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Hayeks Traum wird wahr

Seit Jahrzehnten denken visionäre Ökonomen über ein Geldsystem der Zukunft nach. Über eine Idee, deren Zeit gekommen ist.

 

Um die bürgerliche Gesellschaft zu zerstören, muss man ihr Geldwesen verwüsten», soll Wladimir Iljitsch Uljanow, auch Lenin genannt, einmal gesagt haben. Die Zentralplaner und Geldsozialisten in allen Parteien, Zentralbanken und Regierungskreisen, die Nutzniesser des billigen Geldes, haben innerhalb der letzten rund 100 Jahre das wichtigste Gut der Marktwirtschaft, das Tauschmittel, monopolisiert. Dessen Preis und Produktionsmenge lenkend, zerstören sie dadurch die marktwirtschaftliche Gesellschaft, indem sie das einst marktwirtschaftliche Geldwesen zerstören. Nicht erst seit der internationalen Kreditmarktkrise des Jahres 2007 entsteht die wichtigste Preisinformation einer funktionierenden Marktwirtschaft fatalerweise nicht mehr in einer spontanen Ordnung der Wettbewerbskräfte. Das geldökonomische Phänomen Bitcoin könnte dies ändern.

Geld sollte Marktprinzipien unterstehen

Die Erkenntnis, dass gutes Geld ein privates, spontan am Markt entstehendes Gut ist und keiner Intervention der Regierung oder Notenbanken bedarf, wurde bereits früh gemacht. Der Begründer der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, Carl Menger, erkannte dies in seinen «Grundsätzen der Volkswirtschaftslehre» im Jahre 1871. Streng genommen greift er hier auf die Schriften der spanischen Scholastiker aus dem 15. und 16. Jahrhundert zurück. Bereits 1382 schrieb Bischof Nikolaus von Oresme, dass Geld das Ergebnis des freien Marktprozesses sei und keinerlei Staatseingriffe bedürfe. Das Bedürfnis nach einem Tauschmittel lasse Geld spontan am Markt entstehen. Es existiere nicht dank Notenbanken, sondern vielmehr trotz der andauernden Interventionen derer, wie uns die Geldgeschichte lehrt. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek verfasste 1976 sein Werk «Entnationalisierung des Geldes», in welchem er für freien Geldwettbewerb plädierte. Ein Jahr zuvor machte er bei einer Vorlesung in London den Vorschlag, mittels freier Währungswahl die damalige Inflation zu stoppen.

Geld sollte – wie jedes andere Gut auch – frei am Markt produziert werden und dem Ordnungsprinzip des Marktes unterstehen. Hayek begründet dies wie folgt: Ist die Preisinformation des Tauschmittels durch ein Monopol verfälscht, sind es jegliche anderen Preisinformationen in einer Marktwirtschaft auch. Der Koordinationsmechanismus der Preisfindung kann seine Aufgabe nicht mehr erfüllen. Zweifel hatte Hayek dabei vor allem hinsichtlich der Geldstabilität. Hayek wusste, dass es in einem freien Marktsystem kein stabiles Geld geben kann, da sich der Wert des Geldes, sein Grenznutzen, subjektiv und intertemporal fortlaufend ändert. Bei seinem Lehrer, Ludwig von Mises, erkannte er in der damaligen «Socialist Calculation Debate» die Unmöglichkeit der Wirtschaftsrechnung im Sozialismus. Hayek verstand, dass ein monopolistischer Geldproduzent immer versagen wird, da die Geldmenge sowie der künstlich gesetzte Grenznutzen des Geldes immer zu hoch oder zu tief sein werden. Dadurch ist «stabiles Geld» ein «Es-soll-sein»-Versprechen der (Geld-)Planwirtschafter.

Jedes System ist endlich

Der Zeitpunkt des Erscheinens von Hayeks «Entnationalisierung des Geldes» dürfte kein Zufall gewesen sein. Als US-Präsident Nixon im Jahr 1971 offiziell das Goldfenster schloss, entstand weltweit ein Währungssystem, welches ein beispielloses monetäres Experiment wagt: «Ein System, in dem alle wichtigen Währungen der Welt mit einem nicht einlösbaren Papiergeldstandard operieren», wie Milton Friedman festhielt. Es zeichnet sich aus durch Währungen, die von staatlichen Zentralbanken de facto in beliebiger Menge produziert werden, durch ungedecktes Papiergeld sowie ein Teilreservebankensystem, welches durch die künstliche Zinssetzung der Notenbanken seinerseits zur Geldschöpfung beiträgt. Damit haben die Regierungen den lang gesuchten Stein der Weisen gefunden, um sich ihrerseits billig verschulden zu können und im Sonderinteresse ihrer sich abwechselnden Klientel nicht nur Kriegs-, sondern vor allem auch Wohlfahrtsstaatsfinanzierung zu betreiben.

