Gegen die Personaliserung ökonomischer Vorgänge
Wie ein Knick die Beleuchtung ändern kann Die Anzeichen mehren sich, dass sich die atlantisch-japanische Wirtschaft einer eher ungewohnten
Art von Rezession nähert, die komplexe makroökonomische Ursachen hat. Die um sich greifende
Personalisierung, Moralisierung und Psychologisierung der Probleme verstellt den Blick auf die viel
wichtigeren und an sich bereits hinreichend kritischen Fundamentalfaktoren.
Man muss in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte weit zurückblättern, um einer derartigen Häufung von Konkursen, Beinahe-Kollapsen und (zumindest scheinbaren) Skandalen zu begegnen, wie wir sie zur Zeit erleben. Eine Generation unternehmerischer – und, wie es scheint, auch moralischer – Versager wird durch die Bilanzen beschämt, durch den Markt abgewählt, durch die öffentliche Meinung und in Einzelfällen auch die Gerichte abgeurteilt. Eine Generation von Figuren, deren Bilder eben noch die Rednerpulte von Wirtschaftstagungen und die Titelseiten der Magazine geziert hatten, verlässt leck gewordene Firmen mit Rettungsringen aus Verträgen, die ihren Ursprung in besseren Zeiten verraten.
(Un-)Heilslegenden
Eine Rezession bringt einiges an den Tag, was bei Fortsetzung des Booms, bei Erfüllung der Erwartungen, nie ans Licht gekommen wäre und vieles, was bei anhaltend gutem Wetter in einem anderen Lichte erschienen wäre. Kühne strategische Ausrichtungen von Firmen, die allgemein bekannt waren und eine ausgesprochen positive Presse erhalten hatten, werden zu Fehlern umetikettiert und deren Urheber zu Versagern gestempelt. Entlohnungsschemata, die zuvor höchstens die ewigen Neider und Weltverbesserer empört hatten, erhalten das Stigma der Plünderung. Interne Vertragsarrangements und Institutionen, die unter der Hochdruckwetterlage des selbstbestätigenden Aufschwungs als geheime Trümpfe im Akquisitions- und Haltewettbewerb um bekannte und erfolgreiche Führungskräfte galten und die ohne den Konjunkturknick gute Chancen hatten, als kreative Innovationen gefeiert zu werden, erscheinen im schwächlich flackernden Licht der Stagnation plötzlich manch einem als Manifestationen verwerflicher Raffgier. In der veränderten, morbiden Umgebung riecht, was vor dem alten Dekor der roaring nineties noch als Gerissenheit in einem gesamtwirtschaftlichen Positivsummenspiel wahrgenommen wurde, verdächtig nach Abriss und Untreue in einem Null- oder Negativsummenspiel. Eitelkeit und oder Raffgier gelten als die tiefenpsychologischen Ursachen, strategische Fehler als die wirksamen Ursachen, ruinierte Firmen als die Folge der unheilvollen Paarung von Inkompetenz und Sittenlosigkeit. Unprofessionelle, unehrenhafte, unbescheidene Figuren haben im Urteil der Masse, der Medien und der akademischen Gutmenschen die Krise herbeigeführt; professionelle, rechtschaffene, bescheidene Persönlichkeiten müssen und können die Dinge wenden. Figuren, die zwar für die Allgemeinheit nicht gerade das Schlechte wollten, es aber in ihrem Ehrgeiz als Eventualität in Kauf nahmen, müssen durch Persönlichkeiten ersetzt werden, denen das Gute für alle (für alle stakeholders) bewusster Antrieb und erklärte Ambition ist und die diese Verheissung dank herausselektionierter Intelligenz, geschulter Professionalität und universitär gelernter Ethik auch einzulösen verstehen.
So ungefähr klingt die fromme Legende von Hybris und Nemesis, die derzeit unter Rechtgläubigen Kurs hat.
