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Geschrieben, gemalt; gestorben mit 22

Heinz Bütler & Wolfgang Frei (Hrsg.): «Die Nacht ist heller als der Tag. Das kurze Leben des Malers Andreas Walser.» Bern: Benteli, 2007.

«Es ist finster sagt ihr und ihr fürchtet die geheimnisvolle Nacht. Ich sage euch: ‹die Nacht ist heller als der Tag.›» Andreas Walser hat geschrieben, gezeichnet und gemalt in der Schlaflosigkeit der Grossstadt Paris um 1930. Zwischen Euphorie und Todessehnsucht entsteht ein umfangreiches, eigenständiges Werk. Dieser jung verstorbene Mensch scheint zu sensibel gewesen zu sein, um in der Welt zu bestehen. Drogenexzesse, innere Zerrissenheit und die Zwienatur der Talente waren die tödliche Mischung dieses kurzen Lebens. Einfühlsam wird in dieser Monographie nicht bloss die rasante künstlerische Entwicklung gezeigt, sondern auch die überschäumende Freude und das abgrundtiefe Unglück, die die verletzliche Seele des jungen Künstlers schüttelten. «Ich glaubte das leben zu träumen – ich verlor mich in unmöglichen träumereien» schreibt Walser angeregt von geplanten Übersetzungsarbeiten. Die Nacht, der Ort des Traumes war das Refugium, wohin er sich, überreizt von der Welt, zurückzog.

Die Monographie besteht einerseits aus Walsers Biographie, anderseits wird ein Überblick über sein malerisches Werk vermittelt. Die im biographischen Teil abgebildeten, quer gelegten, sich überschneidenden Fotos vermitteln den Eindruck, als seien sie mit einem Griff aus der Photokiste hervorgezogen worden. Die Bilder sind sorgfältig ausgeleuchtet, manche Photos mit Abbildungen von Walsers Handschriften unterlegt, von weiteren Photos überlagert. Walsers malerisches Werk, geprägt vom Aufenthalt in den Pariser Künstlerkreisen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, spiegelt die kubistischen und surrealistischen Bildexperimente wider. Seine Bilder erinnern an Matisse, de Chirico, Braque, Léger und an Picasso, der einer seiner Förderer war. Notizen, Bilder, Photos und Skizzen sind Zeichen seiner intensiven Auseinandersetzung mit den zeitgenössischen Einflüssen, seiner Suche nach dem idealen Medium, nach dem eigenen Stil, der sich jedoch kaum herauskristallisiert. Diesen Mangel kompensiert Walser in einer geglückten dandyhaften Selbststilisierung im Schatten von Cocteau und den opiumgedrogten «garçons de Paris». Halb Biographie, halb Kunstbuch in opulenter Qualität mit raffiniertem Layout; informativ und schlicht ergreifend.

Vorgestellt von Christine E. Kohli, Bern

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