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Die Wissenschaft gibt sich selber auf

Wer Klimamodelle als politische Handlungsanweisungen verwendet, missbraucht die Wissenschaft. Das behindert den Fortschritt und schränkt die Freiheit ein.

Die Wissenschaft gibt sich selber auf
Parkierte Jets der WEF-Teilnehmer auf dem Flugplatz Dübendorf, Zürich, im Januar 2015. Bild: Keystone/Walter Bieri.

Wir leben im Zeitalter der real existierenden Postmoderne. Simulationen, die sich auf nichts ausserhalb ihrer selbst beziehen, treten an die Stelle der Realität. Die postmoderne Wissenschaft ersetzt Empirie durch Modelle: Aktivistische Wissenschafter konstruieren Katastrophenszenarien in Modellen, ohne unter Anwendung wissenschaftlicher Standards nach empirischen Belegen zu suchen, welche die Modellrechnungen ­bestätigen oder widerlegen könnten. In der postmodernen ­Wissenschaft sind die Modelle selbst die Realität. Die Coronakrisenwissenschaft ist ein Beispiel für diese Selbstaufgabe von Wissenschaft, die Klimakrisenwissenschaft ein anderes. Der Tübinger Psychologieprofessor Boris Kotchoubey geht in seinem jüngsten Buch so weit, vom Untergang einer Institution zu sprechen.1

Die Inszenierung einer Corona- und einer Klimakrise dient allerdings einem sehr realen Ziel. Das Ziel ist, ein Regime totaler Kontrolle und Lenkung der Leben der Menschen zu errichten. Diesem Ziel dient es, die Realität durch Simulationen zu ersetzen. Auf diese Weise versucht man, den Gebrauch von Vernunft als Mittel zur Begrenzung von Machtausübung auszuschalten, wie in der modernen Wissenschaft alle Wissensansprüche dem Tribunal der kritischen Nachprüfung unterworfen werden und im modernen Verfassungsstaat der mündige Bürger verantwortliche Entscheidungen durch Einsatz seiner Urteilskraft trifft. Wir haben es hier mit politischem Szientismus zu tun: Die technische Ingenieurskunst soll durch eine soziale Ingenieurskunst zur Lenkung der Gesellschaft ergänzt werden. Während aber die technische Ingenieurskunst den Zielen unterstellt ist, die mündige Menschen sich setzen, entmündigt die soziale Ingenieurskunst die Menschen, indem ihre Lebenswege von selbsternannten Experten gesteuert werden.

Friedrich von Hayek charakterisiert den Szientismus daher zu Recht als die «Gegenrevolution der Wissenschaft» und spricht von «Missbrauch und Verfall der Vernunft».2 In der Tat: Die technische Ingenieurskunst beruht auf Wissenschaft. Die soziale Ingenieurskunst beruht hingegen auf Wissenschaftsaberglauben, nämlich der Behauptung, dass Wissenschaft nicht nur Tatsachen entdecke, sondern auch Normen für das gesellschaftliche und sogar das private Leben vorgebe. Um diese Behauptung durchsetzen zu können, muss man die Tatsachen durch Simulationen ersetzen, die den Menschen existenzielle Krisen vorgaukeln, um so ihre Urteilskraft auszuschalten und sie sozialer Ingenieurskunst unterwerfen zu können.

«Die technische Ingenieurskunst beruht auf Wissenschaft. Die soziale

Ingenieurskunst beruht hingegen auf Wissenschaftsaberglauben.»

Sechs Sünden der Klimakrisenwissenschaft

Die Klimakrisenwissenschaft ist ein Lehrbuchbeispiel für politischen Szientismus. Man kann diese Selbstaufgabe von Wissenschaft an sechs Punkten festmachen:

