
Editorial
«Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand.»
Arthur Schopenhauer
Als der Bub drei Jahre alt war, beschloss die Mutter, dass er aufgrund seiner intellektuellen Neugier in den Kindergarten gehen sollte. Der Schulleiter war dagegen: Es sei eine soziale Herausforderung, wenn er jünger als die anderen in der Klasse sei. In der zweiten Klasse dann glaubten seine Lehrer, er sei entweder taub oder zurückgeblieben: «Er verbrachte die meiste Zeit in Trance und hörte nicht zu», erklärte einer seiner Lehrer. Später kam es zu sozialen Problemen, weil er nicht bereit war, diejenigen, die er für Dummköpfe hielt, höflich zu ertragen. Er habe das Wort «dumm» oft benutzt, erzählte die Mutter: «Als er in die Schule kam, wurde er so einsam und traurig.»
Aus diesem speziellen Kind ist der reichste Mann der Welt geworden – und das aus dem Nichts: US-Unternehmer Elon Musk. Nachzulesen in der Musk-Biografie von Walter Isaacson ist auch, dass Klein Elon seine Welt frei von Aufsicht selbst erkundete und schon früh mit Raketen und Sprengstoff experimentierte. Er sagt, er sei überrascht, dass er seine Kindheit mit allen Fingern heil überstanden habe.
In der sich anbahnenden Informationsgesellschaft wird Intelligenz wichtiger sein denn je. Die Schweiz verfügt über eine gute Ausgangslage. Sie wurde nicht nur von Forbes kürzlich zum intelligentesten Land der Welt gekürt, sie ist auch seit vielen Jahren das innovativste. Das eine folgt aus dem anderen: Es ist Intelligenz, die Innovation erzeugt. Genau deswegen ist auch die genetische Basis wichtig, und nicht nur die erarbeitete Ausbildung. Doch ganz so simpel ist es nicht. Zwar kann keine Bildung den natürlichen Verstand ersetzen. Doch über Erfolg entscheidet auch Fleiss oder Faulheit, Glück oder Pech, Zufall oder Schicksal.
Soll die Schweiz nun Genies aus dem ostasiatischen Raum importieren, wie das der inzwischen leider verstorbene Soziologe Gunnar Heinsohn vor einigen Jahren in dieser Zeitschrift vorschlug? Oder sollen Schweizer Intelligenzbestien endlich mehr Kinder produzieren? Was es brauche, schreibt Heinsohn, seien Könner: Spielten sie ihre Kompetenz aus, gebe es mithin keinen abnehmenden Grenznutzen – was Elon Musk beweist, der gleich mehrere Firmen erfolgreich führt und nun auch noch die Politik reformiert. Mehr als genug gibt’s nur vom Mittelmass.