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Eine «Börse» für Stiftungsideen?

In der Schweiz gibt es eine Vielzahl gemeinnütziger Stiftungen – grosse und kleine, professionell und dilettantisch geführte, solche, die aktiv neue Themen angehen und andere, die sich darauf beschränken, die Tätigkeit Dritter zu finanzieren. Insgesamt leisten sie einen unschätzbaren Beitrag im kulturellen und sozialen Bereich, in Bildung und Forschung. Aber: es könnte mehr sein. Dies […]

Eine «Börse» für Stiftungsideen?

In der Schweiz gibt es eine Vielzahl gemeinnütziger Stiftungen – grosse und kleine, professionell und dilettantisch geführte, solche, die aktiv neue Themen angehen und andere, die sich darauf beschränken, die Tätigkeit Dritter zu finanzieren. Insgesamt leisten sie einen unschätzbaren Beitrag im kulturellen und sozialen Bereich, in Bildung und Forschung. Aber: es könnte mehr sein.

Dies zeigt ein Vergleich mit den USA. Die führenden amerikanischen Universitäten sind grösstenteils privat finanziert. Ein Anreiz für Stifter liegt in den USA sicher im Steuerrecht, und es ist zu begrüssen, dass in der Schweiz diesbezüglich ein Schritt in die richtige Richtung gemacht worden ist. An den finanziellen Anreizen allein liegt es aber nicht. Vielmehr gibt es in den USA eine Tradition, die Private veranlasst, Teile ihres Vermögens sozialen, kulturellen und anderen gemeinnützigen Zwecken zu widmen. Eine solche Tradition zu schaffen und gesellschaftliche Anreize zu fördern, wäre meines Erachtens auch für die Schweiz sinnvoll.

Dabei denke ich nicht in erster Linie an Unternehmen. Wohl darf und soll sich eine Publikumsgesellschaft wie ein anständiger Bürger verhalten, was – falls man es sich leisten kann – ein Engagement für das Umfeld einschliesst. Auch können im Sponsoring die Interessen von Unternehmen mit denen der Allgemeinheit verknüpft werden. Insgesamt kann es sich aber bei Schenkungen und Sponsoring nur um relativ bescheidene Beträge handeln, und grundsätzlich ist der Gewinn einer AG entweder zu reinvestieren oder aber den Aktionären auszuschütten, wenn man einmal von den Gesellschaften absieht, die in der Hand einiger weniger Grossaktionäre sind. Gefragt ist daher in erster Linie privates Engagement, und hier sollte vermehrt über den Ausbau und die Förderung der «Stiftungskultur» nachgedacht werden.

Das in der Schweiz traditionsreiche Milizprinzip hat viele Persönlichkeiten motiviert, einen Teil ihrer Freizeit dem Gemeinwesen zur Verfügung zu stellen. Warum sollte in Anknüpfung an diese Haltung – und an die in einzelnen Städten und Regionen starken Wurzeln gemeinnütziger Tätigkeit – nicht auch ein Teil der privat erzielten Gewinne sozialen und kulturellen Zwecken zufliessen, wofür die Stiftung ein geeignetes Gebilde ist. Sollte es nicht zum Lebenslauf einer wirtschaftlich erfolgreichen Persönlichkeit gehören, einen Teil des verdienten Vermögens wieder an die Allgemeinheit zurückzugeben, und zwar gezielt zu Gunsten selbst bestimmter Zwecke? Viele haben dies in den letzten Jahren vorgemacht und darin vielleicht auch eine neue Dimension persönlicher Lebensqualität gefunden. Das Miterleben der durch die eigene Stiftung ermöglichten Aktivitäten kann weit bereichernder sein als zweimal täglich der Blick auf die börsenbedingten Schwankungen des Privatvermögens – Schwankungen, die sich letztlich nur auf die Grösse des Nachlasses auswirken und die Erben mehr oder weniger glücklich machen. Stiften schafft überdies soziale Reputation, die Reichtum allein nicht vermitteln kann. Auch hier gibt es in der Schweiz gegenüber den USA Nachholbedarf. Stifter verdienen Anerkennung, und diese wird nicht selten ein wesentlicher Ansporn sein. Die Öffentlichkeit sollte hier keine falsche Zurückhaltung an den Tag legen; Stiften sollte auch in dieser Beziehung attraktiv gemacht werden.

Wir stehen heute im Zeichen eines Abbaus von Staatsaufgaben auf breiter Front. Die Forderung nach «weniger Staat» mag oft berechtigt und vielfach notwendig sein. Aber sie dispensiert nicht von der Frage, wer denn anstelle des Staates jene Aufgaben wahrnehmen soll, die nun brachliegen und deren Erfüllung für das Gemeinwesen unerlässlich ist. Hier kann und soll privates Engagement – vor allem auch mit dem Instrument der Stiftung – einspringen.

Zum Schluss ein Vorschlag: Wie wäre es, eine Art Börse – oder mehrere Börsen – für Stiftungsideen einzurichten, Marktplätze, an denen Opportunitäten für gemeinnützige Zuwendungen angeboten werden? Die Erfahrung zeigt – auch wenn dies paradox erscheinen mag –, dass wohlhabende Personen oft etwas hilflos vor der Frage stehen, wie sie es anstellen sollen, Gutes zu tun. Und Stiftungen haben nicht selten Mühe, ihre Mittel in überzeugende Projekte zu investieren. Diesem «Notstand» könnte durch Börsen abgeholfen werden, und es würde dies besonders überzeugend dann geschehen, wenn diese Börsen transparent gestaltet und die Angebote aufgrund einer gewissen Prüfung mit einem Gütesiegel versehen werden könnten.

Peter Forstmoser ist Präsident des Verwaltungsrates der Swiss Re und Professor für Privat-, Handels- und Kapitalmarktrecht an der Universität Zürich.

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