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(1) Die Stiftung: Eine Idee mit Tradition und Zukunft

Stiftungen haben eine weit zurückreichende Tradition. Einer breiten Öffentlichkeit sind sie dennoch unvertraut. Der folgende Beitrag zeigt charakteristische Merkmale dieser Institution auf und leitet daraus jene praktischen Konsequenzen ab, die zu beachten sind, will man die Grundidee des Stiftens für die Allgemeinheit bewahren und weiterentwickeln.

Zu den am weitesten verbreiteten Irrtümern über das Wesen von Stiftungen gehört die Auffassung, sie seien wesentlich von ihrem Vermögen her bestimmt. Aus diesem Irrtum erwachsen so seltsame Fehleinschätzungen wie die, Stiftungen ohne Vermögensertrag seien unechte Stiftungen, Stiftungen müssten in jedem Fall ihre Ziele allein aus den Vermögenserträgen verwirklichen, oder Stiftungen bedürften selbst dann, wenn ihnen Immobilien oder Kunstwerke übereignet seien, eines liquiden Vermögens, um überhaupt entstehen zu können.

Nichts von alledem hat tatsächlich mit dem Wesen einer Stiftung zu tun. Bedeutende Behinderteneinrichtungen in Stiftungsform, etwa die katholische Stiftung Liebenau oder die evangelische Stiftung Neuerkerode, wurden von Pfarrern gegründet, die selbst in keiner Weise über das notwendige Vermögen verfügten, um die ersten Gebäude zu errichten, von einer Finanzierung des Betriebs ganz zu schweigen. Die Wittelsbacher Landesstiftung für Kunst und Wissenschaft sieht ihre Aufgabe allein in der Wahrung von Eigentumsrechten, die im einzelnen durch den Gründungsakt bestimmt sind. Ähnlichen Stiftungszielen sind zahllose Kirchenstiftungen verpflichtet, die oft schon vor Jahrhunderten entstanden sind. Und selbst ein nicht geringer Teil der Stiftungen, die tatsächlich das tun, was in der Öffentlichkeit allen Stiftungen unterstellt wird, nämlich Dritten Mittel zuwenden, damit diese irgendein Projekt durchführen oder eine Investition tätigen können, nimmt hierfür keine Anträge entgegen, weil der Destinatär bereits durch die Satzung bestimmt und insoweit fester Bestandteil des Stifterwillens ist. Betrachtet man dazu noch die Stiftungen, die an Personen, die sie selbst bestimmt haben, Stipendien vergeben oder die bedürftige Personen gemeinnützig unterstützen, oder etwa solche, die mit Hilfe einer von ihnen hierfür eingesetzten Jury Preise ausloben, die keineswegs immer aus einem Geldbetrag bestehen, so wird deutlich, dass Gründungsimpuls, Verwirklichung und notwendige Ressourcen wohl drei Aspekte eines jeden Gründungsaktes darstellen, dass sie aber nicht vom Wesen her einheitliche Lösungen bedingen.

Die Klärung der eingangs aufgeworfenen Punkte wird durch die Tatsache erschwert, dass das Stiftungswesen in den vergangenen Jahrzehnten fast ausschliesslich unter dem Gesichtspunkt des Stiftungsrechts behandelt worden ist. Auch haben die wirtschaftliche Bedeutung und wohl auch der missionarische Eifer einiger US-amerikanischer Stiftungen fast weltweit den Eindruck entstehen lassen, diese (etwa die Rockefeller, Ford, Mott oder Carnegie Foundations) folgten einem in den USA entwickelten und überall nachzuahmenden Modell, nämlich der mit liquiden Vermögenswerten ausgestatteten Förderstiftung. Beredtes Zeugnis dafür ist die in Europa bis heute immer wieder auftauchende Forderung, der Rechtsrahmen für Stiftungen müsse an den US-amerikanischen angeglichen werden. Wer dies fordert, weiss nicht, welch einschneidenden Beschränkungen und Regulierungen die amerikanischen private foundations unterworfen sind. Für die Erarbeitung einer Theorie der Stiftung ist daher eine vom geltenden Stiftungsrecht losgelöste Betrachtung ebenso unerlässlich wie ein Rückgriff auf Jahrtausende europäischer Stiftungstradition.

