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Ein Philosoph auf Greta  Thunbergs Spuren
Peter Sloterdijk: Die Reue des Prometheus. Berlin: Suhrkamp, 2023.

Ein Philosoph auf Greta
Thunbergs Spuren

Peter Sloterdijk: Die Reue des Prometheus. Berlin: Suhrkamp, 2023.

In seinem jüngsten Werk stellt Peter Sloterdijk abermals seine überragenden Sprachkenntnisse unter Beweis. Die von ihm vorgebrachte These ist hingegen weniger überzeugend. Der Philosoph argumentiert, dass der griechische Titan Prometheus, welcher der Menschheit durch einen an Zeus verübten Diebstahl das Feuer schenkte, diese Gabe bereue. Diese Mechheit, so Sloterdijk, sei in pyrotechnische Ex­treme getaucht, ein «Kollektiv von Brandstiftern» geworden, deren technologischer Fortschritt und Luxus­leben auf der Ausbeutung und Verbrennung fossiler Brennstoffe beruhe. Eine positive Seite dieser feurigen Menschheits­geschichte sei immerhin der Ersatz menschlicher Muskelkraft durch maschinelle Arbeit.

Die negativen Auswirkungen der prometheischen Revolution wiegen für ihn jedoch schwerer. Als höchste Gefahr entpuppt sich der Klimawandel, der die Welt in einem «Megafeuer», in einer regelrechten Epykrosis, zu verschlingen drohe. Er verurteilt die «Malignität des bestehenden Systems», in dem sich Unternehmen und Staaten Erdöl, Kohle und Gas kapitalistisch zunutze machten, was den krimi­­nellen «Hauptfehler» der Moderne darstelle. Diese Energie­träger hätten stattdessen zum «Weltbodenschatzerbe» deklariert werden müssen, in Analogie zum Unesco-Weltkulturerbe. Den kapitalistischen Gebrauch der fossilen Schätze lehnt Sloterdijk streng ab und wünscht sich, es wäre nie ­geschehen.

Ironischerweise schreibt Sloterdijk über eine die Voraussicht verkörpernde göttliche Gestalt. Voraussicht fehlt aber in diesem Buch. Denn hätte die Menschheit fossile Brennstoffe nicht angetastet, wären wir weiterhin in der vorindustriellen Misere gefangen, mit tiefer Lebenserwartung und hoher Sterblichkeit, schlimmen Krankheiten und schlechter Medizin etc. Diese Brennstoffe nun gar nicht mehr zu nutzen, wie der Philosoph empfiehlt, würde den Westen verarmen lassen und anderswo Menschen in Armut auf ewig in ihrem jetzigen Elend einsperren. In Zeiten, in denen Greta Thunberg als ikonische Lichtgestalt gilt, sollte Philo­sophie eigentlich die Aufgabe zukommen, po­puläre Vorstellungen wie «Klimagerechtigkeit» zu kritisieren.

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