Europapolitische Analyse
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Nicola Forster und Andreas Schwab: Schweiz und Europa. Eine politische Analyse. Freiburg im Breisgau: Herder, 2022.
Nach dem Scheitern des Rahmenvertrags tasten sich die Schweiz und die EU zu einer neuen Vereinbarung vor, welche die Beziehungen auf eine nachhaltige Grundlage stellen soll. Nicola Forster, der Präsident der Zürcher Grünliberalen, und der deutsche EU-Parlamentarier Andreas Schwab wollen mit «Schweiz und Europa» Anstösse geben für die Diskussion. Das Buch ist nach Angaben der Autoren das erste zum Thema, das Sichtweisen von beiden Seiten der Grenze einbezieht. Das ist zwar eine vielversprechende Idee. Allerdings wird rasch klar, dass die zwei Perspektiven im Kern eine sind, nämlich eine betont EU-freundliche.
Die Analyse der beiden Politiker ist in weiten Teilen fundiert und durchaus realistisch. Sie sehen als mögliche Optionen für die Zukunft entweder ein neues Vertragspaket, das sie als «Swiss Deal» verkaufen und das die offenen Differenzen bereinigen soll, oder den Beitritt der Schweiz zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) – dreissig Jahre nach dessen Ablehnung durch die Schweizer Stimmberechtigten.
Dabei schimmert die politische Haltung der Autoren immer wieder durch. Die Betonung der engen wirtschaftlichen Verbindungen der beiden Partner wird ebenso mantraartig wiederholt wie der Verweis auf die gemeinsamen Werte, die es zu verteidigen gelte (was offenbar nur mit einer weitgehenden politischen Anbindung möglich ist). Die nationale Souveränität wird dagegen heruntergespielt und stattdessen die geteilte Souveränität als Alternative angepriesen. Und auf Bedenken, dass mit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) das Gericht der einen Partei über die Auslegung der gemeinsamen Verträge entscheiden könnte, geht das Buch nur am Rand ein. Stattdessen reduzieren die Autoren die Argumente der Gegenseite auf mythische Rückgriffe wie Wilhelm Tell oder Marignano, die in der Debatte kaum eine Rolle spielen. Solche Strohmannargumentationen vermindern den Wert des Buches für eine sachliche Diskussion. «Die EU wird immer auf die Schweiz warten», schreiben die Autoren und fassen damit ihre Erwartung zusammen: Bewegen soll sich die Schweiz – auf die EU zu.