Editorial
Jüngst erklärte mir ein Oberassistent der Universität Zürich auf einer Podiumsdiskussion voller Stolz, warum er sich zu den «liberalen Marxisten» zähle. Die verwegene Selbstzuschreibung ist symptomatisch. In der politischen Landschaft der Schweiz wimmelt es nur so von Liberalismen: es gibt die «Sozialliberalen», die «Grünliberalen», die «Wirtschaftsliberalen», die «Neoliberalen» und die «Linksliberalen». Die vermeintliche Konkurrenz ist […]
Jüngst erklärte mir ein Oberassistent der Universität Zürich auf einer Podiumsdiskussion voller Stolz, warum er sich zu den «liberalen Marxisten» zähle. Die verwegene Selbstzuschreibung ist symptomatisch. In der politischen Landschaft der Schweiz wimmelt es nur so von Liberalismen: es gibt die «Sozialliberalen», die «Grünliberalen», die «Wirtschaftsliberalen», die «Neoliberalen» und die «Linksliberalen». Die vermeintliche Konkurrenz ist bei genauer Betrachtung jedoch Ausdruck inhaltlicher Beliebigkeit. Wir haben Karin Keller-Sutter und Martin Bäumle, die sich auf unterschiedliche Weise mit dem Begriff identifizieren, nach dem Zustand des helvetischen Liberalismus gefragt. Von Beliebigkeit keine Spur – wir erhielten von den beiden Praktikern überraschend klare Antworten. Mehr zum Thema Liberalismus auch von mir und Andreas Rieger, Co-Präsident der Unia.
Ein Gutteil unserer eidgenössischen Politiker sympathisiert insgeheim weiterhin mit einem Beitritt der Schweiz zur EU. Sie täten gut daran, ausnahmsweise über die Landesgrenzen hinauszublicken und auf das zu hören, was ihre deutschen Kollegen trotz Tabu immer offener sagen: die EU verwandelt sich in eine Transferunion mit zentralverwaltungswirtschaftlichen Tendenzen. Mehr vom deutschen FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler.
Soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter führen zu gesellschaftlichem Wandel. Diese Ansicht ist, gerade nach den Aufständen in Nordafrika und im Mittleren Osten, zum Mainstream geworden. Der amerikanische Autor Malcolm Gladwell zeigt in seinem Essay, warum das so nicht stimmt. Mehr zu den Hauptströmungen in Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft von Boris Groys, Gerhard Schwarz und anderen in unserem Dossier.
Felix Lehner ist ständig unterwegs. Als Johannes Hedinger den St. Galler Kunstgiesser zum Gespräch traf, kam dieser gerade aus Shanghai zurück. Lehner, der auch Kunstvermittler und Kurator ist, sprüht vor Ideen und Projekten. Er hat Urs Fischer dabei geholfen, einen 17 Tonnen schweren Teddybären aus Bronze zu giessen, der gegenwärtig im Zentrum New Yorks steht und kürzlich für fast 7 Millionen Dollar bei Christie’s unter den Hammer kam.
Ich wünsche anregende Lektüre!
René Scheu