  1. Grosse Unsicherheit in Bezug auf die relevanten Variablen und deren Anfangswerte: Die Entwicklung des Weltklimas ist ein einmaliger Prozess, der von vielen Variablen beeinflusst wird. Wir kennen nicht alle dieser Variablen und deren Zusammenspiel. Die Auswahl und Gewichtung der Variablen, die in Modellen berücksichtigt werden, und die Anfangswerte, die für sie eingesetzt werden, unterliegen daher einer grossen Spannweite.
  2. Überschätzung der Modelle: Modelle sind keine Darstellungen der Realität. Sie können Anhaltspunkte über mögliche zukünftige Entwicklungen des Weltklimas geben. Aber sie sind keine Prognosen der Zukunft.
  3. Auslassen des wichtigsten Faktors – die spontane Anpassung der Menschen an neue Gegebenheiten: Wir Menschen sind keine physikalischen Objekte, deren zukünftige Bahnen man modellieren kann. Wir passen unser Verhalten spontan an neue Informationen an. Welche Strategien menschliche Kreativität im Umgang mit neuen Herausforderungen entwickelt, lässt sich in keinem Modell erfassen. Klimawandel mit allen seinen Folgen hat es immer gegeben und wird es immer geben. Es ist grotesk anzunehmen, dass vergangene Generationen sich an den Klima­wandel anpassen konnten, wir heute mit unseren technologischen Möglichkeiten dazu aber nicht in der Lage sein sollen.
  4. Unverantwortliche und einseitige Beurteilung der Folgen der Klimapolitik: Mögliche pessimistische Szenarien absolut zu setzen, als ob es sich dabei um wissenschaftliche Erkenntnisse über die Zukunft handeln würde, und alles Handeln darauf ­auszurichten, das Eintreten dieser Szenarien zu vermeiden, ist unverantwortlich. Es ist von vornherein sicher, dass die entsprechenden politischen Zwangsmassnahmen mit enormen Kosten verbunden sind und grosse Schäden für den Spielraum zur Lebensgestaltung der Menschen anrichten. Ob diese Massnahmen irgendwelchen Nutzen haben, ist hingegen unsicher. Die deutsche Energiewende zum Beispiel hat nur enorme Schäden angerichtet. Inzwischen muss man sogar wieder verstärkt auf Kohlekraftwerke setzen, weil man sichere und CO2-arme Energieträger wie Kernkraft mutwillig zerstört hat.
  5. Fokussierung auf eine Strategie statt Offenheit: Die Fokussierung auf eine Strategie – sogenannte erneuerbare Energien – ist völlig unwissenschaftlich. Niemand weiss von vornherein, ­welches die beste Strategie ist, um mit einer neuen Heraus­forderung umzugehen. Deshalb ist Offenheit in Bezug auf wissenschaftlichen Fortschritt und technologische Innovationen zusammen mit Wettbewerb verschiedener Strategien so wichtig, um zu dem bestmöglichen Ergebnis zu gelangen. Sogenannte erneuerbare Energien sind ineffizient, unsicher und kostenintensiv. Der Faktor gewonnener Energie relativ zur eingesetzten Energie (Energy Return on Energy Input, EROI) sogenannter ­erneuerbarer Energien liegt bei deutlich unter 20 Einheiten, der fossiler Energieträger bei ca. 35 Einheiten und der von Kernenergie bei mindestens 70 Einheiten.3 Auf dem Weg von Holz über Kohle zu Öl und Gas und dann Kernenergie nimmt die Energieeffizienz zu und die Energieträger werden zugleich ­umweltschonender; sogenannte erneuerbare Energien sind ein gewaltiger Rückschritt in Effizienz, Verfügbarkeit und Kosten und damit letztlich auch in schonendem Umgang mit der Umwelt.
  6. Groteske Überschätzung dessen, was Wissenschaft leisten kann: Als ob Wissenschaft auf der Grundlage von Modellen das Weltklima steuern könnte und durch Wissenschaft geleitete Politik mit Hilfe zentraler Planung die Lebenswege der Menschen lenken könnte. Entsprechende Versuche zentraler Planung, die sich auf angebliche Wissenschaft stützen, haben in der Vergangenheit stets nur grosses Unheil angerichtet. Das wird dieses Mal nicht anders sein.

Der Weg zurück zur Realität

Ayn Rand wird die Aussage zugeschrieben, dass man die Realität ignorieren könne, aber nicht die Konsequenzen dessen, die Realität zu ignorieren. An diesen Punkt kommen wir langsam: Die Klimakrise ist nur eine Simulation. Eine Energiekrise, ausgelöst durch das mutwillige Abschneiden von sicheren, effizienten und bezahlbaren Energiequellen, droht hingegen Realität zu werden. Der Klimawandel ist eine Tatsache und eine reale Herausforderung. Aber wie alle vergleichbaren Herausforderungen bisher lässt sich diese Herausforderung am besten dadurch bewältigen, dass wir den Weg des technologischen und wirtschaftlichen Fortschritts weitergehen, der zu steigendem Lebensstandard und mehr Handlungsoptionen für alle Bevölkerungskreise führt. Das ist die Grundlage, auf der ein schonender Umgang mit der natürlichen Umwelt erfolgt. Bestes Beispiel hierfür ist wiederum die Kernenergie.

Michael Esfeld, fotografiert von Fabian Nicolay.

Die Botschaft an unsere wissenschaftlichen und politischen Vormünder ist daher ganz einfach: sich um gute Wissenschaft und um einen verlässlichen Rechtsstaat bemühen und davon ablassen, den Leuten Vorschriften zu ihrer Lebensweise zu machen. Die Intelligenz der vielen im Entwickeln kreativer Lösungen im Umgang mit neuen Herausforderungen schlägt immer das Wissen und die zentrale Planung einer Kaste von Wissenschaftspriestern, Politikern und deren Lakaien.

  1. Boris Kotchoubey: Der Untergang einer Institution. Baden-Baden: Deutscher ­Wissenschafts-Verlag, 2023.

  2. Friedrich August von Hayek: Missbrauch und Verfall der Vernunft. Tübingen: Mohr, 2004.

  3. Charles A. S. Hall, Jessica G. Lambert und Stephen B. Balogh: EROI of Different Fuels and the Implications for Society. In: Energy Policy 64, 2014.

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Die Klimaseniorinnen aus der Schweiz im Gerichtssaal während der Urteilsverkündung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg, Frankreich, am 9. April 2024. Bild: Keystone/EPA/Ronald Wittek.
Der fabrizierte Konsens

Die Politisierung im Zusammenhang mit Klimawandel und Covid-19 erschüttert die Grundlagen der Wissenschaft. Es braucht mehr Offenheit gegenüber Abweichlern.

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