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(5) Ein schlichtes Gemüt

Wie stellen Sie sich einen Kunsträuber vor? Zuvorkommend, kunstliebend und intelligent?
Ein Gentleman mit einem brillanten Plan, geleitet von idealistischen Motiven?
Alles falsch.

Der Mann, der in Belgien Kunstgemälde gestohlen hatte, war eine Enttäuschung, aber ein netter Kerl. Andere mochten das bezweifelt haben, die Museumsdirektoren und Versicherer, die er um den Schlaf gebracht hat, die Fahnder von Europol in Den Haag, die uns damals auf seine Spur geführt hatten, die Polizisten in Belgien, die uns gewarnt hatten, wir sollten um Himmelswillen vorsichtig sein. Schon gar nicht sollten wir romantische Illusionen hegen von noblen, kunstsinnigen Genies, gesegnet mit dem Charme und Aussehen eines Cary Grant, die die Kunsttempel der Bildungsschickeria mit Brillanz und katzenhafter Eleganz um deren Schätze erleichtern und dabei keiner Fliege zu Leibe rücken. «Kunsträuber sind gewöhnliche Kriminelle», sagte ein belgischer Kommissar, «die sind gefährlich, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen».

Und dann sass Hans vor uns, damals, im November 1994. Er hiess nicht wirklich Hans. Er muss in dieser Geschichte so heissen, weil sich seine Spur mittlerweile verloren hat, weil heute im Internet-Telefonbuch unter seinem Namen und der Stadt Köln, in der er damals lebte, einzig eine Handy-Nummer angegeben wird, unter der sich niemand meldet. Weil ihn auch ein Kölner Detektiv, der ihn einst «so gut gekannt hat, wie man sich im Kölschen Klüngel halt so kennt», seit geraumer Zeit nicht mehr gesehen haben will. Es gibt noch einen Grund, einen ziemlich gewichtigen, seinen Namen nicht mehr öffentlich zu erwähnen. Wir haben es ihm damals versprochen, nachdem unsere Reportage mit seinem richtigen Namen auf einer ganzen Seite in der «Frankfurter Rundschau» erschienen war. Wir mussten es ihm versprechen, man könnte auch sagen: Uns wurde dazu von zweifelhafter Seite geraten – mit unzweifelhaftem Nachdruck.

Hans war eine schillernde Figur in Köln: Karneval, Fussballklub, Altstadt-Nachtleben, überall war er ständig zugegen, ein bunter Hund, wie man sagt. Und ein Selbstdarsteller vor dem Herrn, einer, der gerne abenteuerliche Geschichten erzählt und es dabei mit der Trennung von Phantasie und Wahrheit nicht allzu ernst nimmt, wenn es der Kurzweil seiner Zuhörer dient und ihren Erwartungen entspricht. Erst einmal hatten wir nur Hans’ Silhouette gesehen, als er in der ZDF-Kultursendung «Aspekte» hinter einer Milchglasscheibe sass und aus dem Nähkästchen der Kunstraubkreise plauderte, erstaunlicherweise ohne verzerrte Stimme. Im Sommer 1994 waren aus der Frankfurter Kunsthalle Schirn drei Gemälde der Romantik, zwei von William Turner und eines von Caspar David Friedrich, gestohlen worden, und Hans, vom ZDF-Reporter vorgestellt als ehemaliger Insider, deutete wortreich an, im Fall Schirn über Informationen bezüglich Versicherungserpressung zu verfügen. Konkret wurde er nicht. Dem ZDF immerhin hatte das genügt, um ihm diesen Auftritt zu verschaffen. Einzig darum war es Hans, dem Gauner mit der Profilneurose so mächtig wie der Kölner Dom, in erster Linie wohl auch gegangen. Möglicherweise aber wusste er mehr.

Zwischen diesem Medienauftritt und seinem nächsten musste nämlich etwas Interessantes geschehen sein. Wenige Wochen später gab Hans in Radiointerviews seine Identität preis und beteuerte, sich dem ZDF lediglich als Insider verkauft und ihm eine Räuberpistole angedreht zu haben, eine Eulenspiegelei mithin, was ein Leichtes gewesen sei, weil die Redaktion ihn nicht überprüft hätte. Die Radiosender glaubten es gerne, feierten Hans als den «Lügenbaron von Köln» und schimpften darauf, wie ein Journalismus selbst in ehrwürdigen Häusern zu purer Sensationsgier verkommen sei. Die knackigen Aussagen von Hans nahmen sie mit der gleichen Arglosigkeit hin, die sie ihren Kollegen vorwarfen.