Personalisierung von Gut und Böse
Eines durchzieht diese Unheils- und Heilslegende von Aufstieg, (Sünden-?) Fall und Auferstehung: Es ist die Personalisierung des Geschehens. Zuerst schien es (nicht zuletzt den sich selbst feiernden Protagonisten selbst), als seien die dramatis personae geniale und gerissene Macher einer neuen Zeit historisch beinahe beispiellosen Wohlstandswachstums; nun erscheinen dieselben Personen plötzlich (zumindest den frommen äusseren Beobachtern) gleich reihenweise als dumme bzw. rücksichtslose Räuberbarone. Die Rezession, so der derzeitige Konsens, hat benennbare Urheber. Und folgerichtig muss auch die Erlösung durch den Wiederaufschwung benennbare Urheber haben. Diese Ritter ohne Fehl und Tadel zu finden, ist die Aufgabe der Unternehmer, ihrer Headhunters und der den Markt alimentierenden Managerschulen.
Unwillkürlich mündet diese Wahrnehmung der Ereignisse in eine Dramatisierung, Moralisierung und Personalisierung des Geschehens.
Die fromme Legende mit ihrem Standardpersonal von Guten und Bösen, von Könnern und Versagern, mit ihrer Heilserwartung aus innerer Umkehr ist zwar letztlich nichts anderes als die Fortsetzung mit umgekehrtem Vorzeichen der Personalisierung des Booms. Ihre Folgen könnten jedoch in der Rezession besonders verheerend sein, weil sie von Zusammenhängen abzulenken tendiert, die nicht personell benannt werden können. Die Personalisierung könnte als harmlose Pop-Theorie abgetan werden, würde sie nicht den Blick auf reale Gefahren und fundamentale Verkettungen verstellen, denen gegenüber das ganze Drama mit seinen sichtbaren Schauspielern nur Oberflächenspiel ist. Sie lenkt ab von Umständen und Mechanismen, die durch neues Personal an der Spitze nicht beherrscht werden können.
Normale Rezession oder langwierige Korrektur?
Die sich seit 2001 anbahnende Rezession könnte sich als eine normale Nachkriegsrezession entpuppen. Der Ablauf der Ereignisse wäre dann einigermassen voraussehbar. Eine – möglicherweise an einer einfachen Geldpolitikregel orientierte – Geldpolitik der vorübergehenden entschlossenen Zinssenkung würde eher früher als später Investitionen und Konsum stimulieren und damit elegant auf den Potentialwachstumspfad zurückführen. Die Output-Lücke würde sich wieder schliessen, die Inflation auf ein sehr niedriges, aber nicht negatives Niveau sinken, und die Beschäftigung dank Selbststabilisierung und monetärer Fernlenkung auf Hochbeschäftigungsniveau zurückkehren. Ein paar wenige Firmen würden auf der Strecke bleiben, deren Gläubiger würden zu Aktionären werden, die aus den Konkursmassen unfreiwillig ererbten Kapazitäten würden wieder ausgenützt, und das Wachstum kehrte auf seinen langfristigen Pfad zurück. Die CEOs, welche die Rezession überlebten oder in deren später Phase an Bord kamen, könnten sich – in Fortführung der alten Fehlzurechnungen – abermals als die genialen Architekten des Turnaround fühlen, und ihre Bewunderer in Akademie und Medien hätten wieder Vorbilder.
Einige Details der momentanen Rezession wollen indessen nicht ganz zu diesem Muster passen. So vermisst man im Boom das Aufbäumen der Inflation, danach in der Stagnation das vorübergehende Beharren der Inflation, das seit den siebziger Jahren als Stagflation bezeichnet wurde. Der Boom erfolgte inmitten eines Umfelds generell sinkender Inflationsraten, und die Wachstumsschwäche setzte bei einer historisch relativ niedrigen Inflation ein. Diese Beobachtung beruht allerdings auf Preisindices, deren Berechnung zunehmend sowohl auf praktische als auch auf theoretische Schwierigkeiten stösst. Die drastischen Zinssenkungen im Rahmen einer entschlossenen Geldpolitik zeigten bislang keine auffälligen expansiven Wirkungen. Namentlich bremsten sie den Sturz der Aktienkurse nicht und leiteten keinen Aktienoptimismus ein, wie er sonst einzusetzen pflegt, sobald die Inflation zurückgeht und die Geldpolitik gelockert wird. Die Unternehmensinvestitionen nehmen insgesamt in allen wichtigen grossen Wirtschaftsräumen absolut ab. Bedenkt man, dass die Investitionen zuvor wegen statistischer Probleme möglicherweise systematisch überschätzt worden sind, so geht man nicht fehl in der Annahme, dass die Abnahme nun wirklich substantiell ist. Inzwischen nähern sich die nominellen Leitzinssätze da und dort der Nullgrenze, die sie nicht unterschreiten können.
