Hassliebe zum Kartell
Der Wettbewerb in der grössten Branche überhaupt ist bedroht.
Das Kartellrecht und seine Anwendung sind wieder vermehrt in der Diskussion. Die EU geht gegen «böse» Tech-Giganten vor – die aber nur so gross sind, weil sie alle ganz freiwillig nutzen. Die Schweiz kämpft gegen teure Markenprodukte – weil hierzulande alle Schweizer Löhne und gleichzeitig ausländische Preise wollen. Aus liberaler und aus wirtschaftswissenschaftlicher Warte ist mit Fug zu hinterfragen, ob den Kartellen mit dirigistischem Staatseingriff zu Leibe gerückt werden soll. Gerade in einer Welt, in der die Bedeutung der Software – im engeren und weiteren Sinne des Worts – gegenüber der Hardware zunimmt, dürften die Markteintrittshürden insgesamt abnehmen. Daher stellt sich die Frage, ob langfristig nicht das Gegenteil erfolgreicher wäre: Deregulierung und Marktöffnung, was von manchem Produzenten und leider immer auch wieder von bürgerlichen Politikern bekämpft wird.
Immerhin hat das Schweizer Parlament den Bundesrat nun gegen dessen Willen beauftragt, die Wettbewerbsbehörden etwas zurückzubinden. Anlass war das Elmex-Urteil – ein Entscheid bezüglich einer sogenannten vertikalen Absprache. Als wäre der Konsument nicht mündig genug, zur günstigeren Zahnpasta im Regal daneben zu greifen, wenn ihm der Preis wichtiger ist als die Marke.
Eigentlich schizophren wird der Umgang mit Wettbewerb dann, wenn die gleiche Obrigkeit, die gegen Grosskonzerne rhetorisch und regulatorisch vom Leder zieht, die eigenen Dienstleistungen je länger, je unverfrorener abzusprechen versucht. Wenn nicht gerade die Weltregierung erträumt wird, so nimmt doch das Weltkartell der Steuerbehörden langsam Form an: Die geplante Einführung einer weltweiten Mindeststeuer ist das vielleicht gefährlichste politische Fanal seit Jahrzehnten. Es reduziert den Wettbewerb in der grössten Branche überhaupt – jener der staatlichen Dienstleistungen – zwar nicht komplett, schafft in dieser Universalität aber das erste pickelharte Preiskartell. Macht dies weiter Schule, geht es nicht mehr nur um Zahnpasta, sondern um die Freiheit an sich.