Die monetäre
Massenüberwachung ist verschoben
Die Leute seien nicht interessiert an digitalem Zentralbankgeld, sagt ein Nationalbankvertreter an einem Podium zum Thema.
Seit Jahren setzen Zentralbanken rund um den Globus beträchtliche Mittel ein, um etwas zu entwickeln, von dem sie nicht so recht sagen können, was es bringt. Die Rede ist von digitalem Zentralbankgeld oder CBDC. Auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) scheint nicht wirklich überzeugt zu sein, wenigstens was digitales Geld für die breite Bevölkerung, sogenanntes Retail-CBDC, betrifft. An einem von der Kommunikationsagentur MB Kommnet organisierten Podium am Montag in Rüschlikon berichtete Thomas Moser, Mitglied des erweiterten Direktoriums der SNB, von seinen Erfahrungen in China, wo CBDC bereits im Umlauf ist. Kaum jemand bezahle dort mit dem digitalen Zentralbankgeld, und die wenigsten Geschäfte akzeptierten es. «Die Leute sind nicht wirklich interessiert an CBDC.»
Die SNB sei deshalb mehr interessiert an sogenanntem Wholesale-CBDC, das einem beschränkten Kreis von Finanzintermediären offenstehen würde. Auch bei dieser Form des Zentralbankgelds ist der Nutzen allerdings umstritten.
Alexandra Janssen, CEO von Ecofin Portfolio Solutions, pflichtete Moser bei, dass der Use Case für Retail-CBDC bisher fehle. Sie zitierte Vertreter des Fed und der Europäischen Zentralbank, die als Begründung für die Einführung von CBDC die Konkurrenz durch (private) Kryptowährungen und durch China anführten. Aus Sicht der Bevölkerung sei der Nutzen hingegen kaum ersichtlich.
Die beiden Referenten gaben also ein Stück weit Entwarnung, was die Furcht vor einer massenhaften Überwachung oder Enteignung durch CNBC angeht – zumindest für den Moment. Ob das immer noch gelten wird, wenn in der nächsten Krise die chinesische Regierung vorprescht, indem sie beispielsweise andere Zahlungsmittel faktisch verunmöglicht, steht auf einem anderen Blatt. Die Erfahrungen aus der Coronapandemie sind diesbezüglich nicht sehr beruhigend. (lz)