Ein Glas Wein
mit Frank Urech
Frank Urech ist Co-Gründer des Möbel-Online-Shops Mooris.ch.
Wir treffen Frank Urech, Co-Gründer von Mooris.ch, am Zürcher Kreuzplatz zu einem Glas Amarone. Auf der eigenen Webseite präsentiert Mooris täglich neue Möbel, Accessoires und Wohnideen, die gleich auch verkauft werden. Kunden berät das Mooris-Team direkt über das Netz oder persönlich im Studio an der Zürcher Zurlindenstrasse. Urech ist leicht nervös, blickt ab und zu aufs Handy: Seine Frau Jeannette erwartet das zweite Kind.
Herr Urech, Ihr Geschäftskonzept ist eine originelle Sache. Wie kam es dazu?
Ich führte lang ein Möbelgeschäft im Zürcher Kreis 3 mit einer tollen Stammkundschaft, hatte aber Lust auf etwas Neues. Zusammen mit Lea Montini und Claudio Beffa gründete ich Mooris.ch AG. Wir stellen Produkte mit selbst erzählten Geschichten in eigenen Inszenierungen vor. Technisch möglich machte das Claudio Beffa, der den Webshop und die App programmiert hat, über die enorm viel läuft. Wir wachsen als kleines Start-up stetig, das gilt sowohl für das Mooris-Team als auch für unsere Abonnenten und Kunden. Mittlerweile zählt das Team 15 Mitarbeiter und unsere Website hat 50 000 registrierte Mitglieder. Wir möchten organisch zu einem starken Unternehmen heranwachsen, vielleicht so, dass ich in ein paar Jahren nicht mehr zu 150 Prozent präsent sein muss. Dann gibt’s Platz für Neues.
Sie haben keine Mühe beim Gedanken, das erfolgreich Aufgebaute dann auch wieder loszulassen?
Eigentlich nicht. Das Problem ist, jemanden zu finden, der den Karren weiterzieht. Wir brauchen Leute, die uns entlasten und Verantwortung übernehmen. Es ist nicht einfach, die zu finden. Die junge Generation scheint eine Teilzeitgeneration zu sein. Viele haben keine Lust, sich einzusetzen. An Bewerbungsgesprächen fragen sie bald nach dem Lohn und verlangen ein Salär, das wir uns selbst nicht auszahlen – wir sind ein Start-up! Sie wollen Teilzeit und Home Office. Das ist ein Missverständnis. Wir wollen die Möglichkeit bieten, in ein kreatives, aufstrebendes Unternehmen einzusteigen und sich zu beweisen – für sie ist aber Geld die höchste Priorität.
Pardon, aber warum funktioniert Mooris? Möbelgeschäfte gibt es doch wie Sand am Meer.
Eben deshalb. Wir sind anders, haben zum richtigen Zeitpunkt mit einer neuen Art von Beratung angefangen, die die Kunden zuhause abholt, statt sie zwingend in Möbelhäuser zu bitten. Und wir haben grosses Know-how, was die einzelnen Produkte und die Logistik anbelangt.
Frank Urech nippt an seinem Amarone, eigentlich ein gut konzentriertes, fruchtiges Vergnügen, aber: Kontemplation ist heute nicht angesagt. Schliesslich muss er vielleicht noch ins Spital fahren.
Was war Ihr Traumberuf als Kind?
Ich wollte Architekt werden. Das Grösste war für mich immer, etwas zu bauen: Häuser hochzuziehen, Löcher zu buddeln, zu schreinern. Ich habe Hochbauzeichner gelernt, ein Architekturstudium absolviert und Industriedesign studiert. Ich wollte lernen, wie man schweisst und mit Maschinen umgeht. Stattdessen brachte man uns bei, wie man Konzepte schreibt. Eine Enttäuschung.
Was stört Sie als Staatsbürger?
Der Staat könnte Unternehmern das Leben etwas leichter machen. Zum Beispiel finde ich Kitas recht teuer. Als Selbständiger trage ich ein Risiko. Ich bin meist der Erste, der sein Kind bringt, und der Letzte, der es holt. Dafür schaffen wir Arbeitsstellen. Könnte es da nicht ein Entgegenkommen geben? Eine Vergünstigung für Selbständige? Ich fände das fair.
Ihre Ehefrau Jeannette arbeitet mit Ihnen zusammen. Ist das gut oder schlecht?
Es ist das Beste! Aber wir sehen uns immer noch zu wenig! (lacht) Morgens gehen wir ins Geschäft und jeder macht sein Ding. Wenn wir am Abend zuhause sind, ist es dann nicht immer leicht, abzuschalten. Das ist halt so als Unternehmer. Aber wir sind zum Ausgleich viel unterwegs. Und wir haben Zeiten festgelegt, zu denen wir zuhause nicht arbeiten. Das hilft.
In diesem Moment klingelt sein Handy: seine Frau. Urech macht sich auf den Nachhauseweg. Noch in derselben Nacht, so erfahren wir später, ist das Paar ins Spital gefahren, aber: Fehlalarm. Eine Woche nach unserem Glas folgt die freudige SMS. Sie sind zum zweiten Mal Eltern geworden.
Wein: Villa del Castello Azienda Agricola Recchia: «Il Guardiano» (Amarone), 2011