Richtig ist freilich, dass amerikanische Stifter dabei freier sind, den Teil ihrer Stiftungsidee, der sich auf die Ziele bezieht, unmittelbar in den Gründungsdokumenten niederzulegen. Die berühmte Formulierung John D. Rockefellers, das Ziel seiner Stiftung sei – ohne jeden einschränkenden Zusatz – «the betterment of mankind», würde kein europäischer Stifter so wählen – und gewiss keine damit befasste Behörde so akzeptieren. Und doch geht es auf irgendeine Weise jedem Stifter um eine solche Verbesserung des Menschengeschlechts, wenngleich oft aus sehr subjektiver Sicht und nur in bezug auf einen winzigen Ausschnitt.

In der klassischen Theologie wurde die Kirche oft als die Stiftung Jesu Christi bezeichnet. In der Tat bedarf es keiner theologischen Argumente für die Erkenntnis, dass die christliche Kirche auf dem Willen eines Stifters gründet und man von diesem Willen nicht abweichen kann, ohne diese Kirche zu verlassen. Ihre Mitglieder sind nach eigenem Selbstverständnis nicht ermächtigt, sich über den Stifterwillen hinwegzusetzen. Sie können ihn lediglich interpretieren und haben dies bekanntermassen oft höchst streitbar getan. Die Kirche ist keineswegs die einzige Gründung, die auf diesem Prinzip beruht. So hat jedes Bauwerk gewissermassen den Charakter einer Stiftung. Es erlaubt nur innerhalb gewisser Grenzen spätere Veränderungen; werden jene überschritten, fällt es – ganz buchstäblich – in sich zusammen, hört es auf zu bestehen. Auch eine Rechtsordnung ist ohne Stiftungscharakter nicht denkbar. Zwar verfügt der Gesetzgeber, sei es unter demokratischem oder anderem Vorzeichen, beim Erlassen verbindlicher Gesetze über ein hohes Mass an Gestaltungsfreiheit; erlassene Gesetze sind aber zu ihrer Wirksamkeit, ja ihrer Legitimität davon abhängig, dass sie fortgelten und nicht alsbald wieder umgestürzt werden – eine Tatsache, die von mächtigen Diktatoren und auch von Revolutionären immer wieder verkannt worden ist. Gesellschaftliches Leben ohne ein gewisses Mass an Vertrauen in Normen und Institutionen ist schlechthin unmöglich, während es andererseits ohne einen gewissen Raum für permanente Veränderung nicht lebenswert erscheint. In einem sehr weiten Sinn hat sogar jedes zielgerichtete Handeln Stiftungscharakter; es gilt, eine Idee in die Zukunft zu projizieren.

Somit ordnet sich die Stiftung in ein Spannungsfeld von kaum zu überbietender Grundsätzlichkeit ein – das Spannungsfeld zwischen dem wünschbaren, ständigen, möglichst demokratisch organisierten Willensbildungsprozess einerseits und der notwendigen Beständigkeit des Geschaffenen anderseits. Insofern sind die beiden wesentlichen Ausprägungen bürgerschaftlichen Handelns, der Verein und die Stiftung, nicht zufällig zustande gekommen, sondern Ausdruck dieser Dualität, in der die Stiftung der beständigen Ordnung, der Verein der von unentwegter Wandlung geprägten Freiheit zuzuordnen ist. Kein Wunder, dass Vereine tendenziell immer mit Volatilität, Stiftungen dagegen mit Selbstbezogenheit zu kämpfen haben. Während Vereine, sofern ihnen an Beständigkeit gelegen ist, immer versuchen werden, stiftungsähnliche Elemente der Traditionspflege und der historischen Rückkoppelung zu entwickeln, werden sich die Stiftungen, denen eine fortdauernde Wirksamkeit aufgegeben ist, in jeder Generation um Vernetzung mit der Mitwelt zu bemühen haben, um inhärente Defizite zu kompensieren.

Die in der Vertikalität der Zeit stehende Stiftung bleibt auf die Dauer ihrer Existenz an den Stifterwillen gebunden. Löst sie diese Bindung, verliert sie ihre Daseinsberechtigung. Stiftungsverwalter sind insoweit, ganz anders als Vereinsmitglieder, in ihrer Entscheidungsfreiheit grundsätzlich gebunden; der Umfang ihres Ermessensspielraums wird vom Stifter bei der Gründung bestimmt. Spricht er «nur» von der Verbesserung des Menschengeschlechts, ist der Spielraum gross. Bestimmt er ausdrücklich die Unterstützung eines ganz bestimmten Lehrstuhls an einer ganz bestimmten Universität, ist der Spielraum im höchsten Fall minimal.

