Endlich: Unsere
Energieprobleme sind gelöst!
Kernspaltung mit anschliessender Kernfusion könnte das perfekte Perpetuum mobile sein. Doch es gibt da ein Problem.
Angelernte Hobbyphysiker könnten bei den energiepolitischen Diskussionen auf eine (vermeintlich) geniale Idee kommen. Wir erinnern uns: Bei der Kernspaltung spaltet man grosse Atome wie Plutonium (Pu), Uranium (U) oder Thorium (Th), diese zerfallen in kleine Atome und es wird dabei Energie freigesetzt. Daneben gibt es auch die Möglichkeit, kleine Atome wie Wasserstoff (H), Deuterium (2H), Helium (He) oder Lithium (Li) zu grossen Atomen zu fusionieren – und dabei wird ebenfalls Energie frei. Die Schlaumeier können nun triumphieren: Damit haben wir das perfekte Perpetuum mobile und alle Energieprobleme sind auf immer und ewig gelöst! Wenn es nur so einfach wäre.
Warum das nicht geht, zeigt folgende Grafik.
Auf der horizontalen Achse haben wir die Anzahl Protonen und Neutronen (Nukleonen) im Kern. Auf der Vertikalen ist die mittlere Bindungsenergie pro Nukleon dargestellt. Das ist die Energie pro Nukleon, welche man braucht, um einen Atomkern in seine Nukleonen zu zerlegen. Vereinen sich hingegen die Nukleonen zu einem Kern, wird die gleiche Energie wieder frei. Wenn man aber nicht gleich radikal alles in die Einzelteile zerlegt oder von diesen aus aufbaut, hat man es mit relativen Differenzen zu tun, welche bei der Kernspaltung oder Kernfusion wichtig sind. Obige Kurve ist das Resultat von zwei konkurrierenden Kräften (anziehende starke Kernkraft gegen abstossende Coulomb-Kraft der positiv geladenen Protonen). Die Uranatome zerfallen nur so weit, dass sie klar rechts der Talsohle bleiben; analog verschmelzen bei der Fusion die kleinen Atome nur bis links der Talsohle, weil sonst in beiden Fällen kein Energiegewinn mehr möglich ist. Wir können genau dann Energie gewinnen, wenn wir entlang obiger Linie nach unten gehen. Das Minimum bei Fe (Eisen) verhindert das angedachte Perpetuum mobile. Eisen ist das stabilste Element in unserem Universum.
Erhellend ist eine Analogie mit Bergen und der Wasserkraft: Wie bei der Wasserkraft kann man nur dann Energie gewinnen, wenn der Fluss nach unten fliesst. Ein Fluss fliesst schliesslich nicht auf der anderen Seite des Tales wieder nach oben.
Gute und schlechte Nachrichten haben wir für Alchemisten: Ja, man kann Blei (Massenzahl etwa 207) in Gold (Massenzahl etwa 197) verwandeln, denn es geht in obiger Grafik von rechts nach links entlang der Kurve nach unten. Man gewinnt dabei theoretisch sogar Energie! Aber es ist viel zu teuer. Die Analogie mit dem Wasser, das den Berg herabfliesst, hilft auch hier als Erklärung: Nicht bei jeder kleinsten Höhendifferenz lässt sich ein Wasserkraftwerk gewinnbringend betreiben.