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Ein Garten für alle Jahreszeiten

Claude Monet im Kunsthaus Zürich

Wer nach einer fast zweistündigen Autofahrt durch den grauen nordfranzösischen Herbst von Paris nach Giverny gelangt und den Garten – Monets Garten – betritt, staunt über die bis in die späten Herbsttage noch immer blühenden Sträucher, Beete und über den vor sich hinträumenden Seerosenteich. Dann tauchen Fragen auf. Die Ausstellung «Monets Garten» gibt Antworten.

Claude Monet (1840–1926), der Impressionist schlechthin, war nicht nur als Maler unübertroffen, sondern er unterwarf im Laufe seines Lebens eine seiner Inspirationsquellen, die Natur, durch die Anlage des nach unternehmerischen Grundsätzen konzipierten und bepflanzten Gartens in Giverny seinem Willen. In dem seit zwanzig Jahren wieder intakten Garten blüht es mit wenigen Unterbrechungen in allen Jahreszeiten. Dank einer ausgeklügelten Bepflanzung, die ihm immense Geldsummen abverlangte, bot der ein Hektar grosse Park Monet während den letzten 30 Jahren seines Lebens Ideen und Motive für zahllose Einzelwerke und die von ihm entwickelten Serienbilder. Da ist einerseits der Blumengarten, der ähnlich seinen Vorgängern in Argenteuil, Vétheuil und Poissy, die Inspiration für die lieblichen, mit ihren hell-dunklen Schattenkompositionen so unbeschwerten Sommergemälde lieferte. Anderseits – und auch heute klar getrennt – ist da der Wassergarten mit seinem Seerosenteich und der japanischen Brücke. Hier entstanden die Bilder, von denen Emile Zola visionär sagte, dass sie «als eine der grossen Sehenswürdigkeiten unserer Kunst, als ein Charakteristikum für die Tendenzen der Zeit Bestand haben werden».

Von den 71 aus Privatbesitz und Museen aus aller Welt zusammengetragenen Gemälden der Zürcher Ausstellung stammen 25 aus der Zeit bis 1883, vor dem Umzug nach Giverny, die weiteren 46 entstanden alle im Garten von Giverny oder in dessen Umgebung. Einen wesentlichen Teil der Ausstellung stellen auch die 30 bisher teils unbekannten Photographien und Briefe Monets aus den privaten Archiven seiner Nachkommen dar. Auf diesen Photographien erweckt Monet beinahe den Eindruck eines Unternehmers: Monet am Pult, in seinem Automobil auf den Chauffeur wartend, oder mit der Gattin Alice Hoschedé Tauben fütternd auf dem Markusplatz in Venedig. In den Briefen kommt die eher pragmatische Seite Monets zum Ausdruck, wenn er etwa gegenüber dem Schriftsteller Mirbeau lakonisch feststellt: «Wir werden uns übers Gärtnern unterhalten, da doch Kunst und Literatur bloss Mätzchen sind. Was letztlich zählt, ist nur die Erde.»

Neben der Tatsache, dass alle grossen, von Schweizer Sammlern erworbenen Seerosengemälde erstmals zusammen ausgestellt werden konnten, bildet wohl die Werkgruppe «Die japanische Brücke» aus den Jahren 1918 bis 1926 den Höhepunkt der Ausstellung. War in Monets Gemälden um die Jahrhundertwende die Brücke noch ein klares Kompositionselement, so ist sie in den späteren Serien nur noch als Andeutung, als eine flüchtige Vermutung, vorhanden und wird Teil des sich je nach Jahres- und Tageszeit verändernden Licht- und Farbenspiels. Die zarten Grüntöne eines Sommermorgens machen die Brücke wie durchsichtig, während am Ende eines Sommertages die von der untergehenden Sonne durchfluteten Trauerweiden sie in einem Feuerwerk orientalischer Farben fast ganz verschwinden lassen.

Monet zeigt sich als absoluter Herrscher seines selbstgeschaffenen Gartenreichs. «Es war ein Garten», wie Marcel Proust feststellte, «der weniger der alte Blumengarten ist als vielmehr ein Farbgarten, wenn man das sagen kann, [es sind] Blumen, die sich zu einem nicht ganz natürlichen Ensemble fügen, weil sie so angesät worden sind, dass gleichzeitig nur diejenigen blühen, die sich zu Farbabstufungen verbinden.»

Die Ausstellung «Monets Garten» ist bis 27. Februar 2005 im Kunsthaus Zürich zu sehen (www.kunsthaus.ch).

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