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Hin und zurück. Lyrische Texte

Mara Kempter: «Hin und zurück. Lyrische Texte». Eggingen: Edition Isele, 2007.

Sprachmoleküle im Bild

Was ist die kleinste sprachliche Einheit? Die Silbe, ein Laut oder ein einzelner Buchstabe? Fest steht immerhin so viel: wer sich mit den Molekülen der Sprache beschäftigt, kann so manche Entdeckung machen, den Wörtern da und dort auf die Schliche kommen – und so auch sich selbst. Von solch anhaltender Beschäftigung zeugt Mara Kempters Band «Hin und zurück».

Angekündigt werden «lyrische Texte», was aber nur die halbe Wahrheit ist. Denn die 65jährige Aarauerin schreibt nicht nur Gedichte, sondern setzt diese auch gestalterisch um. Was der Band also offenbart, sind graphische Gedichte, konkrete Poesie, wie einst Eugen Gomringer sie ins Leben rief. Epigonalität liegt Mara Kempter allerdings fern, sie geht andere Wege, gehorcht den eigenen Regeln. Konsequent bedient sie sich der Kleinbuchstaben der klassischen Schreibmaschine (nicht etwa Courier, wie heute jeder Computer sie als auszuwählende Schrift aufgelistet hat). Je nach Text sind die Zeilen linksbündig gesetzt, befinden sich auf einer Mittelachse oder sind in versetzten Blöcken arrangiert. Graphik und Text gehen eine Symbiose ein, das eine lässt sich ohne das andere nur schwer oder nur unvollständig beschreiben. Nehmen wir zum Beispiel den Satz: «Die Durchsichtigkeit nicht übersehen.» – Auf der Bedeutungsebene ist unschwer ein Paradox auszumachen, die Autorin würde diesen Satz jedoch nie so schreiben, vielmehr unterteilt sie diesen in elf Zeilen, wobei jede Zeile aus genau drei Buchstaben besteht: «die / dur / chs / ich / tig / kei / tni / cht / übe / rse / hen». Was der Satz vermittelt, spiegelt die graphische Umsetzung; dieses «Bild» schafft, wenn man so will, einen zusätzlichen doppelten Boden. Geschickt entgeht Kempter der Falle der blossen Illustration, nie wird die Graphik zum didaktischen Mittel, ist vielmehr gleichberechtigter Partner beim steten Versuch, «das a sagen zu / b schreiben».

Da kann es dem Leser schon mal «sprech / blasig / glasig» werden, wenn die Buchstaben solcherart tanzen. Es ist eben ganz erstaunlich, was in den einzelnen Wörtern steckt; und es ist schlicht schlagend, wie Mara Kempter uns diese Geheimnisse – eben «Hin und zurück» – offenbart.

vorgestellt von Markus Bundi, Baden

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