Gebunden an den Stifterwillen ist nämlich nur das Geschöpf – die Stiftung –, nicht aber, wenn auch nur im Augenblick der Gründung, deren Schöpfer, der Stifter. Er nimmt für sich – zu Recht – weitestgehende Freiheit in Anspruch, in viel grösserem Mass sogar als der Mitgründer eines Vereins. Während dieser nämlich schnell an der Freiheit der anderen Mitgründer seine Grenzen findet, kann jener seine Freiheit in hohem Masse ausleben, vorausgesetzt, es gelingt ihm, für die Umsetzung seiner Idee die erforderlichen strukturellen, wirtschaftlichen und menschlichen Ressourcen aufzubieten. Spätestens hier wird deutlich, dass die Bereitstellung eigener Vermögenswerte zwar in der Regel eine wichtige Facette des Gründungskonzepts darstellt, in zweifacher Hinsicht aber eben nicht definitorisch das Wesen einer Stiftungsgründung beschreibt. Zum einen ist prinzipiell ein Verwirklichungskonzept vorstellbar, das ohne bei der Gründung eingebrachte materielle Vermögenswerte – erst recht ohne rentierliche Vermögenswerte – auskommt. Die Kirche ist dafür ein Beispiel; es gibt zahllose weitere. Zum anderen ist gemeinsames Handeln eines stiftenden Ideengebers in Verbindung mit einem oder mehreren Mitstreitern durchaus denkbar, die die materielle Basis bereitstellen, ohne aber auf die Idee Einfluss zu nehmen. Auch dafür können viele Beispiele genannt werden. Dass in der Praxis die Verwirklichung einer bestimmten Idee für eine zeitlich in der Regel unbestimmte Zukunft meistens davon abhängig ist, dass diesem Vorhaben eigene wirtschaftliche Ressourcen in ausreichender Höhe unwiderruflich gewidmet werden, ändert an dieser Zweitrangigkeit nichts.

Der Stifter ist im Kern frei, eine Idee so zu verankern, dass sie für die Zukunft Bestand hat. Eine freiheitliche Gesellschaftsordnung schützt gerade diese Freiheit. Ebensowenig wie ein Bauherr befürchten muss, sein durch Gesetzeskonformität legitimierter Bau laufe Gefahr, auf Grund einer neuen Entscheidung einer wie auch immer zustandegekommenen Mehrheit alsbald wieder abgetragen zu werden, ebensowenig darf ein Stifter der Angst ausgesetzt werden, sein Ideen-bau könne durch wechselnde politische Opportunität gefährdet sein. Das deutsche Grundgesetz hat unter anderem diese Freiheit im Blick, wenn es das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit verankert. Dieses Recht findet erst dort seine Grenzen, wo die Gesamtheit der Mitglieder der Gesellschaft negativ tangiert oder gar gefährdet wird, freilich ein Begriff, dessen Interpretation ständige Wachsamkeit gegen mögliche Übergriffe von Machtbeteiligten erfordert. Die Freiheit des Stiftens wie auch deren Grenzen sind daher, jenseits konventioneller Begriffe von Organisationsformen der Gesellschaft, wichtige Indikatoren eines angemessenenen Verhältnisses zwischen Freiheit und Ordnung.

Der Idee, die jeder Stiftung wesentlich innewohnt, eignet gewiss nicht immer, noch auch notwendigerweise, ein grosses, auf Veränderung der Welt abzielendes Konzept. Die beherrschende Idee fast jeder klassischen Stiftung der Antike barg nicht mehr als die immerwährende Erinnerung an den Stifter selbst, die memoria, die sich mit dem Gedanken verband, die Position des Stifters im Jenseits dadurch zu verbessern, dass zugleich einer Gottheit Reverenz erwiesen wurde. Ausgeformt wurde diese Idee, indem aus dem bereitgestellten Vermögen ein Epitaph geschaffen wurde. Jeder künftige Betrachter würde, so der Gedanke, durch die Betrachtung seinerseits zur Gottesverehrung und auch zur Erinnerung an den Stifter gemahnt. Tausende solcher Memorialstiftungen sind uns erhalten geblieben. Interessanterweise wird die nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks in keiner Weise davon berührt, ob diese Memoriale an ihrem ursprünglichen Standort oder in einem Museum stehen; und zur Zweckerfüllung ist im übrigen das Stiftungsvermögen regelmässig einmal und abschliessend eingesetzt worden. Wenn allerdings der Stein, wie vielfach geschehen, zerteilt und etwa als Baumaterial verwendet wird, erlischt die Stiftung.

