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Erstickende Wertschätzung

Die Serie «Baby Reindeer» erzählt eine Geschichte über Stalking auf differenzierte Weise. Und erspart dem Zuschauer nichts.

Erstickende Wertschätzung
«Baby Reindeer», auf Netflix. Bild: Netflix

Die E-Mails kommen im Minutentakt. Einzeiler, voll mit grammatischen Fehlern. Donny, ein verhinderter Komiker, der sich in London als Barkeeper durchschlägt, ist irritiert; Martha hatte sich ihm als Anwältin vorgestellt. Doch trotz ihrer angeblich vollen Agenda sitzt sie fast während seiner ganzen Schicht am Tresen. Den Rest des Tages bombardiert sie ihn mit Nachrichten.

«Baby Reindeer», die Netflix-Serie über Donny und seine Stalkerin ist so fesselnd wie abstossend. Donny fühlt sich von der aufdringlichen, übergewichtigen Mitvierzigerin belästigt. Zugleich gibt sie ihm das lang ersehnte Gefühl der Anerkennung. Donny, der kurz zuvor von einem älteren Mann vergewaltigt und von seiner Freundin verlassen worden war, giert förmlich nach dieser Wertschätzung. So wehrt er sich nur halbherzig gegen die Annäherungsbemühungen, die zunehmend aggressiver werden – und bringt sich damit in immer grössere Probleme.

Die Serie stellt Donny nicht einfach als Opfer dar, sondern macht seine Mitverantwortung für die fatale Spirale, in die er gerät, deutlich. Richard Gadd, der Schöpfer und Hauptdarsteller der Serie, erspart dem Zuschauer nichts. Zuweilen ist es geradezu schmerzhaft, Donnys Leidensweg mitanzusehen. Vor allem, wenn man weiss, dass die Serie auf Gadds persönlicher Geschichte basiert.

«Baby Reindeer» ist definitiv kein unterhaltsames Feierabendprogramm. Die Serie behandelt das komplexe Thema Stalking differenziert. Und lässt einen gerade deshalb nicht los. (lz)

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