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Geld, Gold und Gottspieler: Am Vorabend der nächsten Weltwirtschaftskrise

Roland Baader
Geld, Gold und Gottspieler: Am Vorabend der nächsten Weltwirtschaftskrise
Gräfelfing: Resch Verlag, 2004.

Roland Baader gehört zu den prominenten Radikalliberalen, einer Spezies, die in Deutschland nicht gerade zahlreich vorkommt und die sich ihrem Wesen nach auch nicht als politische «pressure group» organisieren lässt. Seine Bücher sind wahre Vulkanausbrüche des Anti-etatismus und wirken in der bis weit in liberale Kreise hinein obrigkeitsgläubigen Bundesrepublik wie reinigende Gewitter. Es ist zu hoffen, dass sein neuestes Buch auch jene jüngere Leserschaft erreicht, deren Glaube an das unbegrenzte Wohlwollen der Regierung, sei sie nun links oder rechts oder gar in einer Koalition verbandelt, in jüngster Zeit immer mehr erschüttert wird. Nachdem wir uns an den Alarmismus aus der grünen Ecke schon ziemlich gewöhnt haben – angesichts einiger tatsächlicher Probleme vielleicht sogar allzusehr – entwickelt sich vor allem bei der jungen Generation das dumpfe Gefühl, möglicherweise sei der Wohlfahrtsstaat doch nicht so nachhaltig praktizierbar, wie dies immer behauptet worden ist. Nachdem das Waldsterben nicht stattgefunden hat, steht uns möglicherweise das «Rentensterben» bevor, wobei die Renten von niemandem «geklaut», sondern einfach nicht mehr mit dem ursprünglichen Gegenwert ausbezahlt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass das staatliche Füllhorn irgendwann einmal leer sein könnte, ist mehr als nur ein neo-liberales Schreckgespenst. Es beginnt diesbezüglich nicht nur die Suche nach Schuldigen, sondern auch das Evaluieren von Alternativen zur heutigen Mischform von Kapitalismus und Wohlfahrtsstaat, die sich immer mehr als Missform entpuppt.

In dieser Atmosphäre liegt Roland Baader mit seinem Buch im Trend. «Dass der Turmbau zu Babel zu Ende ist und die Industrienationen in eine Periode der Verarmung eintreten», steht für ihn fest. Der Grund dazu wird schon im Vorwort erwähnt: «Das falsche Geld, das nationalisierte – also sozialisierte Papiergeldsystem, welches den monetären Kreislauf sukzessive vergiftet und die Leistungskräfte der Volkswirtschaften zerstört». Baader möchte das Krankheitsbild der Industriestaaten «nach Art des Mediziners» diagnostizieren. Die Droge, die krank macht, ist für ihn das Scheingeld, der Patient ist der Kapitalismus.

Das Buch gliedert sich in eine «Krankengeschichte», eine «Diagnose» und eine «Therapie», «die zur Heilung führen könnte, wenn sie zur Anwendung käme» (S. 15). Alarmisten sind selten auch Optimisten. Ihr Optimismus besteht höchstens darin, dass sie hoffen, ihre warnende Stimme werde gehört und eine Umkehr, bzw. ein mehr oder weniger geordneter Rückzug aus Fehlstrukturen könne doch noch rechtzeitig stattfinden. Irgendwo ist wohl auch noch das Körnchen Hoffnung verborgen, dass rechtzeitige Einsicht das Schlimmste werde verhindern können, nämlich den totalen Zusammenbruch in einer Weltwirtschaftskrise.

Das Kapitel über das Wesen des Geldes beginnt mit einer Lobeshymne auf den Kapitalismus, die sich wie eine historisch argumentierende scharfe Abrechnung mit der marxistischen Kapitalismuskritik liest. Angesichts der Tatsache, dass diese, wenigstens in Bruch- und Versatzstücken, auch von der bürgerlichen Geschichtsschreibung erstaunlich unkritisch rezipiert worden ist, sind diese Ausführungen alles andere als überflüssig. Das Originelle daran ist die Art und Weise, wie Baader zu einer kapitalistischen Selbstkritik ausholt und überleitet. Den entscheidenden Sündenfall ortet er – in treuer Nachfolge des grossen Liberalen Ludwig von Mises – in der Abkehr von der Goldwährung, die als Einfallstor zur staatlichen Schuldenmacherei wirkte. Sowohl die Anhänger der Edelmetallwährung als auch die Kritiker der galoppierenden Staatsverschuldung – Baader spricht von «Ozeanen aus Scheingeld und Schulden» – sind unter den etablierten Ökonomen Aussenseiter. Der sogenannte «Debitismus», der die Staatsverschuldung mit einer Drogensucht vergleicht, wird vom Mainstream der mehr oder weniger konsequenten Kapitalismusbefürworter entweder nicht ernst genommen oder in die Sektenecke abgedrängt. Baader moniert mit guten Gründen, es könnte sich hier auch um einen kollektiven Verdrängungsmechanismus handeln, der sich früher oder später auch in der Wissenschaft rächt. Wer mit einer zutiefst unangenehmen Botschaft die vorherrschende Übereinkunft stört oder sie in Frage stellt, ist kaum je beliebt.

Friedrich August von Hayek hat als Alternative zu einer Rückkehr zum Goldstandard (die er für sehr schwierig bis unmöglich hielt) die «Denationalisierung des Geldes» postuliert – ein Vorschlag, den viele Ökonomen für bedenkenswert halten, der aber noch sehr weit von der Realisierbarkeit entfernt ist. Wer – wie Hayek und Baader – um den engen und heute zwingenden Zusammenhang von Geld und Staat weiss und darunter als überzeugter Antietatist leidet, kann seine Hoffnung nicht allein auf die Unabhängigkeit der Notenbanken setzen.

Baader zitiert Hayek wie folgt: «Wenn man die Geschichte des Geldes studiert, kann man nicht umhin, sich darüber zu wundern, dass die Menschen den Regierungen über so lange Zeit eine Macht anvertraut haben, die sie über 2000 Jahre hinweg in der Regel dazu gebrauchten, die Untertanen auszunützen und zu betrügen.» (S. 267). Im 19. Jahrhundert haben viele Menschen den verlorenen Gottesglauben durch den Glauben an den Staat ersetzt. Der Staat ist für sie zum Problemlöser schlechthin geworden. Wenn sich nun Staat und Geld aufs engste – das heisst auf Gedeih und Verderb – miteinander verbinden, versteht man auch den dritten Begriff des Buchtitels: «Gottspieler». Allein der Untertitel «Am Vorabend der nächsten Weltwirtschaftskrise» gerät einem Radikalliberalen, dem jegliche Prognosen ein Greuel sind, in den falschen Hals. Aber er wird wohl dem aufrüttelnden Buch einige zusätzliche Leserinnen und Leser bringen, was sehr zu wünschen ist.

besprochen von Robert Nef

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