Wir brauchen Ihre Unterstützung — Jetzt Mitglied werden! Weitere Infos
Hinter dem Spiegel des Überwachungsstaates

Hinter dem Spiegel des Überwachungsstaates

Barton Gellmann: Der dunkle Spiegel. Edward Snowden und die globale Überwachungsindustrie.

Sprechen Sie schon PRISM, HEARTBEAT, Stellarwind? Oder müssen Sie jetzt erst bei SSO anrufen, besser noch beim ODNI nachfragen, ob man da mehr darüber erfahren darf oder ob das unter NOFORN fällt? Wie, Sie verstehen nur Bahnhof? Das geht leichter: Investigativreporter und dreifacher Pulitzer-Preisträger Barton Gellmann hat die Geschichte der Snowden-Enthüllungen aus eigener Perspektive noch einmal so aufgeschrieben, dass man sie am Strand liegend lesen mag und das Gefühl hat, es sei fast ein Maigret-Roman von Georges Simenon.

Gellmann gehörte neben Glenn Greenwald und Laura Poitras zu den ersten, die von Edward Snowden unter dem Decknamen «Verax» kontaktiert worden sind, um seine Geschichte zu veröffentlichen – nebst geheimem Material. Doch woher weiss der Journalist, ob er nicht einen Wichtigtuer vor sich hat? Wie überzeugt man Chefredakteure, Verleger, Zeitungseigner von der Notwendigkeit der Enthüllung? Gellmann zeigt den beschwerlichen Weg auf, den wichtige Informationen heute immer noch vor sich haben, wenn sie das Licht der Welt erblicken wollen. Ihm schwebte zum Beispiel vor, aus der Anzapfung von u.a. Microsoft, Yahoo, Google, Facebook und anderen durch die NSA (sogenanntes PRISM-Programm) eine Story im «Time»-Magazin zu machen. Nur leider wollte der Unterhaltungskonzern Time Warner sich zu der Zeit gerade vom Magazin trennen; während des Verkaufsprozesses wäre ein möglicher Rechtsstreit wegen einer Investigativstory über Geheimdienste ungünstig gewesen. Nur ein Beispiel von vielen.

Gellmanns Buch ist Krimi, Thriller und Investigativreportage in einem und zeigt, wie sich der Überwachungsstaat seit 9/11 seinen Weg in die Hosentaschen, Wohnzimmer und das Intimleben der Bürger gebahnt hat. «Im Prinzip ist das Internet ein System, dem du dich offenbaren musst, um es ganz geniessen zu können; das unterscheidet es zum Beispiel von einem mp3-Player, den du nutzen kannst, ohne dass du deine Interessen verrätst», schrieb ihm Snowden. «Es ist ein Fernseher, der dir zusieht.»


Barton Gellmann: Der dunkle Spiegel. Edward Snowden und die globale Überwachungsindustrie. Frankfurt am Main: S. Fischer, 2020.

»
Abonnieren Sie unsere
kostenlosen Newsletter!