Editorial
Am 1. August feiert die Schweiz – und die Berliner feiern mit. Am «Tag der Schweiz» in der deutschen Hauptstadt ist dieses Jahr der Aargau zu Gast. Gemeinsam mit der Schweizer Botschaft richtet der Kanton in Berlin die Bundesfeier samt traditionellem Feuerwerk aus und präsentiert sich unter dem Motto «Aargau – Schweiz im Fluss» als […]
Am 1. August feiert die Schweiz – und die Berliner feiern
mit. Am «Tag der Schweiz» in der deutschen Hauptstadt ist
dieses Jahr der Aargau zu Gast. Gemeinsam mit der Schweizer
Botschaft richtet der Kanton in Berlin die Bundesfeier
samt traditionellem Feuerwerk aus und präsentiert sich unter
dem Motto «Aargau – Schweiz im Fluss» als «moderner und
innovativer Kanton». Auch der Tourismus soll dadurch gefördert
werden. Als Zugezogene mit deutschem Pass kann ich
jedem nur versichern: selten habe ich mich so wohl gefühlt
wie in den Jahren, die ich im Kanton Aargau gelebt habe,
und noch immer führe ich jeden meiner ausländischen Besucher
dorthin. Zu den Ruinen und Burgen der Römer und
Habsburger. Zu manch avantgardistischem öffentlichen oder
privaten Bau. In die Museen, Galerien, Kinos und Konzerte.
Auf Wanderwegen entlang der zum Teil naturbelassenen
Flüsse und übers Kopfsteinpflaster zu den vielen Brunnen
der vom destruktiven Wandel der Zeit verschonten und daher
für meine Augen so wohltuenden Städtchen.
«Aargau» – der Namen weckt keine Erinnerungen an
Götter und Helden, klingt nicht nach Hautevollée und
Moulin Rouge, Opernball und Lipizzaner. Aargau – arglos
– harmlos ist hingegen rasch assoziiert. Doch der Aargau
hat seinen Namen von der Aare, die den Kanton, von Bern
kommend, durchfliesst und schliesslich bei Waldshut in den
Rhein mündet: «Wo Ströme fliessen, da erheben sich Kulturen»,
«bist folglich ein Kulturkanton», so wandte sich der Aargauer
Schriftsteller Hermann Burger nicht ohne Pathos an seinen
Kanton. Zu ergänzen wäre noch: «bist auch ein Genuss-, Natur-,
Wohn-, Wissenschafts- und Wirtschaftskanton». Ob mit
dem Zug oder mit dem Auto, ob rudernd oder radelnd – die
Wege zu Wasser und Land sind einladend. Zwar nicht alle,
aber viele Wege führen nach dem Aargau…
Suzann-Viola Renninger
***
Ein Schriftsteller, der den Weg in den Aargau ging, ist Günter
Grass. Seinen Roman «Die Blechtrommel» hätte es in dieser
Form ohne die Inspiration durch ein dreijähriges trommelndes
Kind in Lenzburg wohl kaum gegeben (S. 27 & 28). Andere
Autoren haben am Kanton gelitten, wie etwa Hermann Burger.
Wir publizieren erstmals ein Manuskript des Schriftstellers, das
vom Zusammenhang zwischen seiner Geburt und dem Maienzug
in Aarau handelt (S. 42 bis 44).
Die «Schweizer Monatshefte» sind seit ihrer Gründung
1921 dem liberalen Denken verpflichtet. Soll dieses nicht in
einer Doktrin erstarren, ist es unerlässlich, sich immer wieder
neu darüber zu verständigen. Wir legen daher zukünftig
einem für solche Fragen offenen Menschen jeweils ein Zitat
vor, das ein Gespräch anstossen soll. Nach der Regel «Der
eine spricht, der andere schreibt» sollen die Überlegungen
in einen persönlichen Text einfliessen, der seinerseits dem
Denken der Leser einen Impuls geben soll (S. 63).
Die Redaktion