Wir waren damals neugierig auf diesen Kerl geworden und holten Erkundigungen ein. Wir wurden rasch fündig: Hans war bei der Polizei in Köln und Belgien sowie bei Europol sehr wohl bekannt, hatte er doch bereits eine dreijährige Haftstrafe abgesessen wegen Kunstraubes in einem Brüsseler Museum. Es sei nicht auszuschliessen, dass Hans, obwohl nur ein Handlanger, noch gute Kontakte in entsprechende Kreise unterhalte, sagte ein Mann von Europol. Da es damals nicht schwierig war, Hans ausfindig zu machen, beschlossen wir, ihm einen Besuch abzustatten. Bald darauf trafen wir ihn, den ehemaligen Kunsträuber, in der Kölner Innenstadt. Wir hatten ihn uns anders vorgestellt.

Zweifelsfrei ist es Hollywood, das uns die tollsten Vorbilder unseres naiven Glaubens beschert, Kunstraub sei ein von kunstsinnigen Superhirnen ausgetüfteltes Kavaliersdelikt. In schwarzer Nacht und selbst am helllichten Tage überlisten diese aufwendigste Sicherheitssysteme, weil sie einem Masterplan folgen, der einer überdurchschnittlichen Psychologie und Kreativität entstammt, die letztlich den Biedersinn des braven Bürgers bestraft und dessen Phantasielosigkeit entlarvt. Für die meisten von uns gilt vermutlich sogar: Es sind die einzigen Vorbilder.

Pierce Brosnan im Remake der Thomas Crown Affair lieferte Ende der 90er Jahre ein wunderbares Beispiel. Im Showdown entwendet er ein Kunstwerk aus einem Museum – auf Ansage, vor tausend Augen des Gesetzes, die gebannt auf Hunderte Überwachungsmonitore blicken, unterstützt von einer Schar getarnter Einsatzkräfte. Im schwarzen Mantel und mit Melone, einen Aktenkoffer in der einen, einen Regenschirm in der anderen Hand, als ironisches Zitat des berühmten wie geheimnisvollen Mannes mit Melone von Henri Matisse quasi, erscheint Pierce Brosnan in den heiligen Hallen, und wie er einen Augenblick durch einen toten Winkel der Kameras huscht, taucht in einem anderen Bildschirm ein Doppelgänger auf, dann ein zweiter, dritter, bald unzählige, die scheinbar ziellos durch die Flure des Museums schreiten und doch einer Sinne raubenden Choreographie folgen, die sich mit der Verwirrung der tausend Augen zu einer Geisterstunde im Labyrinth verknüpft. Die neue Unübersichtlichkeit im medialen Allgegenwärtigkeitssystem.

Auch Brosnans berühmte Vorgänger entsprachen allesamt dem Klischee und Geist ihrer Zeit und machten sich deren Hybris zunutze, gaben in Ästhetik und Etikette geschulte Lebemänner, deren gesetzloses Handeln als folgerichtiger Ausbruch aus der Konvention inszeniert wurde. Steve McQueen war Ende der 60er Jahre der Ur-Thomas Crown, ein cooler, die aufkeimende sexuelle Freizügigkeit in vollsten Zügen geniessender und doch diskreter Playboy, der selbst die auf ihn angesetzte Versicherungsdetektivin in Wallung versetzte. Zehn Jahre zuvor hatte David Niven in «The Pink Panther» einen Juwelen- und Kunstdieb gespielt, einen englischen Edelmann par excellence, nobilitiert durch höchstes Ansehen in adeligen Kreisen, der dem trotteligen Inspector Clouseau die Nerven und obendrein die schöne Frau raubte. Mitte der 50er Jahre schmachteten die Mädchen in den Kinosälen Cary Grant an, und die Burschen waren neidisch, weil sich der smarte und elegante Amerikaner, Idol eines demokratischen, von allen bourgeoisen Zwängen befreiten Lifestyles, das mondäne Nizza und die anmutige Grace Kelly unterwarf. Wie sollte man solche Männer nicht bewundern?

