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Diego? Diego!

Es ist ein schönes Buch, dessen Lektüre Freude macht – angenehme, freundlich formulierte persönliche Äusserungen zu Diego Giacometti, Photos, die ihn und seine Arbeiten zeigen, Abbildungen von Skizzen und Entwürfen, Tierskulpturen und Einrichtungsgegenständen, und von seiner Ausstattung des Picasso-Museums im Hôtel Salé in Paris, die als der Höhepunkt seiner persönlichen künstlerischen Selbstverwirklichung gelten kann. Daneben […]

Es ist ein schönes Buch, dessen Lektüre Freude macht – angenehme, freundlich formulierte persönliche Äusserungen zu Diego Giacometti, Photos, die ihn und seine Arbeiten zeigen, Abbildungen von Skizzen und Entwürfen, Tierskulpturen und Einrichtungsgegenständen, und von seiner Ausstattung des Picasso-Museums im Hôtel Salé in Paris, die als der Höhepunkt seiner persönlichen künstlerischen Selbstverwirklichung gelten kann. Daneben sind auch die übrigen Mitglieder der Schweizer Künstlerfamilie Giacometti zu sehen, auch sein Bruder Alberto, vor allem während der gemeinsamen Zeit in Paris. In deutscher Sprache ist in der Tat noch nichts Derartiges über Diegos Werk erschienen, und wären die von Michel Butor und Daniel Marchesseau verfassten Monographien je ins Deutsche übersetzt worden, so bildete der vorliegende, von Jacqueline von Sprecher herausgegebene Band sicherlich trotzdem eine Bereicherung, füllte wegen seiner sehr persönlichen und zugleich expressis verbis genuin schweizerischen Sichtweise eine Lücke aus. Nicht nur für schweizerische Leser ist dieses Buch eine neue Möglichkeit, einen Menschen kennenzulernen, der nicht nur ein eigenständiger Künstler war, sondern auch der wichtigste Vertraute und engste Mitarbeiter Alberto Giacomettis.

Doch diese Publikation kommt merkwürdig gewunden daher, als ob die Herausgeber und Beiträger sich entschuldigen müssten oder sich kaum getrauten, dieses zu einer Ausstellung gehörige Buch herauszubringen. Sehr oft wird erklärt, was das Buch nicht sei: kein Werkkatalog Giacomettis, keine Sammlung gesichert-objektiver Beiträge, dies nicht und das nicht. Merkwürdig, fast ärgerlich, immer wieder der Rekurs auf in Anführungszeichen gesetzte Aussagen (von wem eigentlich konkret?), Diego habe aus dem Schatten Albertos heraustreten müssen, obgleich schon auf den ersten Seiten gezeigt wird, dass eine solche Sicht auf die miteinander verschlungenen Schicksale von Alberto und Diego Giacometti verkürzt und unnötig wäre. Diegos Einzigartigkeit, das ganz Eigne seiner Arbeiten ist längst anerkannt, zu allererst übrigens von Alberto! Statt einen Schatten zu beschwören, hätte man das Licht besser nicht unter einen Scheffel gestellt. Doch vielleicht bildet sich in diesem Buch ja ein wenig von Diego Giacomettis Charakter ab, der sich eher in Bescheidenheit zurückhielt und seine Arbeiten ohne viel Aufhebens in den Raum stellte.

vorgestellt von Sabine Kulenkampff, Erlangen

Jacqueline von Sprecher (Hrsg.): «Diego Giacometti tritt aus dem Schatten». Zürich: Neue Zürcher Zeitung, 2007

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