Eine WHO-Weltregierung wäre menschenrechtswidrig
Die umfassenden Vollmachten, die der WHO-Generaldirektor erhalten soll, lassen sich mit der Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen nicht vereinbaren.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) arbeitet derzeit an Regulierungsentwürfen, die ihren Generaldirektor weltweit in eine historisch noch nie dagewesene Machtposition setzen soll. Ihm soll nach Massgabe des Pandemievertrags und neu formulierter internationaler Gesundheitsvorschriften künftig das exklusive Privileg zukommen, in allen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen Pandemien ausrufen und deren Bekämpfung orchestrieren zu können, einschliesslich der Befugnis, das freie Reden über Pandemien zu unterdrücken. Menschenrechtsvorbehalte in vorherigen Textversionen sollen gestrichen, Empfehlungen der WHO in Anordnungen verwandelt und souveräne nationalstaatliche Massnahmenüberprüfungen gegenstandslos werden.
Obzwar das proklamierte Ziel einer durch diese Regulierungen global verbesserten Menschheitsgesundheit bestens klingt, wirft das geplante Prozedere zur Niederringung von Epidemien grundlegende Fragen auf. Denn die Vorstellung, ein einzelner Weltgesundheitsdirektor könnte aus zentraler Warte kraft weiser Entscheidung Leib, Leben und Gesundheit von Milliarden Erdenbürgern gedeihlich organisieren, irritiert. Der Plan lässt sich zudem schlechterdings nicht mit Verfassungsrecht in Einklang bringen. Das legt schon ein kurzer Blick auf die im Jahr 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete Menschenrechtscharta offen.
Da die Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unveräusserlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bilde, heisst es in der Präambel der Charta, sei von allen Menschen und allen ihren gesellschaftlichen Organen auf eine tatsächliche Einhaltung der Rechte und Freiheiten hinzuarbeiten. Diese werden in der Charta sodann normativ umschrieben. Das unbedingte Recht, überall als rechtsfähig anerkannt zu werden, gleiche Rechte zu geniessen, frei von Diskriminierungen und Aufhetzung zu sein, sich frei bewegen zu dürfen und seinen Aufenthaltsort frei bestimmen zu können, umschreibt also einen unveräusserlichen Kernbestand der weltweit geltenden Menschenrechte. In Artikel 19 der UN-Menschenrechtscharta heisst es: «Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäusserung; dieses Recht schliesst die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.» Die Unterdrückung oder nur Erschwerung jeder Informationsbeschaffung in einer pandemischen Krise wird also als menschenrechtswidrig definiert.
In Artikel 8 konstituiert die Erklärung das Recht eines jeden Menschen, in seinem eigenen Heimatstaat richterlichen Schutz gegen staatliche Anordnungen suchen zu können: «Jeder hat Anspruch auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei den zuständigen innerstaatlichen Gerichten gegen Handlungen, durch die seine ihm nach der Verfassung oder nach dem Gesetz zustehenden Grundrechte verletzt werden.» Die WHO kann diese nationalstaatliche Kontrollinstanz also nicht staatsvertraglich ausser Kraft setzen.
Die Idee, in einer pandemischen Situation als «Fake News» deklarierte Informationen unterdrücken zu dürfen, kollidiert im übrigen mit einem Selbstwiderspruch: Das hoheitliche Ausnahmerecht, das Notmassnahmen legitimieren soll, basiert in diesem Falle nämlich auf allgemeinem Unwissen und blossen Einschätzungsprärogativen der Behörden. Wer sich allerdings damit legitimiert, dass er eine Lage nicht kenne, der ist denknotwendig ausser Stande, Falsches zu erkennen und es zu löschen. Legitime Herrschaft gestattet also den suchenden Diskurs und fördert ihn.
Weil schliesslich nach Artikel 30 niemand zu Handlungen befugt ist, welche die Beseitigung der in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten zum Ziel haben, können die kolportierten Pläne der WHO per se nie wirksam in Kraft treten. Die Normen, wie man sich verhalten soll, sind in der Charta schon seit 1948 festgelegt. Es braucht folglich nur couragierte Menschen und Institutionen, die sich davon leiten und dieses Verfassungsweltrecht Wirklichkeit werden lassen.