Eine Erweiterung der Ausformung ist dann die Errichtung eines ganzen Tempels statt eines Steins. So zeugen etwa bis heute in Deutschland rund 5 ’ Kirchenstiftungen davon, wie lebendig diese Form über die Zeiten hinweg geblieben ist, legt man nur den Massstab zugrunde, dass das Leben einer Stiftung das des Stifters bei weitem überdauern kann, ja soll, und dass es ausschliesslich von der fortwährenden Erfüllung der Idee bestimmt wird. In der Regel erfüllen diese Kirchenstiftungen seit Jahrhunderten ihre Aufgabe, die darin besteht, durch den Bau selbst zur Verherrlichung Gottes aufzurufen, die gemeinschaftliche Anbetung in dem geschaffenen Kultraum zu ermöglichen und die Erinnerung an den in der Regel durch sein Grabmal, bildlich oder symbolisch, etwa durch ein Wappen, präsenten Stifter wach zu halten.

Der hier dargestellte Charakter einer Stiftung ist für seine Gültigkeit freilich weder auf ein Jenseits noch auf einen der Allgemeinheit dienenden Zweck angewiesen. Eine Stiftung zur langfristigen materiellen Versorgung von Nachkommen, in Deutschland Familienstiftung, in Österreich Privatrechtsstiftung genannt – politisch wünschbar oder nicht, an ihrer Konformität mit dem Wesen einer Stiftung und somit ihrer Legitimität kann kein Zweifel bestehen. Auch die in der Schweiz grosse, wenngleich abnehmende Bedeutung der Stiftungsform für Pensionskassen widerspricht dieser Definition nicht, auch wenn hier gewissermassen eine standardisierte Idee immer von neuem realisiert worden ist und dabei die Beständigkeit des Konstrukts vor dem originären Stifterimpuls Vorrang geniesst. Gleiches lässt sich nämlich mit Fug und Recht für zahlreiche kleine gemeinnützige Förderstiftungen sagen.

Dass die gängige Kapital-Förderstiftung dieser Definition gehorcht, ist offensichtlich. Nur ist sie ebensowenig eine Regelform wie sie eine Erfindung des Industriezeitalters ist. Schon aus der römischen Antike sind Stiftungen dieser Art belegt. Die heutige Bedeutung, gerade in den USA, verdankt sie vielmehr der Tatsache, dass man dort gegenüber allen von Generation zu Generation vererbten privaten Industriekomplexen skeptisch ist. Dies führte dazu, dass es amerikanischen Stiftungen zunehmend verwehrt wurde, Vermögenswerte dieser Art zu halten und dass sie gar nicht anders konnten, als in liquide Anlagen zu investieren. Zahl und Grösse der US-amerikanischen Stiftungen taten dann ein übriges, um diesen Typus zu popularisieren und das Konstrukt private foundation und donor als Regelform erscheinen zu lassen. In der Praxis folgen die amerikanischen Stiftungen keineswegs alle dieser Regel. So sind beispielsweise die privaten Universitäten nach unserem Begriff Stiftungen, genau gesagt Stiftungskonglomerate, mit erheblichen Vermögenswerten, sowohl als Anlage- als auch als Betriebsvermögen, und sind nur in der amerikanischen steuerrechtlichen Terminologie als educational institutions ausdifferenziert. Auch die «klassischen» Stiftungen unterhalten durchaus Einrichtungen; so betreibt die Rockefeller Foundation ein grosses Archiv, das neben dem eigenen Familien- und Firmenarchiv – einer geradezu exemplarischen Akzentuierung des Memoria-Gedankens – auch andere Bestände betreut. Insofern unterscheidet sie sich nicht von den sogenannten Anstaltsträgerstiftungen europäischer Prägung, von denen einige viele hundert Jahre zurückgehen, während andere, wie die eingangs genannten, etwa parallel zu den Gründungen industrieller Magnaten vor und nach 19 entstanden sind.