Wenn es so etwas gibt wie einen göttlichen Entwurf zum Gegenteil von Cary Grant, dann muss das Ergebnis einer wie Hans sein. Er war Anfang 50, klein und dicklich, auf seinem kurzen Hals ruhte ein viel zu grosser Schädel, den er, von fataler Eitelkeit getrieben, noch besonders betonte mit stürmischen Fönwellen und einem Kaiser-Wilhelm-Bart, der bürstenbreit und grotesk gezwirbelt vermutlich seine fleischigen Wangen kaschieren sollte. Geheimnisvoll war Hans nicht, im Gegenteil. Er schwätzte in breitestem Kölsch ohne Punkt und Komma. Ja, er habe noch leichten Kontakt zur Kunstraubszene. Ja, da geisterten Namen herum von Leuten, die irgendwie mit den Turner-Bildern zu tun haben sollten. Nein, er kenne diese Leute kaum bis gar nicht, da wäre nur ein sehr entfernter Bekannter, der hätte sich vor dem Raub auffällig häufig in Frankfurt aufgehalten. Ja, die Versicherungsdetektive seien ihm auch schon auf die Pelle gerückt. Nein, die Polizei sei noch nicht aufgetaucht. Ja, er wisse durchaus von Milliardären, vornehmlich japanischen, die sich Bilder klauen liessen und sie im Tresorraum der eigenen Villa ihren exklusiven Blicken widmeten. Nein, er habe seine Auftraggeber nie gekannt. Ja, meistens steckten wohl schlicht kriminelle Vereinigungen dahinter. Nein, Gentlemen könne man Leute wie ihn wohl kaum nennen. Ja, die Topleute in der Szene seien gefährlich, wenn man ihnen auf die Schliche komme. Nein, er könne nicht mehr sagen. Ja, er tue sich gern wichtig. Nein, er selbst sei ein kleines Licht. Ja, da gebe es einen Mann, der hätte wohl Informationen, der habe ihm gedroht nach seinem Aspekte-Auftritt. Und dann fiel plötzlich ein Name, er war Hans herausgerutscht im Redeschwall, und es war offensichtlich, dass er sich zum einzigen Mal in unserem Gespräch unwohl fühlte, zumal plötzlich eine seltsame Stille im Raum lag und wir, meine Kollegin und ich, uns verdutzt ansahen, vielleicht gar ein wenig erschrocken. Beim Abschied musterte Hans uns, die wir damals noch keine 30 waren und reichlich unerfahren, schüttelte sorgenvoll den Kopf und sagte: «Kinder, Kinder, passt bloss auf. Vergesst am besten alles wieder.»

Was den Kunstfiguren der Filmstars gemein ist: es geht von ihnen keine direkte Bedrohung aus, weder physisch noch materiell, zumindest, und das ist entscheidend, nicht für Ottonormalbürger. Darin immerhin könnten die fiktiven mit den realen Kunsträubern übereinstimmen. Durchschnittsmenschen reiben sich nämlich gerne schadenfroh die Hände, wenn schier ungreifbare Gestalten des Nachts Banktresore knacken, mithin sich bei jenen bedienen, hinter deren Geschäften sie ohnehin Betrug in Nadelstreifen wittern. Um ihren manchmal geradezu unverhohlenen Beifall einzuheimsen, braucht es nicht mal mehr eine Wohltat in der Tradition eines Robin Hood. Kunstraub steht in der Hierarchie der am wenigsten geächteten Kriminaldelikte zuoberst, das Etikett Verbrecher wird selten verliehen, die romantische Idee, den Kunsträuber motiviere nicht allein der Marktwert seines Diebesguts, sondern auch der ideelle, ist ein Grund dafür. Selbstverständlich entspringt diese Idealisierung einer Gratis-Moral. Wer nicht über wertvolle und ihm kostbare Kunst verfügt und letztlich auch nicht viel Freude an deren Existenz empfindet, identifiziert mit kleinbürgerlichem Neid den Kunsträuber als Rebellen gegen eine Geldwelt versponnener, arroganter Snobs, eine Welt, die sich ihm konsequent verweigert und ihm schon allein deshalb zuwider ist.

