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(0) Föderalismusdebatte

«Die Schweiz ist kleinräumig und dezentralisiert organisiert wie kein anderes Land auf der Welt. Lange Zeit war der Föderalismus eine Stärke des Landes. Heute jedoch behindert er den Binnenmarkt und damit das Wachstum. Wie viel Föderalismus kann sich die Schweiz noch leisten? Unter dem Titel ‹Baustelle Föderalismus› hat Avenir Suisse eine Studie von Hansjörg Blöchliger […]

«Die Schweiz ist kleinräumig und dezentralisiert organisiert wie kein anderes Land auf der Welt. Lange Zeit war der Föderalismus eine Stärke des Landes. Heute jedoch behindert er den Binnenmarkt und damit das Wachstum. Wie viel Föderalismus kann sich die Schweiz noch leisten? Unter dem Titel ‹Baustelle Föderalismus› hat Avenir Suisse eine Studie von Hansjörg Blöchliger veröffentlicht, die die föderalistischen Engpässe aufzeigt und neue Formen der Zusammenarbeit vorschlägt.» Mit diesen Worten wirbt der Think-Tank Avenir Suisse für die Teilnahme an öffentlichen Debatten über die Studie. Auch das Dossier dieses Heftes will Bausteine zu dieser – auch international – aktuellen Debatte liefern. Die rein quantitative Frage «Wie viel Föderalismus?» ist allerdings zu eindimensional. Der Föderalismus als Kompromiss verschiedener Prinzipien betrifft nicht nur die optimale Abgrenzung und Dimensionierung von politischen Gebietskörperschaften und von Einzugsgebieten öffentlicher Einrichtungen und Dienstleistungen. Schon die Avenir-Suisse-Studie, die in den Medien grob vereinfachend und verfälschend als Propaganda für interkantonale Grossregionen dargestellt worden ist, fragt eigentlich nicht nur nach dem Mass, sondern auch nach qualitativen Alternativen zum gängigen Föderalismusverständnis, und in diesem Dossier wird die Diskussion durch zusätzliche Gesichtspunkte erweitert und durch radikalere Denkansätze vertieft. Weder die Frage nach «wie viel» noch die polarisierende Diskussion von Pro und Contra kann dem Thema gerecht werden.

Der Föderalismus ist nicht einfach das Gegenprinzip zum Zentralismus. Er vermittelt vielmehr – wenigstens nach dem in der Schweiz historisch verankerten Wortgebrauch (der heute auch dem deutschen Föderalismusverständnis entspricht) – zwischen dem Zentralismus und dem Partikularismus. Er versucht die Vorteile beider Tendenzen zu verbinden und die Nachteile zu vermeiden, läuft aber auch permanent die Gefahr aller Kompromisslösungen: statt dass sich die beiden Tendenzen wechselseitig optimieren, steigen die Kompromisskosten, und der Nutzen sinkt, bis schliesslich Ideal und Wirklichkeit so weit auseinanderklaffen, dass das Vermittlungsprinzip kaum mehr erkennbar ist. In diesem Stadium neigen die Befürworter zu einer Mythisierung ihres Anliegens, indem sie ihr Ideal mit der Wirklichkeit verwechseln. Die Gegner hingegen diagnostizieren ein grundsätzliches Versagen, pochen auf Abschaffung und empfehlen eine Flucht in die zentralere Struktur, die sich allerdings meist früher oder später als Rückschritt entpuppt. In dieser Situation hilft nur eine schonungslose Analyse der Realität und eine konsequente Rückbesinnung auf den Kerngehalt eines Lösungsansatzes weiter. Nichts ist so verletzlich und so permanent reformbedürftig wie eine Strategie, die zwischen unterschiedlichen Prinzipien vermittelt. Die Baustelle ist offen, die Bausteine liegen da. Die Baumeister sind noch zu finden.

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