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Hier irrte Popper

Müssen der Toleranz und damit der Meinungsäusserungsfreiheit Schranken gesetzt werden, um die offene Gesellschaft gegen ihre Feinde zu verteidigen? Liberale kennen bessere Mittel, um die Freiheit zu sichern.

Hier irrte Popper
V.l.n.r.: Wissenschaftsphilosoph Michael Esfeld, Ökonom Adriel Jost, Unternehmensberater Marc-Felix Otto und Nikos Sotirakopoulos, Dozent am Ayn Rand Institute.

Dass das sogenannte Toleranz-Paradoxon auch nach fast 80 Jahren Stoff für eine abendfülle Veranstaltung hergibt, bestätigt, dass Karl Popper ein grosser Philosoph war. Popper hatte 1945 nach der Erfahrung des Rückfalls in die Barbarei in seinem Werk «Die offene Gesellschaft und ihre Feinde» die These aufgestellt, dass uneingeschränkte Toleranz auch gegenüber Intoleranten dazu führt, dass sich eine tolerante Gesellschaft nicht aufrechterhalten lässt. Eine offene Gesellschaft muss daher gegen ihre Feinde verteidigt werden – für linke Kreise (die ausblenden, dass Popper dabei zu differenzieren wusste) heute oft eine Rechtfertigung für Political Correctness und Cancel Culture gegenüber Andersdenkenden.

«Would you tolerate the intolerant?» lautete der Titel des Events, das am 23. November an der Universität Zürich durchgeführt wurde und vom Ayn Rand Institute und dem Team Freiheit organisiert worden war. Das von Vojin Saša Vukadinović, Redaktor beim «Schweizer Monat», umsichtig geführte Podium mit dem Wissenschaftsphilosophen Michael Esfeld, dem Unternehmensberater Marc-Felix Otto, dem Ökonomen Adriel Jost und Nikos Sotirakopoulos, Dozent am Ayn Rand Institute, war sich weitgehend einig, dass es kein Toleranz-Paradoxon gibt. Die Meinungsäusserungsfreiheit sei für eine offene Gesellschaft zentral, Intoleranz müsse und solle aber im Diskurs bekämpft werden. Bei den Fragen, warum es den Liberalen nicht gelingt, mehr Menschen vom Wert der Freiheit zu begeistern und ob es sinnvoll ist, Alternativen ausserhalb des bestehenden Systems zu verfolgen (weil die Mehrheit sich nicht von liberalen Ideen überzeugen lässt), also beispielsweise private Staaten auf Vertragsbasis zu gründen, endete allerdings die Einigkeit auf dem Podium und im Publikum. Hier zeigte sich wieder die ganze Vielfalt des Liberalismus, seiner Bilder vom Staat und vom Menschen. (pk)

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