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Illustration: Matthias Wyler / Studio Sirup.

Ein Glas Wein mit

Olivier Kofler, CEO bei Carvolution, Bannwil

 

«Mein Lebensziel war es immer, mit 35 Jahren finanziell unabhängig zu sein, und dies konnte ich glücklicherweise mit meiner Tätigkeit als Unternehmer erreichen. Nun will ich es mit Carvolution aber nochmals wissen!», ruft Olivier Kofler, und ich denke mir: Ein 35-Jähriger will es nochmals wissen? Werden solche Sätze normalerweise nicht eher von 65-Jährigen geäussert? Es ist die innovationslahme Autoindustrie, die Kofler bewegt hat, einzugreifen. Zunächst nur ein Investor bei Carvolution, hat ihn das Konzept des dauerhaften Automietens so überzeugt, dass er, als er vor rund 10 Monaten angefragt wurde, ob er nicht CEO werden wolle, zusagte. Es ist Freitagnachmittag im bernischen Bannwil zwischen Aare und A1, wir öffnen die Flasche Rotwein im Sitzungszimmer, das den grossen, mit allerlei Neuwagen vollgestellten Carvolution-Hallen angebaut ist.

«Unser Team hier vor Ort umfasst 35 Leute, Studierte und Autoschrauber bunt durchmischt, wir haben gut zueinander gefunden», sagt Kofler. «Unsere allergrösste Herausforderung ist, aufzuzeigen, dass wir sehr viel mehr bieten als Leasing. Ausser dem Tanken ist bei unseren Auto-Abos wirklich alles dabei: Versicherung, Service und Unterhalt, Strassensteuer, Autobahnvignette, Reifenlagerung und Reifenabnutzung.» Die Preisspanne für ein Fahrzeug im Monatsabo geht dann auch von 350 Franken (Ford KA+) bis 1400 Franken (Tesla). Wie bei Netflix oder Spotify ist das Abo monatlich kündbar, alle drei Monate kann man das Auto wechseln. Das Wachstum ist rasant. Aktuell hat Carvolution bereits über 1200 Kunden vom Konzept Auto-Abo überzeugt. Das Ziel ist klar formuliert: Es sollen 10 Prozent von allen in der Schweiz neu zugelassenen Autos (300 000 jährlich) per Abo herumfahren. In einem Winner-Takes-It-All-Markt will man zum Winner werden bzw. Winner bleiben: Carvolution ist schon heute mit Abstand der grösste Anbieter dieses Mietmodells.

An sich sei Carvolution aber nicht nur in der Autobranche zu Hause, sagt Kofler, der beiläufig auch von Tesla schwärmt, sondern auch im Bereich Fintech anzusiedeln: «Unsere Einkäufe sind stark datengetrieben: Wir müssen wissen, welches Modell von welcher Marke in welcher Farbe und Ausstattung in drei bis sechs Monaten gefragt ist.» Um Kunden zu gewinnen, macht Carvolution sehr viel datengetriebene Werbung und spielt die gezielt in den sozialen Medien und bei Online-Publisher-Me­dien wie beispielsweise «20 Minuten» aus. Zieht das nicht auch Kunden an, die gar nicht bezahlen können? Nein, man habe strenge Bonitätschecks, sagt Kofler – den typischen Carvolu­tion-Kunden gebe es denn auch gar nicht, es sei kein Muster zu erkennen: «Es sind Junglenker, junge Familien, Senioren, kleine und grosse Unternehmen, aber auch Expats.»

Olivier Kofler ist verheiratet, kommt aus Rapperswil und will dort auch weiterhin bleiben. Nach einer Lehre als Mediamatiker gründete er schon im zarten Alter von 19 in Ebnat-Kappel die Webagentur iBROWS. Während andere Party feierten am Freitagabend, ging er früh nach Hause und rackerte am Samstag – um sich davon wenige tausend Franken im Monat auszahlen zu können: «Doch zehn Jahre später waren wir 35 Leute», erzählt Kofler, die Firma wurde später von PwC aufgekauft. «Weil es damals noch keine cloudbasierten Dienstleistungen gab, gründeten wir Bexio.» Bexio gehört zu den erfolgreichsten Start-ups der Schweiz, wurde von der Mobiliar geschnappt und ist heute am Markt erfolgreich mit Software für KMU.

Was ihn als Unternehmer nervt? «Wir haben 26 verschiedene Strassenverkehrsämter plus Liechtenstein, und bei jedem einzelnen Kanton ist der Prozess anders, das Auto einzulösen. Mal sehr analog, mal sehr digital, auch die Preise für die Dienstleistungen unterscheiden sich bis zu 100 Prozent. Für uns wäre eine Vereinheitlichung natürlich wünschenswert, denn bei so vielen Unterschieden kann man schlecht automatisieren, also auch nicht effizient arbeiten.» Besser geworden in den letzten Jahren dagegen seien die Rahmenbedingungen für Start-ups in der Schweiz. Sowohl von privater als auch von halböffentlicher Seite erhalte man sehr viel Unterstützung. Ein Start-up, das Kapital suche bis etwa 1,5 Millionen Franken, finde das relativ leicht. Bei den späteren, höher dotierten Finanzierungsrunden würden viele hiesige Finanzierer jedoch oft kneifen, weshalb zu viele gute Start-ups ins Ausland abwanderten.


Wein: Weingut Erich Meier, «Plural», AOC Zürich, 2016 (Diolinoir, Pinot noir)

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