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Gelebte Zivilgesellschaft

Zum freiwilligen Geben heute und in Zukunft

Gelebte Zivilgesellschaft

«Wir bekennen uns zu der Überzeugung, dass sich die Demokratie und die Freiheit, die wir meinen, im Grunde nur im überschaubaren Raum der lokalen Gemeinschaft ganz entfalten kann, in der es dem Menschen möglich ist, im vollen Sinne Bürger zu sein, und dass darum die Gemeindedemokratie das tragende Fundament einer Stufenordnung der Gemeinschaft ist, die jede Beratung, Entscheidung und Durchführung öffentlicher Aufgaben dem kleinsten Kreis zuweist, in dem sie sinnvoll stattfinden können.»


Herbert Lüthy: Vom Geist und Ungeist des Föderalismus. In: Ders.: Werke IV. Essays II. 1963–1990. Hrsg. von Irene Riesen und Urs Bitterli. Zürich: Verlag Neue Zürcher Zeitung, 2004. 


 

Bereits 1964 arbeitet sich der liberale Historiker Herbert Lüthy in seinem Vortrag «Vom Geist und Ungeist des Föderalismus» am Status quo des föderalen Systems der Schweiz ab. Er bemängelt dessen platte Romantisierung in der Öffentlichkeit bei gleichzeitiger, schleichender Aushöhlung durch zu wenig Bürgersinn im Privaten. Diese Kollektivmystifizierung bei schwindendem republikanischem Einsatz vor Ort sorge dafür, dass immer mehr grossen Worten immer weniger zivilgesellschaftliche Nachweise in Form von Taten folgten.

Lüthys Gedanken könnten heute, wenige Monate bevor das Vorstandsmitglied des Vereins zur Herausgabe der «Schweizer Monatshefte» 100 Jahre alt geworden wäre, aktueller kaum sein: In Sonntagsreden von Politikern gilt der selbsttätige und dem Gemeinwohl verpflichtete Bürger weiterhin als Ideal – sein tatsächliches, meist lokales Engagement aber wird nicht selten ausgebremst durch veraltete Gesetzgebungen, bürokratische Hemmnisse und die stetige Ausweitung der Kompetenzen und Tätigkeiten von Bund und Kantonen. Hinzu kommt: wer sich als grosszügiger Stifter oder als Freiwilliger (etwa im Milizwesen) für das Gemeinwohl engagiert, wird nicht selten kritisch beäugt oder belächelt.

Diese Sonderpublikation rückt deshalb den sozialen Wert des freiwilligen Gebens und Mittuns wieder in den Fokus und soll als Motivation dienen, an den Scharnierstellen eines einzigartigen Bürgerstaats mitzuarbeiten – in Form privater, möglichst effizienter Initiative, die ein soziales Miteinander, das diese Bezeichnung auch verdient, ermöglicht. Denn, so noch einmal Herbert Lüthy: «Es ist ein Missbrauch des Begriffs Föderalismus, ihn zur Parole des untätigen Treibenlassens, des Neinsagens und des Barrikadenbaus gegen die Zukunft zu machen.»

Anregende Lektüre wünscht

Michael Wiederstein
Chefredaktor

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