Der Taschendieb hingegen, der mit magischer Fingerfertigkeit auf der Rolltreppe das Portemonnaie aus der zugeknöpften Gesässtasche entwendet, gilt als permanente, persönliche Gefahr für jedermann, als Abschaum. Schliesslich kann fast jeder leidvoll von der Unbill berichten, die der plötzliche Verlust von Geld, Karten und Ausweispapieren nach sich zieht. Als 1966 die von der englischen Fussballnationalmannschaft kurz zuvor gewonnene WM-Trophäe geraubt wurde, hallte ein kollektiver Schrei der Entrüstung durchs Königreich und dokumentierte ein Volkstrauma. Nein, solange der Kunsträuber niemanden verletzt oder gar tötet, bleibt er ein sympathisches Phantom und seine Tat L´art pour l´art.

Im Kölschen Klüngel wussten viele von Hans’ Vergangenheit. Gemieden wurde er deswegen nicht. Hans galt eben als der liebenswerte Ganove; in vertrauten Kreisen erntete er sogar bewundernde Lacher, wenn er seinen Beutezug dramatisch ausschmückte. Öffentlich wollte er lieber schweigen, zu schnell habe man den Ruf eines Prahlhanses weg – und den Connaisseur nehme ihm sowieso niemand ab. Ein kleines Faible für Kunst reklamierte er sehr wohl für sich, die französischen Impressionisten mochte er gerne, familien-biographisch bedingt. Monet, Manet, Degas, schön seien die, sagte er, konnte aber nicht verhehlen, dass ihm für die Werke der Klassischen Moderne jeder Sinn fehle, ja jedes Verständnis. Hans stammte aus kleinbürgerlichen Verhältnissen, aus einer Linie hugenottischer Einwanderer, die sich zu Zeiten Napoleons in Köln niedergelassen hatten. Kriminelle Energie hatte er früh entwickelt, aus Langeweile und Abenteuerlust. Elektronikexperte, hatte er sich bereits als junger Mann kleinkriminell verdingt, irgendwann war er dann mit einer belgisch-rheinländischen Kunstraub-Bande in Kontakt geraten, wie das halt so kommt, über den Bekannten eines Bekannten, «keine Ahnung mehr». Nobel seien die alle nicht gewesen, besonders gebildet schon gar nicht. Erfahren waren sie, und wie! Blickten allesamt auf mehr oder weniger spektakuläre Karrieren zurück: Drogendeals, Scheck- und Trickbetrug, Banküberfälle. Versicherungsbetrug, Erpressung, Geldwäsche, deshalb seien sie auf die Gemälde angesetzt worden, von wem auch immer. Eine Waffe habe er dabei nicht getragen, die anderen schon, für den Notfall halt, aber den habe man ja ausschliessen können. Gut geplant sei eben gut geplant. «Das hat beim Urteil für uns gesprochen, die Haftstrafen waren relativ milde.» Und dann sagte er allen Ernstes, fast so, als erwartete er ein Lob: «Zu Schaden ist bei uns niemand gekommen. Das gehört zum allgemeinen Ethos der Branche.»

Wie fühlt sich ein Wärter, der in einem verlassenen Museum von zwei Männern überwältigt, mit Handschellen gefesselt wird und eine Stoffhaube über den Kopf gestülpt bekommt? In Frankfurt sind einst drei Männer, die einen Geldtransporter überfallen hatten, zu vergleichsweise

geringen Haftstrafen verurteilt worden, weil der Fahrer des Geldtransporters versichert hatte, zu keiner Zeit ernsthaft für seine Gesundheit oder gar sein Leben gefürchtet zu haben. Die Gangster seien sehr zuvorkommend gewesen und hätten sich mehrfach nach seinem Befinden erkundigt. Sprach das nun für das lobenswerte Einfühlungsvermögen der Täter, wie deren Anwälte seinerzeit sagten, oder für die aussergewöhnliche psychische Stabilität des Opfers, wie der Staatsanwalt entgegenhielt? Der Richter folgte den Anwälten. Wie also erging es dem Wärter in der Frankfurter Kunsthalle Schirn im Juli 1994, als die zwei Unbekannten die beiden Turner und den Friedrich, Leihgaben der Tate Gallery in London und der Hamburger Kunsthallen, einsackten?