Von diesem Moment an fällt zumindest der Zinssatz als Übertragungsriemen der Geldpolitik aus. Vielleicht gibt es noch andere Transmissionskanäle, so dass die Geldpolitik nicht vollständig als Konjunkturimpuls ausfällt. Der wichtigste und empirisch relevanteste Kanal ist aber verstopft. Man ist in unmittelbarer Nähe einer Liquiditätsfalle. Einige Ökonomen denken an beherzte und gezielte Devisenmarktinterventionen. Nationale Reflations- und Abwertungspolitik mag ein Rezept gewesen sein, als man noch von einer japanischen Krankheit sprechen konnte. Aber alle Währungen können nicht gegenüber allen Währungen abwerten.
Unterschätze Effekte von Finanzkrisen
Ein Aktienkurssturz früh im Abschwung ist nichts Aussergewöhnliches, doch eine langanhaltende Baisse, die sich durch niedrige Zinssätze und niedrige Inflation nicht überwinden lässt, ist nicht ganz musterkonform. Einer der neuralgischen Punkte der momentanen Rezession ist deshalb die Reaktion des Konsums auf die Kernschmelze des Aktienmarktes und später möglicherweise weiterer noch nicht erfasster Aktivenmärkte wie z.B. des Immobilienmarktes. Frühere Untersuchungen zeigen, dass der Konsum auf Vermögensverluste (und -gewinne) nicht stark reagiert, die Vermögenseffekte somit gering waren – sofern jedenfalls der Häusermarkt nicht betroffen war.
Allerdings bemerken vorsichtige Beobachter richtig, dass wir – ausser in Japan – mit lang anhaltend stark verminderten Vermögen wenig Erfahrung haben und dass die Immobilien in einer rezessiven Wirtschaft keinen dauernden Alleingang vollführen können. Die Reaktion der laufenden Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen auf die Assetmarktschmelze könnte sehr wohl fühlbar ausfallen. Es genügt, sich die Reaktion der soeben noch relativ reich gewesenen Babyboomers auszumalen, deren Vermögen kurz vor der Pensionierung einen substantiellen Verlust erleidet. Ihre Vermögensinfrastruktur ist geschrumpft, und die Renditen auf dem verbliebenen Vermögen sind bestenfalls nahe Null. Aufgrund des Substitutionseffekts der niedrigeren Rendite sollten sie weniger sparen, aber aufgrund des Einkommenseffekts sollten sie mehr sparen. Es ist nun nicht unplausibel, dass sie ihre Ersparnis zwecks Auffüllung ihres Vermögens fühlbar steigern.
Vor der Frage oder sogar dem Zwang, mehr zu sparen, stehen freilich nicht nur die aktieninvestierten reicheren zehn Prozent der Babyboomers, sondern praktisch alle Haushalte; denn über die Vorsorgeeinrichtungen ist jedermann an der Rendite des Assetmarktes beteiligt. Neben der freiwilligen Ersparnis kann auch die gesetzlich vorgeschriebene Ersparnis eine Erhöhung erfahren oder – wie die Senkung des Mindestzinssatzes der Vorsorgeeinrichtungen zeigte – von einer Senkung der erzielbaren Rendite betroffen werden. Diese spontane oder verordnete Austerität ist indessen nicht geeignet, das Tief rasch zu überwinden, sondern eher, es weiter zu verlängern.
