Hello Mr. President!
Könnten wir nicht viel friedlicher und zivilisierter miteinander umgehen, wenn nicht jede Entscheidung eine politische wäre?
Was für ein Albtraum! Mütter sorgen sich um ihre Töchter, Hispanics um ihren Aufenthaltsstatus, Schwarze um ihre Aufstiegschancen. Was soll nur werden unter einem Trump? Mehr Kohle- und Atomstrom, mehr Isolationismus, mehr Protektionismus, mehr Rassismus, mehr «Law and Order». Ein Albtraum, ja. Aber wäre eine Präsidentin Clinton das kleinere Übel gewesen? Korruption und Vetterliwirtschaft, schamlose Interessenpolitik, mehr Steuern und Schulden, sogar mehr Krieg – halb Amerika stockte bei diesem Gedanken der Atem. Was also tun, wenn nur Pest und Cholera zur Auswahl stehen? Da tönt ein verschämtes Hüsteln aus einer Ecke, die im gesamten Wahlkampf keine, wirklich keine Rolle spielte – der liberalen. «Wie wäre es», fragt der Liberale, «mit weniger Politik?» Liegt nicht der Kern des eskalierenden Streits, die Dramatik der ideologischen Schlammschlacht in den USA wie auch in vielen europäischen Ländern in der Tatsache, dass der Staat immer mehr und mehr Lebensbereiche zu seiner Angelegenheit macht? Wenn mein Burger und meine Cola, meine Steuern und mein Gehalt, meine Bildung, meine Gesundheitsversorgung, meine Strassen und Autos, meine Filme und Musik, meine Wohnung, Energie- und Wasserversorgung, mein Joint und meine Abtreibung, meine Ehe und mein Glaube, die Auswahl meiner Mitarbeiter und die Zulassung meiner Arbeitgeber, mein Heimatort und die Rohstoffe meiner Unterwäsche durch Vater Staat vorbestimmt, gefördert oder verboten werden, dann ist es von essenzieller Bedeutung, dass dieser nach genau meinen Vorstellungen geführt wird. Alles andere würde schliesslich mein Leben verpfuschen. Die «falsche» Politik ist dann keine Frage höflicher Konversation und intellektueller Neugierde mehr, sondern ein bitterer, brutaler Kampf.
Könnten wir nicht viel friedlicher und zivilisierter miteinander umgehen, wenn nicht jede Entscheidung eine politische wäre, sondern häufiger eine private? Ob nun ein rinker oder lechter Dummkopf im Weissen Haus sitzt, wäre dann weniger wichtig.