Hayek sah voraus, was mittlerweile eingetreten ist: dass ein Geldmonopolist ohne die natürliche Begrenzung der Geldmenge durch die Golddeckung und ohne den Ordnungsrahmen der Marktkräfte eine in Friedenszeiten in dem Ausmass noch nie dagewesene Produktionsmengenausweitung des Tauschmittels vornehmen konnte. Es ist kein Zufall, dass dadurch die Staatsverschuldung chronisch anwuchs und dass das internationale Finanzsystem dadurch von immer grösseren Verwerfungen heimgesucht wurde und werden wird. Die Gier der mit billigem Fremdkapital gefütterten Banker frass deren Hirn. Fehlallokationen und der immer weiter auseinanderklaffende Graben zwischen Entscheidungen und Haftung förderten Vermögenspreisblasen wie in Japan Anfang der 90er Jahre, die Mexiko- und Asienkrise, die Dotcom Bubble im Jahr 2001 sowie die durch massive Fehlallokationen im Kreditmarkt hervorgerufene Staatsschuldenkrise von 2007. Die Gier frass aber auch das Hirn der zuständigen Politiker, welche ihrerseits die Staaten in exzessive Verschuldungen trieben, gefüttert von der Möglichkeit der Verschuldung zum vermeintlichen Nulltarif.

«Die Gier der mit billigem Fremdkapital

gefütterten Banker frass deren Hirn.»

Bitcoin erblickt das Licht der Welt

Hayek sprach 1984 in einem Fernsehinterview einen zentralen Punkt an: «Ich denke nicht, dass wir je wieder gutes Geld haben werden, wenn wir es nicht aus den Händen der Regierung nehmen; alles, was wir tun können, ist, etwas einzuführen, was sie nicht stoppen können.» Dabei dachte Hayek an ein Tauschmittel, welches spontan am Markt entsteht und sich der Kontrolle durch die Regierungen und Notenbanken entziehen kann. Er forderte dabei nicht die Abschaffung des staatlichen Geldmonopols, sondern lediglich das Zulassen von Wettbewerb in der Produktion des Geldes. Ein Beispiel, dass solches Marktgeld sofort im Namen des Geldmonopols und der Antiterrorbekämpfung zerstört wird, lieferte Bernard von Nothaus mit seinem «Liberty Dollar», welcher 2006 als Verbrechen eingestuft wurde.

Mit dem Erscheinen des «Crypto Anarchist Manifesto» im November 1992 wird ein weiterer zentraler Grundstein für die Entstehung des Bitcoin gelegt. Der Verfasser Timothy May war sich bewusst, dass er damit wohl eine entscheidende Entwicklung in der Cypherpunkszene ermöglichte: Durch Public-Key-Verschlüsselung und kenntnisfreie Beweistransaktionssysteme wurde das Verschicken von Daten aller Art anonym und ohne Intermediär oder Intervention Dritter ermöglicht. Für Milton Friedman war sogleich klar, dass das aufkommende Internet neue Möglichkeiten im Bereich der Geld- und Umlaufmittel bringen würde: «Was fehlt, aber bald entwickelt werden wird, ist ein verlässliches E-Geld», liess er sich 1999 in einem Interview mit der Taxpayers Union zitieren. Erste Experimente mit elektronischen Währungen erfolgten in der Cypherpunkszene. Es sollte aber erst der Interventionsexzess im Nachgang der 2007er Krise sein, welcher Satoshi Nakamoto (das Pseudonym des oder der Bitcoin-Entwickler) veranlasste, sein Bitcoin-Protokoll zu veröffentlichen. Mutmasslich tat er das aus überzeugter Kritik an den Bankenrettungen und der systemischen Instabilität des Geldsystems durch das Teilreservebankensystem, wie man dem «Genesis-Block», dem ersten Block der Bitcoin-Blockchain, entnehmen kann. In diesen war die Schlagzeile des Tages eingraviert: «Chancellor on brink of second bailout for banks», die Titelstory der «London Times» des 3. Januar 2009.

Bitcoin als Phänomen des Geldwettbewerbs

Bitcoin als ein geldökonomisches Experiment und eine Form von privatem, spontan am Markt entstandenem Geld- und Umlaufmittel ist zweifelsfrei eines der spannendsten Projekte für Verfechter einer wettbewerblichen Geldordnung. Bitcoin ist zugleich ein Beweis, dass Geld kein öffentliches Gut ist, wie allgemein angenommen wird. Geld (und Bitcoin) erfüllt nicht die Eigenschaften eines öffentlichen Gutes, namentlich die Nichtrivalität im Konsum und die Nichtausschliessbarkeit im Konsum. Bitcoin erfüllt die wesentliche Funktion des Geldes: die Tauschmittelfunktion. Wie Ludwig von Mises bereits 1912 darlegte, sind die Recheneinheits- und die Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes lediglich Unterfunktionen der Tauschmittelfunktion. Dabei sind die Recheneinheitsfunktion des Geldes als in Güter ausgedrückte Tauschrelation des Tauschmittels sowie die Wertaufbewahrungsfunktion als eine Erhaltung der Kaufkraft hinsichtlich späterer Tauschmitteltransaktionen zu verstehen. Ein Ausblick, wie Bitcoin diese erfüllen werde, wäre eine Anmassung von Wissen. Fest steht aber: Bitcoins nonzentrale Struktur ist ein wesentliches Hindernis für die Intervention der Geldmonopolisten.

Durch starke Netzwerkeffekte und strikte Begrenztheit der Geldmenge wurde es zu jenem Geld- und Umlaufmittel, welches in den vergangenen zehn Jahren am stärksten an Kaufkraft zulegen konnte. Insbesondere Millennials erfreuen sich am neuen Geldwettbewerb der Kryptowährungen, unabhängig ihrer Erwartungshaltung, ob damit etwas erfunden wurde, was die Geldmonopolisten nicht zu stoppen vermögen, und ob Babylon auch dieses Mal fallen wird – was es dereinst wird.

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