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Die Verlierergeneration wacht auf

Die heutigen Demonstrationen in den westlichen Metropolen markieren den Anfang eines Verteilungskampfes um leere Staatstöpfe.

Demonstrationen und Protestzüge durchziehen derzeit zahlreiche Metropolen des Westens: Madrid, New York, Mailand, London und natürlich Athen. Vor allem junge Menschen begehren auf gegen die Sparbemühungen (oder zumindest Sparankündigungen) ihrer Regierungen. Dabei scheinen die jungen Demonstranten durchaus über die Sympathien ihrer Regierungen zu verfügen. Präsident Obama jedenfalls äusserte öffentlich Verständnis für die Anliegen der Wall-Street-«Besetzer».

Die Regierungen des Westens setzen sich nicht freiwillig mit dem Sparen auseinander. Sie stellen sich vielmehr als Getriebene der frechen Ratingagenturen und eiskalten Kapitalmärkte dar. Die Erkenntnis, dass auch ein westlicher Industriestaat bankrottgehen kann, passt ihnen ebenso wenig ins Konzept wie ihren Geldgebern.

Dabei war die Entwicklung absehbar. Seit Jahrzehnten schon finanzieren wir unsere aufgeblähten Wohlfahrtsstaaten primär auf Pump. Kollektive Umverteilungssysteme fördern den Konsum und behindern das Sparen. Darum liegen ihre Ausgaben schon nach kürzester Zeit über den Einnahmen – systematisch und mit steigender Tendenz. Da die Steuerbelastung die Toleranzgrenze der Bürger längst überschritten hat, bleibt nur noch die Flucht in die Verschuldung. Am Ende steht die Verheissung der Geldpresse.

Explizite Staatsverschuldungen von über 100 Prozent des Bruttosozialprodukts sind zum Normalfall geworden – von der impliziten Verschuldung der Sozialsysteme ganz zu schweigen. Die realen Folgen dieser Schuldenwirtschaft liessen sich jüngst studieren: wiederkehrende Blasen erschüttern mit zunehmender Frequenz die Kapitalmärkte. Doch eine «politisch gangbare», also populäre Alternative zum Schuldenmachen kennt die Demokratie nicht. Bankenrettungen sind bloss der verzweifelte Versuch, ein Stocken des wilden Schuldenkarussells zu vermeiden.

Was aber, wenn ein Kind endlich feststellt: «Der Kaiser ist nackt!» Im Falle der bankrotten Wohlfahrtsstaaten folgt dann nicht Gelächter, sondern blankes Entsetzen. Denn unsere Kaiser sind splitterfasernackt. Nicht nur Griechenland oder Spanien und Italien, auch die USA und Deutschland können ihren Verpflichtungen realistischerweise nicht mehr nachkommen. Viel zu wenig Substanz steht viel zu hohen Versprechungen gegenüber.

Und so sehen sich Politiker plötzlich gezwungen, die Ausgabenbremse zu suchen. Die Bürger aber, die sich längst daran gewöhnt haben, dass die Taschen des Staates unendlich sind, heulen empört auf. Hat doch Generation nach Generation linker wie rechter Politiker versichert: «Die Renten sind sicher!» Kritiker der Sozialstaaten wurden als unsolidarische Alarmisten abgetan.

Nun schlagen die vertrauensseligen Ratingagenturen Alarm. Es steht längst fünf nach zwölf, wenn selbst offizielle Stellen an der Zahlungsfähigkeit der Wohlfahrtsstaaten zweifeln. Heutige Rentner mögen vielleicht noch eine Gegenleistung für ihre Einzahlungen erhalten. Die heutigen und künftigen Einzahler dürften dagegen vor dem Nichts stehen. Fliesst kein neues Geld in die Betrugspyramide eines Ponzi-Schemas, bricht es unvermeidlich zusammen.

Bleibt die Frage: Wem werden die Bürger die Schuld geben, nun, da sie aufzuwachen beginnen und vor den Ruinen eines un-finanzierbaren Scheinsozialsystems stehen? Werden sie die Vernunft besitzen, nach einem neuen, nachhaltigen System der Vorsorge und sozialen Sicherung zu suchen? Oder werden sie gemeinsam mit der Politik einen Sündenbock suchen, gegen den sich der aufgestaute Frust entladen kann? Werden die über Jahrzehnte staatlich Entmündigten den Pfad der Aufklärung verlassen? Die Dämmerung der westlichen Wohlfahrtsstaatsbürger wird zweifellos zum Prüfstein für Rechtsstaat und Demokratie. Die heutigen Demonstrationen in den westlichen Metropolen markieren nur den Anfang eines hitzigen Verteilungskampfes um leere Staatstöpfe.

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