Die Parallelität der Formen lässt sich an einem weiteren Beispiel zeigen. Gerade in Deutschland galt im 2 . Jahrhundert der Satz, die Regelform sei die eigentümer- und mitgliederlose Stiftung als selbständige juristische Person, die wegen ihrer Eigentümer- und Mitgliederlosigkeit, so die klassische Stiftungsrechtslehre, einer besonderen staatlichen Aufsicht unterworfen sein müsse. Ob diese Begründung stichhaltig ist, bleibe dahingestellt. Bedeutender für unseren Zusammenhang ist der Rückgriff auf die Feststellung, dass zum Konzept einer Stiftung auch eine Vorgabe zu den notwendigen Humanressourcen gehört. Es geht um Modelle, die sicherstellen, dass die verantwortlichen Personen dem Willen des Stifters auch nach dessen Tod nachleben. Ob hierzu ein bereits bestehender Personenkreis (oder eine Einzelperson) gewählt wird, der sich der Idee und der wirtschaftlichen Ressourcen treuhänderisch annimmt, oder ob eine besondere Berufung handelnder Personen Teil des Konzepts wird, ist ein geringerer Unterschied, als es die landläufige Unterscheidung zwischen der nicht rechtsfähigen oder unselbständigen Stiftung und der beschriebenen rechtsfähigen Stiftung auf den ersten Blick vermuten lässt. Auch Zwischen- und Mischformen kommen vielfach vor. Sie sind, ebenso wie beide Grundformen, schon in der Antike und durchgängig bis heute, übrigens auch in anderen Kulturen, nachweisbar.

Insofern ist die im deutschen Steuerrecht normierte Gleichstellung beider Formen schlüssig, die in der Privatrechtslehre gängige Geringschätzung der treuhänderischen Stiftung dagegen nicht. Inwieweit die in den letzten Jahrzehnten in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft oder gar des Vereins entstandenen Stiftungen diesen Namen zu Recht tragen, ist weniger offenkundig und kann nur im Einzelfall durch das Anlegen des dargestellten prinzipiellen Massstabs entschieden werden.

Das theoretische Leitbild der Stiftung bedarf, so ist zu folgern, einer Wiederentdeckung. Gerade weil sich Stiftungen unbestritten historisch einordnen, sowohl durch die Bindung an den Stifterwillen als auch durch den Anspruch der «ewigen», modern ausgedrückt nachhaltigen Präsenz, kann der Rückgriff auf historische Vorbilder nicht beim 2 . Jahrhundert stehenbleiben. Der Anspruch, einen besonderen Stiftungstyp allein und ausgerechnet mit der Begründung zu legitimieren, er stelle die der Moderne gemässe Form dar, degradiert nicht nur die zahllosen anderen, sondern sägt gewissermassen den Begründungsast ab, auf dem die Stiftung selbst sitzt. Sie will doch auch in hundert Jahren noch präsent sein und nicht dannzumal als nicht mehr zeitgemäss in Frage gestellt werden. Es bleibt dabei: Drang und Chance, die Zukunft zu gestalten, sind Urgrund des Stiftens; die Freiheit, dies allein tun zu können, bildet den wesentlichen Antrieb; und die Gewähr der fortdauernden Bindung an den Stifterwillen gibt die Befriedigung, die dem Stiftungsakt innewohnt. Ob die Gestaltung gelingt, lässt sich freilich nicht vorherbestimmen. Die Qualität der Idee und ihrer Durchformung bilden dafür wichtige Voraussetzungen, aber keine Garantie. Die zu geben, wäre nicht menschengerecht. Denn was die Zukunft wirklich bringt, bleibt uns, gottlob, verborgen.

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(3) Problematische Aspekte des schweizerischen Stiftungsrechts

In der Schweiz ist die Stiftung als Organisationsform nicht nur für gemeinnützige, sondern auch für wirtschaftliche Zwecke zulässig. Während ein gewisser Spielraum innerhalb des Rahmens der Gemeinnützigkeit sinnvoll ist, macht diese Flexibilität im Spannungsfed zwischen «wirtschaftlich» und «gemeinnützig» auch Missbräuche möglich.

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