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Frühe Warnung vor dem  EU-Beitritt
Christoph Blocher, www.auns.ch.

Frühe Warnung vor dem
EU-Beitritt

1960 positionierte sich Gerhard Winterberger als ein überzeugter Gegner der Personenfreizügigkeit.

Christoph Blocher kommentiert «Schweizerische Eigenart und europäische Integration» von Gerhard Winterberger.


 

1960, vor über sechzig Jahren, erschien in den damaligen «Schweizer Monatsheften» ein gewichtiger Beitrag mit dem Titel «Schweizerische Eigenart und europäische Integration». Der Autor war kein Unbekannter und sollte wenig später zum mächtigen Sekretär des Wirtschaftsverbands Vorort aufsteigen: Der Ökonom Gerhard Winterberger hat die Schweizer Wirtschaftspolitik, ja die Politik ganz allgemein massgebend mitbestimmt.

Dieser markante Liberalkonservative im besten Sinn hat das Wesen der Schweiz in ihrer ganzen Breite und Tiefe erfasst. Er konnte damals seinen Beitrag zu Europa noch mit dem hochgemuten Satz einleiten: «Die konsequente und sichere Haltung der schweizerischen Behörden und der Wirtschaft in der Inte­grationspolitik hat ihre Wurzeln in der Eigenart unseres Landes und der geistigen Einstellung seiner Bevölkerung.» Gerne würde man heute von «konsequenter und sicherer Haltung» sprechen! Doch leider ist das Gegenteil der Fall.

Winterberger wusste auch um die Bedeutung der Landschaft – der Alpengemeinden – für die freiheitliche Entwicklung unseres Landes, während sich die Städte und ihre Untertanengebiete in weniger freiheitlicher Richtung entwickelt hätten. Zur Gründung des liberalen Bundesstaates habe es schliesslich Stadt und Land gebraucht. Was aber das Ausland betraf, zog Winterberger folgendes Fazit: «Die Schweiz stand meistens im Gegensatz zur europäischen Entwicklung.»

Dabei betonte er, dass zur schweizerischen Eigenart auch die Weltverbundenheit ihrer Wirtschaft gehöre. Diese hervorragende Stellung beruhe auf der politischen und sozialen Stabilität, einer liberalen Wirtschafts- und Handelspolitik, der Initiative der hiesigen Unternehmer sowie der Schaffenskraft und Sparsamkeit der Bevölkerung.

Was das Thema Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG, heute EU) angehe, so sei für die Schweiz von Anfang an klar erkennbar gewesen, dass sie als Mitglied unmöglich beitreten könne. Denn die Abtretung der Entscheidungsgewalt an «supranationale, zwangsläufig dirigistisch und kompetenzgierig eingestellte internationale Behörden» müsse «den freiheitlich gesinnten, föderalistisch geprägten Bürger eines Kleinstaates mit grossem Misstrauen erfüllen». Es sei «vollständig klar», schrieb Winterberger, dass eine Abtretung der Souveränität und Neutralität an supranationale Behörden «dem schweizerischen Nationalgedanken und ihren Trägern, dem föderalistischen Staatsaufbau, der Gemeindeautonomie und der direkten Demokratie, den Todesstoss versetzen und unsere politische Lebensform auslöschen würde». Dabei gelte es, bei dieser Frage nicht nur die wirtschaftliche Seite zu betrachten. Aber selbst diese spreche nicht für ein Aufgehen im grossen Ganzen.

Gerhard Winterberger bekannte sich 1960 als überzeugter Gegner der Personenfreizügigkeit. Falls die Schweiz dem Prinzip der völligen Freizügigkeit der Arbeitskräfte innerhalb Europas bedingungslos zustimmen und die Niederlassungspolitik sehr liberal und grosszügig handhaben würde, so müsste dies «den Anfang des Untergangs der Schweizerischen Eidgenossenschaft bedeuten».

Mittlerweile haben wir leider die Personenfreizügigkeit mit der EU eingeführt. Mit dem Ergebnis, dass die Bevölkerung innert zwölf Jahren um eine Million angestiegen ist. Selbst im Pandemiejahr 2020 mit wirtschaftlichen Lockdowns, Kurzarbeit für Hunderttausende und einem grossen Anstieg der Arbeitslosigkeit – gerade bei den Ausländern – war die Nettozuwanderung so hoch wie seit 2015 nicht mehr.

Was würde Gerhard Winterberger wohl heute zu einem institutionellen Rahmenabkommen sagen, mit dem die EU hierzulande Recht setzen würde und mit dem als oberste Instanz das Gericht der Gegenpartei, der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), in der Schweiz Recht sprechen würde?

Wir können es leider nicht mehr wissen. Denn Gerhard Winterberger ist 1993 im Alter von 71 Jahren in Erlenbach am Zürichsee allzu früh verstorben.


Andreas K. Winterberger und Ursula Gut-Winterberger, Nachkommen von Gerhard Winterberger, legen Wert auf folgende Feststellung: «Gerhard Winterberger änderte im Verlaufe der 1980er Jahre seine Haltung zur Frage der Einwanderung und befürwortete im Abstimmungskampf (1992) entschieden die Mitgliedschaft unseres Landes im Europäischen ­Wirtschaftsraum (EWR) und damit verbunden die Personenfreizügigkeit.»

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