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Francesco reist nach Lugano

Kurt Aebli: «Der Unvorbereitete». Basel / Weil am Rhein: Urs Engeler Editor, 2009

Um ein Treffen für den diesjährigen Weltbuchtag vorzubereiten, fahre ich ins Tessin; als Begleiter habe ich das neue Werk von Kurt Aebli «Der Unvorbereitete» gewählt. Das Buch hat eine wunderschöne Farbe. Ich hätte gerne einmal ein solches Buch gehabt. Ein Buch, das ich geschrieben hätte. Die Farbe tröstet mich; denn ich muss vier Stunden im Zug durch die regnerische Schweiz fahren. Wenn die Sonne scheint, kann man sich kaum vorstellen, wie die Schweiz regnen kann. Die Farbe wärmt meine Augen. «Das Herz verliert sich, kennt sich nicht, bleibt sich selbst das Dunkelste…» und von der Landschaft sind nur Regenstriche zu sehen. Da tut es gut, sich in Sätze zu verlieren. Bei Aebli zählen die Sätze, die Wörter, die Buchstaben. Die Geschichte ist Transportmittel. Gregor, sein Held, hätte eine solche Reise gar nicht unternommen: vier Stunden hin, vier zurück für eine Sitzung von zwei Stunden. «Alles, was sich nicht nutzlos ans Leben verschwendet, um darin nutzlos zu reüssieren, ist nutzloser Stolz.» Gregors Element «ist eben von jeher das Nichtstun, mit anderen Worten, äusserste Zurückhaltung, was sichtbare Teilnahme oder gar Einmischung in irgendwelche Angelegenheit seines Umfelds angeht.» Aebli scheint hier «naïf» zu reflektieren. Da steckt verkappte Gewitztheit drin. Seine Texte zeigen die feinen Risse auf den Bildern der Gewöhnlichkeit, sie zeigen die leise Zerstörung des Daseins. Als «Unvorbereiteter» komme ich in Lugano an, dafür um eine Farbe und eine neue Freundschaft reicher.

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