Editorial
«Der Mensch und die Grenzen seiner Natur» – der Titel dieser Ausgabe enthält jenes klassische skandalon, das Philosophen, Theologen und Biologen heute mehr denn je beschäftigt. Ist der Mensch von der Natur abgefallen, oder ist er ein Teil von ihr? Ist seine Natur mit der Natur kompatibel? Einerseits sehnt sich der moderne Mensch, der sich […]
«Der Mensch und die Grenzen seiner Natur» – der Titel dieser Ausgabe enthält jenes klassische skandalon, das Philosophen, Theologen und Biologen heute mehr denn je beschäftigt. Ist der Mensch von der Natur abgefallen, oder ist er ein Teil von ihr? Ist seine Natur mit der Natur kompatibel? Einerseits sehnt sich der moderne Mensch, der sich von biologisch-organischem Essen ernährt und umweltsensibel agiert, zurück nach einem Leben in Einklang mit der Natur. Andrerseits sind Biowissenschaften und Medizin im Begriff, die natürlichen Grenzen des menschlichen Lebens immer weiter hinauszuschieben. Besser leben! Intelligenter leben! Ewig leben! Die moderne philosophische Anthropologie hat sich an diesem Widerspruch zwischen menschlicher Naturergebenheit und Emanzipation des Menschen von der Natur entzündet. Wer den Menschen verstehen will, darf nicht nur seine Evolution in der Natur, sondern muss auch seine Evolution aus der Natur heraus in Betracht ziehen. Die natürlichen Grenzen des Menschen lösen sich zunehmend auf. Nun ist es an ihm, sich selbst Grenzen zu setzen. Ob er seine neue Freiheit zu gebrauchen weiss, steht in den Sternen. Man kann ihm nur gutes Gelingen wünschen. Und dem Leser inspirierende Lektüre!
René Scheu
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Die zahlreichen positiven Rückmeldungen auf das Dossier unserer März/April-Ausgabe mit dem Schwerpunktthema «Kein Ende des Leselust» haben die Redaktion motiviert, noch mehr auf die Leselust der zahlreichen Bücherfreunde einzugehen, die es entgegen vielen Unkenrufen noch immer und immer wieder neu gibt. Im Kulturteil der «Schweizer Monatshefte» werden wir in Zukunft mehrmals jährlich in Kurzrezensionen einen Überblick über die Neuerscheinungen von Schweizer Autorinnen und Autoren geben. Damit wollen wir unseren Lesern die Auswahl erleichtern und dem Vorurteil entgegenwirken, die Schweiz werde literarisch immer uninteressanter.
Die Redaktion