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Roland Kellenberger, illustriert von Dunvek.

Ein Glas Wein mit

Roland Kellenberger, Musikschule Kellenberger, Bern

 

Roland Kellenberger ist in einer Unternehmerfamilie aufgewachsen. «Meine Eltern haben in den 60er-Jahren eine Transportfirma auf­gebaut und alles wies darauf hin, dass ich das Geschäft übernehmen würde», erzählt er. Kellenberger machte die Lehre zum Lastwagen­mechaniker, arbeitete im Geschäft mit, wurde stellvertretender Geschäftsleiter. Doch dann ging er einen anderen Weg. Früh hatte er entdeckt, dass sein Herz für die Musik schlägt. «Ich musizierte sehr oft mit meinem Vater. Von klein auf spielte ich auf dem Akkordeon Tanzmusik. Dann ging ich zum Jazz über und stieg aufs Klavier um, ­absolvierte die Jazzschule.» Die Entscheidung, seiner Leidenschaft zu folgen und sich vollumfänglich der Musik zu widmen, sei nicht einfach gewesen. Sie stellte sich allerdings als richtig heraus. «Ich wusste lange nicht, dass mein Vater selbst Berufsmusiker gewesen war, bevor er Unternehmer wurde. Er hatte sich immer ein eigenes Musikgeschäft gewünscht.» 2017 weihte Kellenberger seinen Musikladen im Berner Quartier Weyermannshaus ein. Bei unserem Gespräch sind wir von Klavieren umgeben, hinter mir steht ein ­Flügel der Marke Kayserburg, eine High-End-Serie von Pearl River, dem grössten Hersteller von Klavieren weltweit. Erst vergangene Woche war deren Cheftechniker im Laden zu Besuch, um Interessierten Hintergrundwissen zum Klavierbauen zu vermitteln – in einer von vielen Veranstaltungen, die hier das Jahr hindurch stattfinden.

Das Angebot im Laden reicht von gewöhnlichen Klavieren über Digital- und Silentpianos bis hin zu innovativen transakustischen Klavieren, die sowohl akustisch als auch digital gespielt werden können, wobei der digitale Sound durch einen speziellen Resonanzboden verstärkt werden kann und sich anhört wie derjenige eines akustischen Klaviers. Neben den Tasteninstrumenten bietet der Laden auch eine Auswahl an Saiten-, Schlag- sowie Blasinstrumenten an, die auch über den eigenen Onlineshop vertrieben werden.

Bevor er den Laden eröffnete, bot Kellenberger bereits Musikunterricht an. Angefangen hat er Ende der 1980er-Jahre als freischaffender Instrumentallehrer im kleinen Kreis – seither wuchs die Schülerschaft stetig an. In den 90er-Jahren eröffnete er eine eigene Musikschule. Derzeit werden rund 700 Schülerinnen und Schüler von 25 Lehrpersonen unterrichtet. Neben den neuen Musikräumen im Musikladen verfügt die Schule bereits seit 1995 über Räumlichkeiten im zentral gelegenen Monbijouquartier.

«Unterrichten sollte eine Berufung sein und kein Beruf», sagt Kellenberger. Ziel sei es, stets die Freude am Musizieren weiterzugeben und andere für die Musik zu begeistern. Um als privates Unternehmen neben den subventionierten öffent­lichen Musikschulen bestehen zu können, setzt Kellenberger auf persönliche Betreuung in einem familiären Umfeld und geht auf individuelle Bedürfnisse ein.

Besonders ist das Konzept der sogenannten «Frühmusikalisierung», das auch vom japanischen Klavierbauer Yamaha gefördert wird, mit dem man seit 2005 intensiv zusammenarbeitet. Bereits ab vier Monaten bis zum sechsten Lebensjahr können Kinder in die Welt der Musik eintauchen und spielerisch und intuitiv erste musische und soziale Kompetenzen erwerben, die ihnen anschliessend im Instrumentalun­terricht zugu­tekom­men. In der Mu­sik­schule nimmt Kellenberger zusammen mit Kindern und Lehrpersonen auch bekannte Mundartkinderlieder auf, die im Rahmen des Projekts doremifa.ch an werdende Mütter und Familien als CDs verschenkt und auf dem eignen YouTube-Kanal veröffentlicht werden, wo sie bisher insgesamt mehr als zwei Millionen Aufrufe erreicht haben.

Die Coronapandemie hat auch Kellenberger vor Herausforderungen gestellt. Glücklicherweise habe er fast keine Kurzarbeit anmelden müssen, sagt er. «Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht.» Man habe schnell auf Onlineunterricht umstellen können und führe diesen wo nötig fort. Seine Frau, die er ­übrigens beim Musizieren kennengelernt hat, und seine drei Söhne wirken tatkräftig im Unternehmen mit. Natürlich hegt er den Wunsch, dass seine «Giele» dereinst das Ruder im Familienbetrieb übernehmen.


Wein: Zweifel 1898, «Sauvignon Blanc Zürich», AOC Zürich, 2019.

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