Eine Marktöffnung ist nicht in Sicht
Isabelle Schluep, zvg.

Eine Marktöffnung ist nicht in Sicht

Der Schweizer Fleischmarkt zeichnet sich durch eine hohe Konzentration und gegenseitige Abhängigkeiten aus. Das Nachsehen haben die Konsumenten, die relativ hohe Preise ­bezahlen.

Die Wertschöpfungskette Fleisch macht mit rund 3,2 Milliarden Franken (2021) rund 30 Prozent des Wertes der Gesamtproduktion der Landwirtschaft aus.1 Rindfleisch (14,2 Prozent) und Schweinefleisch (8,1 Prozent) sind die beiden Schwergewichte vor Geflügel (inklusive Eier) mit einem Anteil am Gesamtproduktionswert von 6,2 Prozent.

Der Fleischmarkt kann grob in zwei Segmente unterteilt werden: sogenannt rotes Fleisch von Wiederkäuern wie Rindern, Kälbern, Schafen oder Ziegen, ­welches insbesondere auf Raufutter (z.B. Gras, Heu) basiert, und weisses Fleisch von Monogastriern, die nur einen Magen besitzen und mit Gras wenig anfangen können. Dazu gehören Schweine und Geflügel, die vorwiegend mit Kraftfutter (z.B. Futtergetreide, Soja) gefüttert werden. Neben der Fütterung ist die Organisation der Wertschöpfungsketten sehr unterschiedlich.

Hochspezialisierte Geflügelproduktion

Beim Geflügel hat sich eine vollständig vertikal inte­grierte Produktion durchgesetzt. Die Micarna, eine Tochtergesellschaft der Migros, ist Branchenprimus, gefolgt von Bell, an der Coop Anteile hält. Der Importanteil beträgt 33,7 Prozent. Die Produktion ist hochspezialisiert, effizient und standardisiert. Die Abläufe sind genau getaktet, so dass in knapp zwei Monaten aus dem Ei schlachtreife Mastpoulets von rund zwei Kilo ent­stehen. Die Geflügelmästereien stehen im Vertragsverhältnis zu den genannten Firmen. Geflügel wird hauptsächlich in den spezialisierten Schlachthöfen von Micarna und Bell geschlachtet und über die Kanäle der Grossverteiler in den Endverkauf gebracht.

Berüchtigter Schweinezyklus

Bei Tieren mit längeren Fortpflanzungszyklen lässt sich die Standardisierung der Produktion nicht annähernd in gleichem Mass umsetzen und aus einer Hand organisieren wie bei Geflügel.

«Bei Tieren mit längeren Fortpflanzungs­zyklen lässt sich die

Standardisierung der Produktion nicht ­annähernd in gleichem Mass

umsetzen und aus einer Hand organisieren wie bei Geflügel.»

Die Anzahl der Schweinebetriebe hat sich seit dem Jahr 2000 um 60 Prozent auf noch 5467 (2022) reduziert. Die Anzahl Schweine pro Betrieb hat auf rund 240 zugenommen. Die Bestände sind jedoch wegen Höchstbestandvorschriften wie bei anderen Tierarten begrenzt. Insgesamt ist die Branche gut organisiert: ­Suisseporc vertritt die Interessen der Produzenten und die Suisag nimmt sich der Produktion an. In der Fütterung werden auch verschiedene Nebenprodukte der Nahrungsmittelindustrie wie Schotte (Molke) aus Käsereien und Mühlennebenprodukte verwertet. In der Schweineproduktion machen die Futterkosten die Hälfte der Gesamtkosten aus. Als Grasland und entsprechend dem Menüplan der Monogastrier importiert die Schweiz über 50 Prozent des Futtermittelbedarfs ­(Futtergetreide und Proteinträger) bei Schweinen. Bei Geflügel sind es sogar über 70 Prozent.2

Die Richtpreise werden zweimal wöchentlich von der Schweinebranche festgelegt. Mit am Tisch sitzen Micarna und Bell. Bei der Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung kommen diese beiden Firmen auf einen Anteil von etwa 60 Prozent. Die Importe liegen im einstelligen Prozentbereich. Zyklische Angebots- und Preisschwankungen prägen den Schweinemarkt (so­genannter Schweinezyklus). Auf zwei gute Jahre folgen zwei schlechte. Die mangelnde Abstimmung des Angebots mit der Nachfrage führt zu Tiefstpreisen, die die Produktionskosten nicht mehr decken. Dies hat auch damit zu tun, dass in Phasen mit tiefen Preisen immer weniger Züchter ihre Produktion stoppen oder reduzieren können.3

Grossviehmast wird populärer

Der Rindfleischmarkt ist stark mit der Milchproduktion verknüpft. Während die Anzahl Milchkühe stetig abnimmt bei steigender Milchleistung, wird die spezialisierte Weide- und Grossviehmast immer populärer. Insgesamt stammt das Rindfleischangebot umgerechnet auf das Schlachtgewicht hauptsächlich (rund 50 Prozent) von Stieren, Rindern und Ochsen. Schlachtkühe machen 34 Prozent aus und die Kalbfleischproduktion 17 Prozent.4 Letzteres hängt von der Entwicklung des Milchviehbestands und des Milchpreises ab. Micarna und Bell mit ihren eigenen Schlachthöfen haben auch beim Rindvieh einen dominanten Marktanteil (60 Prozent).5 Der Importanteil beträgt 15,6 Prozent (2022). Eine Herausforderung der Wertschöpfungskette Rindfleisch betrifft die Treibhausgasemissionen. Der Methanausstoss ist besonders klimaschädlich. Mit einer graslandbasierten Haltung können die Emissionen gesenkt werden (siehe Beitrag von Mathias Binswanger auf S. 18).

Prohibitiv…