Ein Glas Wein
mit Lars Rominger
Ich klingle bei einem Einfamilienhaus in Edlibach, bei Fam. Rominger. Lars Rominger öffnet mir die Tür, vom Verband Idee Suisse als innovativster Unternehmer des Jahres 2016 ausgezeichnet, Dritter bei der Wahl zum Zuger des Jahres 2017 und ständig beschäftigt mit Innovationen, die etwas mit Kunststoffen zu tun haben. Herausgekommen dabei ist etwa der Rominger-Laborkoffer: ein Erkennungs-Kit, mit dem innerhalb von zwölf Minuten eine Erstanalyse vorgenommen werden kann, ob es sich bei einem Kunststoff um Polymere, Polystrol, Polyacetate oder etwas anderes handelt. Ausserdem hat Rominger einen belastbaren Büstenhalter konzipiert: für sportliche Frauen mit grosser Oberweite, die sich eine passgenaue Spezialanfertigung wünschen. Statt aus herkömmlichen Materialien besteht der BH aus einer Polymerfaser, die weniger Viskose und mehr elastische Anteile aufweist.
Seine bisher erfolgreichste Erfindung war der Green Bag, ein sich selbst kompostierender Sack: «Das Patent habe ich an einen grossen ausländischen Konzern verkauft – mit etwas Wehmut, denn es ist ein Produkt mit viel Potenzial. Doch als kleiner Erfinder muss man im richtigen Moment loslassen können. Gegen Grosskonzerne, deren Anwälte eine rechtliche Auseinandersetzung über viele Jahre hinziehen können, hat man nur wenig Chancen.» Feste Mitarbeiter beschäftigt Rominger keine. Stattdessen arbeitet er projektspezifisch mit externen Spezialisten zusammen: «Wenn man kleiner und agiler ist, hat man grössere Chancen auf Erfolg. Im Moment kostet mich das mehr. Ist das Projekt aber durch, sind die Kosten wieder weg.»
Rominger stellt eine weitere seiner Erfindungen auf den Wohnzimmertisch: einen Weinveredler, mit dem auch längst nicht mehr geniessbare zu trinkbaren Weinen gemacht werden können. Nach dem ersten Glas Wein probieren wir es aus: der Barriquer, ein Eichenzapfen am Stab, wird in den Wein eingelassen. Während wir plaudern und uns an einer Käse- und Aufschnittplatte gütlich tun, wirkt er eine Stunde lang auf den Wein ein. «Ich habe schon mehrere Tausend Barriquer-Kits für 29 Franken verkauft», sagt Rominger. «In nur einer Stunde erreicht man damit einen Reifungsprozess von zehn Jahren.» Nach dem Behandlungsprozess testen wir den nunmehr behandelten Wein nochmals, und tatsächlich, er scheint sich etwas verändert zu haben.
Auf dem Balkon, von dem aus man wunderbar auf die grünen Hügel über der Stadt Zug blickt, steht eine Darth-Vader-Maske aus Stein, und am Hauseingang sind Figuren von «Star Wars» und «Tim & Struppi» postiert, unbestritten Helden von Rominger. Aufgewachsen ist er ein Dorf weiter, in Menzingen. In Edlibach wohnt er nun aber auch schon zwanzig Jahre, eben ist die letzte seiner drei Töchter ausgezogen. Neben dem Ausbrüten von neuen Erfindungen arbeitet er Vollzeit als Head of Operational Excellence beim Pharmaunternehmen Gerresheimer, dessen Standort Küssnacht allerdings per Ende 2019 schliesst. Hinzu kommen Lehraufträge an verschiedenen Bildungsstätten: «Ich muss mich an den Bildungsplan halten, doch ich versuche, die Schüler zur Kreativität zu bringen. Auswendiglernen ist gut, aber auch nicht alles. Und alles ins Internet auslagern ist auch keine Lösung.» Selbst hat er Chemie studiert, mit einem Nachdiplomstudium in Betriebswirtschaft, er ist auch Autor des Lehrmittels «Qualitative Kunststoffanalytik». Neu herausgegeben hat er auch ein Buch über ihn selbst, unter dem Titel «Lars war’s: Kreativ in neue Galaxien» – eine Art Lebensratgeber für Unternehmer und Erfinder oder solche, die das werden wollen. Am Standort Schweiz wird schliesslich immer noch produziert, und das soll auch so bleiben: «Der Standort Schweiz ist hochstehend und erhaltenswert. Wir Schweizer neigen manchmal dazu, uns an den Rand drängen zu lassen. Dabei haben wir ein schampar gutes Qualitätsbewusstsein! Ich glaube, wir verkaufen uns unter Wert. Es wäre ein Fehler, wenn wir uns zu reinen Dienstleistern abdrängen liessen.» Wie sein um fünf Jahre älterer Bruder Tony war Rominger früher auch Radrennfahrer. Heute jedoch sei er vor allem bergab gut, lacht er. Weil er so schwer sei.
Wein: Domaine de Gensac, «Piaffer», Gers / Frankreich, 2012