Bislang ging man davon aus, die Zentralbank könne nötigenfalls immer autonom die Inflation schaffen, die erforderlich ist, um die Realzinssätze vorübergehend etwas unter ihr natürliches Niveau zu drücken. Ob dies allerdings immer und überall ohne die problematische Direktfinanzierung von Staatsdefiziten möglich ist, muss sich erst noch weisen.
Finanzmarktschwankungen haben gewöhnlich weniger Einfluss auf die Realmärkte, als man erwartet; selbst eigentliche Crashes können erstaunlich glimpfliche Auswirkungen haben; doch in speziellen Fällen gehen von Finanzkrisen nachhaltige Impulse aus. Finanzkrisen wichtiger Institute können das System erschüttern. Und in einem Lande, dessen Finanzsektor ein dominanter Dienstleistungsexportsektor ist und deshalb einen grossen Teil der Wertschöpfung ausmacht, können Erschütterungen des Finanzsektors fühlbar auf Beschäftigung und Output durchschlagen. Neben den Banken im engeren Sinne spielen heute Finanzinstitutionen wie Lebensversicherer und Pensionskassen, welche aufgrund langjähriger Erfahrungszahlen vertraglich langfristige Erträge versprochen haben, eine wichtige makroökonomische Rolle. Diese Intermediäre, denen man gewöhnlich wenig makroökonomische Relevanz zuschreibt, könnten zu einem Übertragungsriemen für positive oder negative Impulse werden. Sie stehen derzeit zwischen Skylla und Charybdis. Bleiben sie in Eigenkapitaltiteln investiert, so riskieren sie bei einem weiteren Absacken der Aktien nochmals erhebliche Verluste zu erleiden. Bringen sie sich jedoch mit Bonds «in Sicherheit», so ist die einzige Sicherheit jene, dass sie eine geringe Rendite haben und bei Zinserhöhungen – und beim gegenwärtigen Niveau sind rein mechanisch praktisch nur noch Erhöhungen möglich – mit dem Bondportefeuille vom Regen in die Traufe kommen werden. Dass das Schicksal dieser Finanzinstitutionen ohne Einfluss auf die Realmärkte sein wird, ist eine sehr optimistische Annahme.
Investitionen sind immer spekulativ
Manche Investition erweist sich in dieser Zeit als Fehlinvestition. Jede Fehlinvestition ist zwar auf Entscheidungen von Menschen zurückzuführen. Es ist indessen ein Fehlschluss, oder zumindest eine falsche Lösungsfährte, von besseren Managern in grossen makroökonomischen Bewegungen durchschnittlich weniger Miss-Investments zu erwarten. Es gibt makroökonomische Wetterlagen, in denen ex ante massenweise Projekte erfolgversprechend aussehen, die sich im nachhinein ebenso massenweise als Flops erweisen. Es gibt keinen theoretischen Grund, warum nicht aufgrund einer neuen Technologiedynamik, verbesserter Rahmenbedingungen, neuer Präferenzen und – warum nicht? – besserer Management-Techniken plötzlich die langfristige Realwachstumsrate sich dauerhaft um zwei, drei Prozentpunkte nach oben verschieben könnte. Empirisch hat man solches über sehr lange Fristen nicht gesehen, aber undenkbar ist es nicht. Dass Manager (und Managementprofessoren) nach ein paar Boomjahren ihres – im Massstab der langen Zyklen – kurzen Lebens sich plötzlich in einer neuen Welt wesentlich expandierter Möglichkeiten wähnen, ist keineswegs ein Zeichen von Dummheit, sondern eher ein Zeichen der Anpassung an das, was allgemein als Realität gilt. Aber was nach harten neuen Fakten aussieht, kann u.U. wirklich Wahn sein. Der Kapitalismus ist eine höchst leistungsfähige Ordnung zur wohlstandssteigernden Mobilisierung und Mehrung des menschlichen Wissens und Könnens, aber soweit wir sehen, ist sein Weg gesäumt mit Episoden, in denen massiv und mit ex ante überzeugenden Argumenten fehlinvestiert wird und schmerzhafte Korrekturen erfolgen müssen.
