Wir brauchen Ihre Unterstützung — Jetzt Mitglied werden! Weitere Infos

Flucht in die Komfortzone

Nach der Wahl Trumps verlassen Linke die Plattform X in Scharen. Rechte reagieren mit Spott.

Flucht in die Komfortzone
X-Account: Libs of Bluesky, Bild: Screenshot x.com.

Seit Elon Musk Twitter übernommen hat, fühlen sich Leute auf der linken Seite des politischen Spektrums zunehmend unwohl auf der Social-Media-Plattform, die inzwischen X heisst. Nach der erneuten Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten – mit der Unterstützung Elon Musks, der nun die Verwaltung aufräumen soll – läuft ein neuer kollektiver Fluchtversuch.

Bluesky heisst der neue Sehnsuchtsort, wo wieder alles so sein soll wie früher auf Twitter. Prominente Nutzer wie Taylor Swift, Stephen King oder die britische Zeitung «The Guardian» legen demonstrativ ihre Accounts auf X still. Ihr Vorwurf: Musk lasse auf seiner Plattform «Desinformation», «Hass und Hetze» freien Lauf.

Dass der Milliardär deutlich weniger eingreifen lässt als früher auf Twitter, ist unbestritten. Und nicht wirklich überraschend für einen, der sich selber als «Meinungsfreiheits-Absolutisten» bezeichnet.

Bloss sollten seine Kritiker vorsichtig sein, was sie sich wünschen. Zur Erinnerung: In der Coronakrise zensierte Twitter in Absprache mit den Behörden kritische Meinungen grossflächig. Vor der US-Präsidentschaftswahl 2020 unterdrückte die Plattform Enthüllungen über den Laptop von Hunter Biden. Solche Eingriffe in die freie Meinungsäusserung mögen angenehm sein, bis man selber ins Visier der Zensoren gerät.

Die Abwanderungsbewegung ist symptomatisch für eine Gesellschaft, in der das Aushalten anderer, zuweilen extremer und verstörender Ansichten zu einer seltenen Tugend geworden ist. Auch viele Konservative halten die Meinungsfreiheit nur solange hoch, wie sie nicht mit missliebigen Inhalten konfrontiert werden.

Nun teilt sich also die öffentliche Debatte im Netz noch mehr in unterschiedliche Lager, die beide im Komfort der eigenen Blase bleiben, wo keine Gefahr besteht, auf unerwünschte Meinungen zu stossen.

Statt zu diskutieren, macht man sich lieber aus der Distanz über sie lustig. Neben dem X-Account «Libs of Tiktok», der sich über linke Tiktok-Nutzer mokiert, gibt es nun auch das Pendant «Libs of Bluesky». Seine Beliebtheit wächst proportional zur Abwanderung linker X-User. (lz)

»
Abonnieren Sie unsere
kostenlosen Newsletter!