Leider erfährt man das auch nicht von den beiden Kunsthistorikern und Journalisten Nora und Stefan Koldehoff in ihrem lesenswerten Buch «Aktenzeichen Kunst». In dieser im Sommer bei Dumont erschienenen, spannenden wie informativen Fleissarbeit rapportieren sie die spektakulärsten Fälle der vergangenen hundert Jahre, selbstverständlich auch den aus Frankfurt. Faktenreich eröffnen sie Einblicke in einen kriminellen Kosmos, der jede Edelganoven-Romantik ad absurdum führt. Keine Nivens und Grants – Typen wie Hans sind in dieser Chronik allgegenwärtig. Schade ist nur, dass die Koldehoffs einzig jene interviewt haben, die als LKA-Ermittler, Versicherer und Kunst-Detektive auf der Seite des Gesetzes stehen. Gerne hätte man eben jene Neugier für die Schattenwelt befriedigt gefunden, die das Buch zu wecken versteht, zumal etliche Geister dieser Welt mittlerweile dingfest gemacht worden sind. Im Vorwort bereits nehmen die Autoren ein entscheidendes Ergebnis ihrer Recherchen vorweg: der sagenumwobene, kunstsinnige, exzentrische Milliardär sei ein Mythos. Wie schade, seufzt man da unwillkürlich ob dieser Entzauberung, stärkt von Seite zu Seite aber wieder mehr und mehr die Beharrlichkeit seines Glaubens an diesen Mythos, weil die Koldehoffs nicht begründen können, weshalb es solche Milliardäre nie gegeben haben soll. Zumal sie selbst auf einen aktuellen, besonders medienwirksamen Fall hinweisen, den des jungen Schweizers Stéphane Breitwieser, der sich aus purer Liebhaberei zig Gemälde in Museen und Galerien mir nichts, dir nichts unter den Mantel schob und sie im Hause seiner Mutter hortete. Spricht solch ein Tätertyp nicht auch für die Möglichkeit, dass sich manch weit besser Betuchter gar nicht erst selbst in akute Ertappungsgefahr begibt? Dabei erscheint einem schliesslich die Aussage eines LKA-Ermittlers als Bestärkung: «Wenn Bilder gar nicht mehr auftauchen, dann gibt es eigentlich nur den einen logischen Schluss, dass sie einen Abnehmer gefunden haben und in irgendeinem stillen Kämmerlein an der Wand hängen, so dass sich leider nur noch einige wenige daran erfreuen können.»

Was Hans vom Turner-Raub wirklich wusste, wollten wir damals schon gar nicht mehr herausfinden. Zwar liessen wir uns von der Polizei den von Hans erwähnten Mann als mögliche Zielperson bestätigen, nahmen aber die Warnungen der Beamten ernst und beschränkten uns in unserer Reportage lieber auf die widersprüchlichen Medienauftritte des ehemaligen Kunsträubers. Hans hatte nichts dagegen, dass wir uns dabei seines richtigen Namens bedienten. Andere jedoch könnten nervös geworden sein. Wenige Tage nach Erscheinen der Reportage erhielten wir einen Anruf von einem Unbekannten, auf einer unserer Privatleitungen. Die Drohungen waren eindeutig. Das letzte Mal hörten wir dann von Hans, als auch er uns anrief und sagte: «Ich habe denen versprochen, mit euch nur noch einmal zu reden und euch davon zu überzeugen, dass ihr jetzt die Finger von der Sache lasst. Die Nummer wird zu gross für euch.» Nach allem, was wir damals wussten und vermutlich nicht mal zu ahnen vermochten, klang das sehr überzeugend. Wir wollten denn auch nicht mal mehr darüber grübeln, ob wir einer von Hans’ Selbstinszenierungen aufsassen, mit der er sich bloss wieder interessant machen wollte. Wenn es so war, war es gut gemacht. Hans wirkte aufrichtig besorgt, der liebe Hans, wie wir letztlich fanden. Er war zwar eine Enttäuschung, aber er war keinesfalls unsympathisch. Ein netter Kunsträuber eben.

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