Die makroökonomische Perspektive zwingt uns, von der aufdringlichen und bisweilen in die Irre führenden Realität der Personalisierung des Geschehens Abschied zu nehmen und den Blick für die anonymen Breiten- und Tiefenbewegungen zu schärfen, in denen die Manager selbst der grössten Konzerne befangen sind. Manchmal sind die Krisenepisoden durch makroökonomisches Miss-Management, z.B. monetäre Fehlsteuerungen oder Versuche allzu raffinierter Makrosteuerung bedingt; manchmal entwickeln sie sich aber auch spontan aufgrund der Unvoraussehbarkeit der Zukunft im brodelnden Prozess dauernder Veränderung.
Re-Moralisierung als Augenwischerei
Wenn nicht alles täuscht, sind wir in eine Phase eingetreten, in der das Schicksal der Menschen der hochentwickelten Volkswirtschaften sich auf der makroökonomischen Ebene entscheidet und man gut daran tut, die Diskussion von den personalisierten Heils- und Unheilslegenden hin zu den Fundamentalmechanismen zu lenken. Die heute kursierenden Rezepte zur Revitalisierung der Wirtschaft mit dem Mittel der Re-Moralisierung erinnern an die in den 1950er und 1960er Jahren zirkulierenden Lehren, gemäss welchen moral suasion, d.h. der moralische Masshalteappell (heute der Managerlohnmasshalte-, Konsum- und Investitionsermunterungsappell) die Gesellschaft vor Unbill bewahren sollte.
Die Erfahrungen mit dem Instrument waren so ernüchternd, dass das Instrument moral suasion heute nicht einmal mehr als Fussnote in einem Makroökonomik-Lehrbuch steht. Es wäre erstaunlich, wenn moral suasion (angewandt auf die Topmanagementlöhne, welche im Gegensatz zu den «gewöhnlichen» Arbeiterlöhnen ein infinitesimales volkswirtschaftliches Gewicht haben) auch nur die geringste Wirkung auf den Weg der momentanen Rezession haben würde. Die Zuversicht, die notwendig ist, um auf den Wachstumspfad zurückzukehren, wird nicht von den Regentänzen moralischer Appelle kommen, sondern teils von automatischen Stabilisatoren, teils von einem erst noch zu entwickelnden weisen Mix makroökonomischer Massnahmen der Geld- und Fiskalpolitik.
Der eitle Versuch ratloser Ratgeber, Zuversicht und Vertrauen herbeizureden, bewirkt bestenfalls nichts, schlimmstenfalls das, was man vermeiden wollte. Es waren nicht die Managerlöhne und nicht einmal die Bilanzfälschungen, die diese Abkühlung verursacht haben, sondern die unter Unsicherheit in bester Absicht und übermässiger Zuversicht getätigten Fehlinvestitionen, die diesen Knick vorbereitet haben. Die sich selbst korrigierenden Managerlöhne und Bilanzpraktiken werden den Turnaround ebenfalls nicht bringen.
Es ist nicht sicher, ob Selbststabilisierung und Stabilisierungspolitik eine rasche Wende bringen, aber es ist sicher, dass moralische Beschwörungen nur vom Wesentlichen ablenken. Die korrekte Erkenntnis, dass Konjunktur immer auch einen psychologischen Kernprozess in sich trägt, ruft leider auch politische und akademische Quacksalber auf den Plan, die versprechen, mit ihren Beschwörungen quasi direkt an Stimmungen und Befindlichkeiten arbeiten zu können.
Auch Makroökonomik steht nicht über allem und allen. Auch sie ist letztlich be- und gefangen in den grossen sozioökonomischen und geistigen Strömungen und in ihren eigenen internen Regelsystemen. Aber sie ist ein für eine Sozialwissenschaft relativ diszipliniertes Denklabor, das geeignet ist, dort die Perspektiven wiederherzustellen, wo Personalisierung, Moralisierung und Psychologisierung drohen, den Wald in Bäume aufzulösen.
Jörg Baumberger ist Titularprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen.