Europa muss bessere Batterien bauen
Leopold Peiseler, zvg.

Europa muss bessere Batterien bauen

Batterien trüben die Umweltbilanz der Elektroautos. Die europäische Industrie sollte auf die Überholspur wechseln – auch aus geopolitischen Überlegungen.

Mit der Unterzeichnung des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015 haben Regierungen weltweit klargemacht, dass sie Treibhausgase massiv reduzieren wollen. In Europa wurde dieses Abkommen ­vielerorts in Gesetze gegossen, die eine CO2-Reduktion auf «Netto-Null» vorsehen. Im krassen Gegensatz dazu stehen jedoch die Entwicklungen im Verkehrsbereich: Zum Beispiel hat der Verkehrssektor in der Schweiz in den letzten 30 Jahren keinen nennenswerten CO2-Emissionsrückgang verzeichnet – die Effizienz von Verbrennungsmotoren wurde zwar spürbar gesteigert, doch machte der Mehrverkehr den Effekt wett. Die bisherige Strategie greift augenscheinlich zu kurz. Da eine wundersame Reduzierung des Mobilitätsbedarfs nicht zu erwarten ist, sind technologische Änderungen gefragt. Führende Autohersteller haben ihr Augenmerk dabei vornehmlich auf eine Technologie gelegt: Elektroautos.

Batterieproduktion bleibt vorerst CO2-intensiv

Nachhaltigkeit bedeutet vieles für viele, und die jeweiligen Interpretationen sind selten deckungsgleich – sie kann jedoch als Zusammenspiel ökologischer, ökonomischer und sozialer Gesichtspunkte verstanden werden. Die naheliegendste und wohl auch am häufigsten diskutierte Frage, nämlich ob Elektroautos CO2 einsparen, lässt sich wissenschaftlich eindeutig beantworten. Elektroautos starten ihre Nutzungsphase zwar typischerweise mit einem höheren CO2-Fussabdruck, erreichen aber durch die geringeren Emissionen in der Nutzungsphase einen kleineren aggregierten CO2-Fussabdruck. In der Schweiz beginnt ein elek­trisch betriebener Mittelklassewagen ab ungefähr 40 000 Kilometern Laufleistung CO2 einzusparen.1 Gemessen an der durchschnittlichen Jahreslaufleistung eines Schweizer Personenwagens von etwa 12 000 Kilometern ist das nach weniger als 4 Jahren der Fall.

Doch warum ist die Herstellung von Elektroautos CO2-intensiver als diejenige von Verbrennern? Zwei wesentliche Komponenten unterscheiden ein Elektroauto von seinem fossilen Pendant: Elektromotor und Batterie. Die meisten Elektromotoren haben zwar eine recht simple Funktionsweise, verbauen aber Dauermagnete, die wieder­um typischerweise seltene Erden wie Neodym enthalten. Deren Abbau verursacht erhebliche Mengen teils umweltschädlichen Abfalls; die Mengen an seltenen Erden, die für ein Elektroauto benötigt werden, sind allerdings verhältnismässig gering. Ausserdem gibt es bereits alternative Elektromotoren, die gänzlich auf sie verzichten.

 

«Es liegt auf der Hand, dass aufgrund der ungleichen Verteilung der
für die Mobilitätswende notwendigen Ressourcen neue
geopolitische Konfliktpotenziale entstehen.»

 

Ein weitaus wichtigerer Bestandteil eines Elektroautos ist die Batterietechnologie: Für akzeptable Reichweiten müssen mehrere hundert Kilogramm Batterie pro Elektroauto verbaut werden. Und da langlebige Batterien sehr reine und deswegen energieintensive Materialien erfordern, schlägt die Batterie stark auf den CO2-Fussabdruck eines Elektroautos durch. Zu den für die Batterieherstellung benötigten Materialien zählen allerdings entgegen einer weitverbreiteten Fehlwahrnehmung keine seltenen Erden, im Gegenteil: Elemente wie Lithium, Nickel, Kobalt oder Graphit sind reichlich in der Erdkruste vorhanden, wenn auch geografisch ungleich verteilt. Ein extremes Beispiel ist Kobalt: Die Demokratische Republik Kongo ist mit über zwei Dritteln des globalen Abbauvolumens einsame Marktführerin und verfügt zudem über mehr als die Hälfte der globalen Kobaltreserven. Auch die Lithiumreserven sind geografisch konzentriert: Australien, Argentinien und Chile verfügen über rund drei Viertel der globalen Lithiumreserven und fördern bereits über 80 Prozent des globalen Volumens. Es liegt auf der Hand, dass aufgrund der ungleichen Verteilung der für die Mobilitätswende notwendigen Ressourcen neue geopolitische Konfliktpotenziale entstehen.

China dominiert die Lieferketten

Noch problematischer ist allerdings die anschliessende Verarbeitungs- und Veredelungsphase, da China dort in den letzten Jahrzehnten für fast alle wichtigen Rohstoffgruppen eine monopolistische Position eingenommen hat. Solange sich Europa in der Beschaffung von wichtigen Materialien nicht von China emanzipiert und eigene belastbare Partnerschaften aufbaut, steht und fällt die hiesige Elektromobilität mit dem Wohlwollen der chinesischen Regierung.

China dominiert aber nicht nur die Rohstoffverarbeitung, sondern mischt neben Japan und Südkorea auch ganz vorne in der Batterieherstellung mit. Der Status quo ist nicht nur aus offensichtlichen geopolitischen Risiken problematisch, sondern auch aus ökologischen Gesichtspunkten: Die Batterieherstellung ist nämlich ausgesprochen energieintensiv, und da ostasiatische Strommixe überwiegend aus Kohlestrom bestehen, haben dort hergestellte Batterien typischerweise auch einen entsprechend grossen CO2-Fussabdruck. Es zeichnet sich…