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Herausforderung Klimawandel

Bestandesaufnahme und Perspektiven der Klimaforschung

Der vom Deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eingesetzte Sachverständigenkreis «Globale Umweltaspekte» weist schon in der Vorbemerkung seines am Ende des vergangenen Jahres nach einigem Hin und Her vorgelegten Abschlussberichts darauf hin: «Ein kausaler Zusammenhang eines einzelnen Extremereignisses (wie etwa der Flutkatastrophen des Sommers 2002) mit einer beginnenden Veränderung des Globalklimas ist wissenschaftlich nicht belegbar.» (S. 6) Statistische Untersuchungen zeigen keine Korrelation zwischen der Häufigkeit von Extremniederschlägen und der Entwicklung der bodennahen Temperatur. Das vom Essener Physikochemiker Reinhard Zellner geleitete Gremium, dem nicht nur Naturwissenschafter wie die Klimaforscher Guy Brasseur (Hamburg), Martin Claussen (Potsdam) und Jörn Thiede (Bremerhaven), sondern mit dem Volkswirtschafter Gunter Stephan (Bern) und dem Soziologen Peter Weingart (Bielefeld) auch kritische Sozialwissenschafter angehörten, beklagt, Politik und Medien hätten sich in den letzten Jahren darauf versteift, im Klimawandel etwas Böses zu sehen, das es zu verhindern gelte – koste es, was es wolle. Doch es sei unmöglich, den Klimawandel aufzuhalten. «Die bisherige pauschale Annahme, dass Klimaveränderungen ‹negativ› zu sehen seien, sollte durch eine vorurteilsfreie Sicht ersetzt werden, da es nicht um ‹gut› und ‹schlecht› geht, sondern darum, wie mit dem, was da kommt, rational umgegangen wird», meinen die Wissenschafter (S. 52).

Das Kyoto-Protokoll vom Dezember 1997 sei jedenfalls nicht geeignet, das Klima zu stabilisieren. Es habe lediglich politische Bedeutung, denn vor dem Jahr 2070 sei von der Umsetzung der in Kyoto eingegangenen Reduktionsverpflichtungen kein Einfluss auf die Entwicklung der globalen Durchschnittstemperatur zu erwarten. Ohnehin sei dieser Mittelwert für die Ökologie und die menschliche Gesellschaft belanglos. Vielmehr komme es auf die lokalen Auswirkungen des Klimawandels an, die aber kaum absehbar seien. Die Kosten der in Kyoto von der deutschen Bundesregierung übernommenen Verpflichtung zur Reduktion der «Treibhausgase» Kohlendioxid, Methan, Lachgas, Fluorkohlenwasserstoffe und Schwefelhexafluorid bis zum Jahre 2020 werden vom zuständigen Bundesminister auf nicht weniger als 250 Milliarden Euro geschätzt. Inzwischen hat die zweite rot-grüne Regierung in Berlin verkündet, sie werde an dieser Verpflichtung auch dann festhalten, wenn das Kyoto-Protokoll, wie absehbar, gar nicht in Kraft treten sollte.

Der Sachverständigenkreis stellt die dem Abkommen von Kyoto zugrunde liegende Annahme, zumindest die in den vergangenen drei Jahrzehnten gemessene leichte Erwärmung der Erde gehe überwiegend auf das Konto menschengemachter CO2-Emissionen, nicht ausdrücklich in Frage. Stringent herleiten lässt sich dieser Schluss allerdings aus den Aussagen der Studie keineswegs. Immerhin gehen die Forscher davon aus, die Erwärmung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gehe nicht auf den umstrittenen «Treibhauseffekt», sondern auf verstärkte Sonnenaktivität zurück. Sie geben offen zu, dass die Ergebnisse der von ihnen untersuchten mathematischen Klimamodelle entscheidend von geschätzten Eingabegrössen abhängen und dass die Modellrechnungen gleich mehrere Unbekannte (wie Veränderungen der Landnutzung, des Aerosol- und Wasserdampfgehalts der Atmosphäre beziehungsweise der mittleren Wolkenbedeckung der Erde unter dem Einfluss von Schwankungen der Sonnenaktivität und der kosmischen Strahlung) enthalten, deren potentieller Einfluss auf die Entwicklung der globalen Durchschnittstemperatur grösser ist als der angenommene Einfluss menschengemachter «Treib-hausgase». Sie weisen auch darauf hin, dass das bislang wärmste Jahr seit Menschengedenken (1998) nicht auf CO2, sondern auf ein El Niño-Ereignis zurückgeht. Zudem scheint es in den letzten 10 000 Jahren zumindest auf der Nordhemisphäre mehrmals deutlich wärmer gewesen zu sein als heute: «Rekonstruktionen belegen, dass die Alpen während der letzten zehntausend Jahre wiederholt nahezu frei von Gletschern waren», heisst es in der Studie (S. 43). Auch eine Rekonstruktion des Wechsels von Kalt- und Warmzeiten in den letzten 400 000 Jahren aufgrund von Bohrkernen des Antarktis- oder Grönland-Eises erlaube es nicht, die Rolle von

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