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Hilfe, ich hasse Kunst!


Von Zeit zu Zeit werden am Rande des Kunstbetriebs schrille Stimmen laut, die den Kunstmarkt mit Hasstiraden und Zerstörungsphantasien bedenken – und damit die Kunst gar zu retten versprechen. Dieses Phänomen kennt die Kunstgeschichte seit den Futuristen. Hinzu kommt der unterschwellig stets vorhandene Kunsthass des Stammtischs, hinter dem sich allerdings meist eher eine naive und altbackene Sehnsucht nach «Erhabenheit» und «Schönheit» verbirgt. Echte Sorgen bereitet allerdings eine zunehmende Kunstverdrossenheit, die sich in den Sinus-Milieus «moderner Performer» und «expeditiver Intellektueller» ausbreitet. Denn diese urbanen Eliten sind es ja eigentlich, die die Gegenwartskunst durch ihre Kauflust stützen bzw. als Produzenten erst hervorbringen. In dieser Trägerschicht fragt man sich inzwischen: Gibt es zu viel Kunst? Zu viel fade Kunst? Zu viel öde, berechenbare Provokation? Es wächst der Wunsch nach «wirklich grossen», wegweisenden Ideen und Werken, nach «Entschiedenheit», «Leidenschaft» und «Radikalität».

Woran liegt das? Zwar hat der Pro-Kopf-Konsum von Büchern, Filmen, Ausstellungen in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen, das Angebot aber ist noch schneller gewachsen. Besucher und Zuschauer sind deshalb ein umkämpftes Gut. Bereits jetzt bedient sich die Kunst im Kampf um die Aufmerksamkeit des Publikums marktschreierischer Effekte, wobei sie noch spektakelförmiger wird und inhaltlich – tatsächlich! – zu verarmen droht.

Wird also die Gegenwartskunst zum Opfer ihres eigenen Erfolgs? Sorgt der nicht enden wollende Boom von Museen und Sonderausstellungen, Biennalen und Messen, Nachwuchskünstlern und Retrospektiven für einen gefährlichen Überdruss? Permanent Party, permanent Kater? Bevor der Überdruss in Aggressivität umschlägt, bevor aus Kunstverdruss Kunsthass wird – wie wäre es mit einer Kunstpause im neuen Jahr? Mit einer Kunstdiät? Prosecco – nein, danke! Vernissage im Kunsthaus? Nicht schon wieder! Art Basel? Ohne mich! Ja, doch: weniger ist manchmal mehr.

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