe festgestellt, dass diese Ideen nicht von den Linken vertreten werden. Sie haben entsprechend ihrer Misanthropie niedrige Ambitionen, und deshalb unterstützt die Linke den grünen Umbau der Wirtschaft und die Abschaffung von Plastik. Es gibt keine Möglichkeit, dass die linke Vision der Welt jemals zu Wohlstand und Blüte führen wird.

«Es gibt keine Möglichkeit, dass die linke Vision der Welt jemals zu

Wohlstand und Blüte führen wird.»

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